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Syriens C-Waffen Entsorgen

Samstag kamen Amerika und Russland in Genf überein, bis Mitte 2014 Syriens Arsenal an Chemiewaffen vollständig zu beseitigen. Binnen einer Woche muss Damaskus eine Liste aller C-Waffenarten und Forschungsstellen vorlegen. Bis November sollen über 50 Stätten inspiziert sowie Träger- und Produktionsmittel liquidiert sein. Obwohl sich Washington und Moskau die Oberaufsicht bewahren und Syriens Regierung als hauptverantwortlich halten, werden gleichwohl der UN-Sicherheitsrat und alle Parteien Syriens einbezogen.

Samstag kamen Amerika und Russland in Genf überein, bis Mitte 2014 Syriens Arsenal an Chemiewaffen vollständig zu beseitigen. Binnen einer Woche muss Damaskus eine Liste aller C-Waffenarten und Forschungsstellen vorlegen. Bis November sollen über 50 Stätten inspiziert sowie Träger- und Produktionsmittel liquidiert sein. Obwohl sich Washington und Moskau die Oberaufsicht bewahren und Syriens Regierung als hauptverantwortlich halten, werden gleichwohl der UN-Sicherheitsrat und alle Parteien Syriens einbezogen.

Krisen der Umsetzung

Nach dreitägigen Verhandlungen der Außenminister John F. Kerry und Sergei W. Lawrow bleiben Chancen und Risiken. Sie müssen dies im Bürgerkrieg sichern, ihre Koalition von Antagonisten erhalten und ein Beispiel setzen, dass diese Waffen der Massenvernichtung entsorgt und ein Konflikt befriedet werden können. Ob es als Fall für mögliche atomare Waffen Irans gilt, steht dahin. Nun liegt der Teufel im Detail. Krisen der Umsetzung sind gewiss. Den Ansatz bejahte Syriens Nachrichtenagentur Sana als Start. Der Militärchef der Opposition Salim Idris beklagt zu unrecht, das jüngste Verbrechen bleibe unerwähnt. Der Rahmenvertrag erwähnte aber den vorherigen C-Waffeneinsatz und den Bürgerkrieg.

Nirgends ist im vereinbarten Rahmenwerk zur Beseitigung der syrischen C-Waffen (und ihres Programms) von einem möglichen Militärschlag die Rede, falls das Regime diesen Plan der Waffenbeseitigung verfehlt. Es wird die UN-Sicherheitsratsresolution gefordert, die alle Schritte der Realisation und Verifikation unter Obhut des Generalsekretärs stellt. Grundlage sind der C-Waffenverbotsvertrag 1925 und Abschnitt VII der UN-Charta 1945 – Militär- und Wirtschaftszwang gegen Aggressoren. Also wird damit dennoch indirekt, nach dem Artikel 42, ein von den Vereinten Nationen bestätigter Militärschlag angedroht.

Obama

So ein früher Erfolg forderte viele Väter heraus. Präsident Obama hatte sich am Dienstag an seine Mitbürger gewandt. Eigentlich versuchte er, sich eine Rückendeckung durch den Kongress und die Amerikaner für den gesuchten Militärschlag zu holen. Aber diese Seiten zeigten sich unwillig, ihm Mehrheiten zu geben. Wortreich sagte er daher den Schlag ab.

Eventuell könnte er sich legal darüber hinweg setzen. Doch sank sein Ansehen ohnehin auf einen weiteren Tiefpunkt. Die vielen offenen Skandale – vom Botschaftermord in Benghazi, Einsatz der Steuerbehörde gegen Opponenten in vorigen Präsidialwahlen bis zum Bändeln mit den Islamisten in Mittelost - untergraben schon zutiefst seine Amtszeit.

Dann lief alles schnell. Nicht einmal die Online-Redakteure der ehedem mächtigen Blätter kamen mit. So druckte die New York Times noch am Sonntag Nicholas D. Kristofs Text, der im Frage-Antwort-Stil einen Militärschlag zu rechtfertigen sucht. Dies war überholt.

Das führt zu Barack H. Obamas Rede vom Dienstag. Er versuchte in 15 Minuten, seinen unbedachten Raketenkrieg nach dem Giftgaseinsatz moralisch zu begründen. Aber er meinte, stets jedem Angriff widerstanden zu haben: man könne nicht gewaltsam anderer Leute Bürgerkrieg lösen und dabei Bodentruppen einsetzen. Was für ein Widerspruch. So blieb sein Plan fraglich und illegitim. Da half nicht die Rede von Amerikas Besonderheit.

Putin

Sein Gegner Wladimir W. Putin erkannte diese Zwangslage, in die sich Obama brachte. Ausgerechnet dieser Lieferant von Todeswaffen an Syrien spielte sich nun als Retter auf. Die Überschrift in der New York Times, „Obama verzögert den Militärschlag, um dem Plan der Russen zu folgen“, war irreführend. Er hat gar kein Militärmandat und kann nicht anders reagieren, zumal ihm Putin am Freitag in Sankt Petersburg schon angeboten hatte, dass Damaskus C-Waffen und damit den Hauptgrund eines Militärschlags aufgebe. Was auf die Worte John Kerrys am Montag aus dem Kremel folgte, war vorgezeichnet.

Indes holte Putin noch zum Schlag aus, indem er sich am 12. Jahrestag der Terrorangriffe auf Amerika in der New York Times an die Amerikaner wandte. Er feierte sein Vetorecht im UN Sicherheitsrat, durch das sich dieses Gremium oft irrelevant macht. Wer es genau wissen möchte, der betrachte nur das russische und chinesische Abstimmverhalten zum syrischen Bürgerkrieg oder zum iranischen Griff nach Atomwaffen. Diese beide Mächte deckten massiv offenkundige Verfehlungen in Damaskus und Teheran oder belieferten beide Regimes mit Waffen und know-how. Jeden früheren, im Sicherheitsrat gedeckten Eingriff machten sie lange unmöglich - bis die betreffenden Probleme ausgeufert waren.

Nun tischt Putin seine Weisheiten auf und klagt andere Länder im Lichte seines eigenen Blockadekurses an, den Sicherheitsrat zu umgehen. Ihm zufolge gehe es in Syrien nicht um Demokratie, sondern um Konfessionen. Das ist falsch, denn am Anfang drehte es sich wie in anderen Ländern mit Revolten um das Recht der Syrer, ihre Geschicke effektiver, ohne den ererbten Autokraten Bashshar al-Asad regeln zu dürfen. Erst nach einem Jahr rückte der Zwist Schiiten-Sunniten ins Zentrum. Nun klagte Putin Washington an, diesen „internen Zwist durch Waffenzufuhren zu einem der blutigsten in der Welt zu erheben.“ Dabei hielt sich Amerika damit zurück. Dessen Waffen kamen noch nicht wesentlich auf.

Antagonistische Führer

Putin erklärte jeden nicht im UN Sicherheitsrat sanktionierten Krieg zur Aggression. Als ob dieses Gremium aus den Weisen der Welt bestehen würde. Aber im Gegenteil, nicht demokratisch verfasste Staaten können dort durch ihr Vetorecht Anderen diktieren. Klar, dass Putin, dessen Macht eine demokratische Bewegung daheim in Frage stellt, dieser Zeit nachweint. Nun möchte er einen Spieß gegen Amerika umdrehen: Intervention in „innere Konflikte“ wäre ein Gemeinplatz für Amerika geworden. Und was tat das Sowjetreich im Kalten Krieg, um so viele Völker am imperialen Gängelband zu halten? Wer fiel 1979 in Afghanistan ein? Wer schlug zahlreiche Aufbegehren nach dem Zerfall des Sowjetreichs nieder? Ging Amerika aus freien Stücken nach Afghanistan, wo die Taliban Usama Bin Ladin und 9/11-Terroristen deckten, und Irak, wo Saddam Husain als Bedrohung wirkte?

Noch ist Amerika Exkommunisten wie Islamisten im Wege. Putin, der den Angriff mit Saringas den Rebellen anlastet, wandte sich gegen Amerikas Besonderheit. Sein Motto: Moskau besiegte bereits einmal ein Volk, das sich als „auserwählt“ ansah. Auch wenn er Amerika im Verfall sieht, mögen alle froh sein, dass sich die Dinge vom unausgegorenen Militärschlag mit Potenzen zum Dritten Weltkrieg weg wandten. Aber es ist ein Zeitpakt antagonistischer Führer. Hoffentlich agiert die Obama-Administration fortan geschickter.

<emphasize>Wolfgang G. Schwanitz</emphasize>



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