Nach den vielen Sendeminuten und Zeitungsseiten, die der SPD in den letzten Wochen zur Verfügung gestellt wurden, verpuffte der Effekt des Mitgliederentscheids. Keine Aufbruchsstimmung. Die braucht neue Ideen. Es gab nur Forderungen aneinander und irgendwie die Erwartung, die Wähler würden den guten Willen belohnen. In den nächsten Wochen wird jedoch deutlich werden, dass die SPD bereits das Geld ausgegeben hat, mit dem ihr Finanzminister hätte etwas bewegen können. Für die Zurückgewinnung der AfD-Wähler hat sie die falschen Ministerien.
Politik mit und für die Alten
Die SPD-Spitze hat das Mitgliedervotum nicht als Sieg der Verhandlungsdelegation präsentiert, sondern als Ergebnis intensiver Diskussionen. Die Führungsriege ist wohl erleichtert, dass die Partei nicht an der Frage einer Regierungsbeteiligung zerbrochen ist. Sie will der SPD mehr Profil geben und zugleich mehr SPD in der Regierung umsetzen. Aber nach wochenlangem Ringen wirft das Neue, das die SPD gestaltend einbringen will, keinen Schatten voraus. Man erkennt es beim besten Willen nicht. Wenn es neue Ideen zur politischen Gestaltung gäbe, hätte sie doch irgendjemand ins Mikrofon gesprochen. Was schon in den vergangenen Wochen deutlich wurde, bestätigte der Vorsitzende der Jusos vor den Fernsehkameras: er fordert Profil und neuen Elan - aber nicht von den Jusos, sondern von denen, die bisher nur eine rückwärtsgewandte Politik zustande gebracht haben. Aber genau diese haben die SPD in die Programmatik gesteuert, die weder den Wählern noch einem großen Teil der SPD aktuell genug erscheint. Kevin Kühnert will diese Parteiführung weiter unter Druck setzen, dass diese mit neuen Konzepten der SPD ein frisches Profil gibt. Warum gibt es zu der geforderten Erneuerung des Parteiprogramms noch immer nur Absichtserklärungen?
Die SPD stellt den Zahlmeister für ihre Wahlgeschenke
In den Regierungsjahren Merkels gab es immer einen Vizekanzler, aber eher dem Namen nach. Faktisch waren es die Finanzminister Steinbrück und Schäuble. Jetzt wieder der SPD-Mann Scholz. In den Koalitionsverhandlungen haben die von der SPD durchgesetzten Mehrausgaben seinen Handlungsspielraum so stark eingeengt, dass er alle weiteren Anforderungen an den Haushalt abblocken muss. Hätte die alte Garde der SPD andere Ideen, als mehr Geld zu verteilen, dann würde sie mit der Eroberung des Finanzministeriums sich nicht so viele Probleme eingehandelt haben. Denn Scholz weiß, dass es nicht bei der Hochkonjunktur und damit bei den hohen Steuereinnahmen und den geringen Kosten für Arbeitslose bleibt. Er hat nichts mehr in der Reserve, wenn eine Kältewelle die Wirtschaft erfasst und die Steuereinnahmen nicht mehr so reichlich fließen.
Das Profil wird weiter nach links verschoben
Wenn die SPD-Führung die 34% Parteimitglieder mehr einbinden will, die die Regierungsbeteiligung ablehnen, dann wird sie weiter nach links rücken, d.h. weiterer Ausbau der Sozialleistungen, Nachzug von Familienangehörigen und überhaupt einer weiteren Öffnung für Flüchtlinge. So wird doch die Profilschärfung aussehen. Das führt die Partei mit Sicherheit in ein zweifaches Dilemma. Einmal gibt es Parteien, die den linken Rand abgrasen, die Linke wie die Grünen. Warum sollen deren Wähler ihre Stimme der SPD geben? Weiter bräuchte die SPD andere Ministerien, um die verängstigten und enttäuschten Wähler von der AfD zurückzuholen:
Die Themen, um AfD-Wähler zurückzugewinnen, werden von CSU und CDU besetzt
Die SPD hat mit Außen-, Finanz- und Sozialministerium zwar Machtpositionen erlangt. Aber sie wird damit nicht die Wähler gewinnen, die zur AFD abgewandert sind. Flüchtlingsfrage, das abhanden gekommene Sicherheitsgefühl, "Wirtschaftsflüchtlinge" und ihre konsequente Abschiebung liegen beim Innenministerium. Die neuen Entwicklungen im Sozialbereich, die auch die jüngeren Jahrgänge bewegen, liegen eher im Gesundheitsministerium. Das Sozialministerium kann mit neuen Projekten kaum punkten, denn mehr als im Koalitionsvertrag durchgesetzt wurde, ist nicht drin. Es ist nicht zu erkennen, wo die SPD mit ihren Ministerien auf das Lebensgefühl der Jüngeren trifft. Ein Thema, das der jungen Generation wichtig ist, ist die Zurückdrängung der Chemie aus der Landwirtschaft. Die gut informierten Jüngeren und nicht zuletzt die ernährungsbewussten Frauen wollen da Signale hören. Ein weiteres Thema, mit dem die aktive Bevölkerung täglich konfrontiert ist, ressortiert im Verkehrsministerium. Ob der bisherige Verkehrsminister in den Augen der Bahnfahrer wie der Autobahnnutzer viel Renommee für die CSU gewonnen hat, ist fraglich. Zumindest verfügt dieses Ministerium über Investitionsgelder. Wenn es dann dem neuen Wirtschaftsminister gelingt, Programmkompetenz zu entwickeln, dann hat die CDU die Ressorts, mit denen mehr Dynamik erzeugt werden kann als mit einem Finanzminister mit schon verteilten Milliarden und einem Sozialministerium, das sich um die Rentner und Arbeitslosen kümmert. Wer soll da Entscheidendes zur Profilierung der Partei beitragen? Das Außenministerium? Bis ein SPD-Mann oder eine -Frau die Kontakte aufgebaut hat, über die Merkel verfügt, vergeht eine Legislaturperiode. Bis dahin ist der Außenminister nicht mehr als ein Staatssekretär, der höflich empfangen wird. Wenn es um Verhandlungen geht, in denen Deutschland sein Gewicht in die Waagschale werfen will, dann werden sich die Augen der Mächtigen auf Merkel richten. Ihre Stunde kommt, wenn die Trump-Administration sich in ihren Winkelzügen verfangen hat. Und dann gibt es noch Macron. Er wird seine Initiativen sicher nicht mit einem SPD-Minister schmieden.
Der SPD bleibt nur die Chance, die mittleren und jüngeren Jahrgänge zu gewinnen. Aber neuer Elan kommt nur mit neuen Ideen. Die Partei hat aber scheinbar nur die Rentner und die schlecht Ausgebildeten im Blick, nicht den jungen Ingenieur. Die neue Parteichefin war lange genug im Geschäft, um als Geschäftsführerin die Partei zu erneuern. Sie hat aber die Partei mit anderen dahin geführt, wo sie heute steht. Sie wird die Fesseln nicht abstreifen, in die sich die Partei mit ihren ideenlosen Forderungen gegenüber der CDU durchgesetzt hat.
Dass sich im letzen vier Wochen bei der SPD nicht viel getan hat, zeigt der Beitrag vom 12.2. "Schulz - nur ein Symptom" Wo ist er eigentlich?
Ein Kommentar von Eckhard Bieger SJ
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