Ordensfrauen zwischen Glauben, Hoffnung und Gehorsam

<emphasize>Der Film „Die große Reise“ begleitet 25 Schwestern, die gezwungen sind, ihr Kloster zu verlassen. Die Offenheit der Nonnen und der ruhige Kamerastil von Robert Neumüller sorgen dafür, dass die intensive Dokumentation in Erinnerung bleibt.</emphasize>

<emphasize>Der Film „Die große Reise“ begleitet 25 Schwestern, die gezwungen sind, ihr Kloster zu verlassen. Die Offenheit der Nonnen und der ruhige Kamerastil von Robert Neumüller sorgen dafür, dass die intensive Dokumentation in Erinnerung bleibt.</emphasize>

Sie könne das Wort „Loslassen“ schon nicht mehr hören, gibt Sr. Theresia Schwentner im Interview zu. Die Hausoberin des Annunziataklosters Stein der Franziskanerinnen Missionarinnen Mariens im Wienerwald bereitet sich und ihre Mitschwestern auf die Schließung des Klosters vor. Viele von ihnen haben beinahe ihr ganzes Leben dort verbracht. Einst lebten in dem Kloster bis zu 250 Schwestern, die sich auf ihre Missionseinsätze vorbereiteten. Mittlerweile sind es nur noch 25. Die personelle Ausdünnung veranlasste die Ordensleitung vor drei Jahren zu der Entscheidung, das mehr als 100 Jahre alte Gebäude an eine Wiener Immobilienfirma zu verkaufen. Der Journalist und Regisseur Helmut Manninger durfte den Prozess des Abschieds und der Umsiedelung der Schwestern nach Wien und Seitenstetten neun Monate lang begleiten.

Abschied von Salben und Bienenstöcken

Die Protagonistinnen der Dokumentation gehen ganz unterschiedlich mit der Situation des bevorstehenden Abschieds um: Während die einen den Umzug als Willen Gottes hinzunehmen und sich damit zu arrangieren versuchen, gibt sich Sr. Martha geradezu trotzig „Ich hab´ noch nicht eingepackt. Jetzt wart´ ma noch ein bisserl ab.“. Sie weiß, dass der Abschied für sie auch bedeutet, keine Salben und Tropfen aus selbstgezogenen Kräutern mehr zubereiten zu können. Auch Sr. Hermine muss mit 86 Jahren ihre geliebten Bienenstöcke verlassen. Insgesamt sind es acht Schwestern, die im Laufe des Films einfühlsam und berührend porträtiert werden. Dies ist neben der erstaunlichen Offenheit der Nonnen vor allem der Kameraführung von Robert Neumüller zu verdanken: Sein langsamer, stiller Stil fängt die entschleunigte Welt innerhalb der Klostermauern mit der nötigen Distanz sehr authentisch und sensibel ein. Laut Regisseur Manninger wurde dabei „so wenig wie möglich“ in den Tagesablauf der Schwestern eingegriffen und unter anderem auf zusätzliche Beleuchtung komplett verzichtet. Die Dokumentation gewährt so dem Zuschauer einen intimen Einblick in das Leben der Schwestern und den einzelnen Berufungsgeschichten, während sie den teils schwierigen Drahtseilakt zwischen Glauben, Hoffnung und Gehorsam aufzuzeigen versucht.

Beeindruckendes Zeugnis von gelebtem Christsein

Das Vertrauen auf den Willen Gottes lässt dabei einige der Schwestern trotz des nahenden Abschieds und ihres hohen Alters gelassen und oft geradezu verschmitzt wirken. Der heimliche „Star“ des Films, die hochbetagte und bettlägerige Sr. Hedemarie, weist gegen Ende des Films auf die „kleinen Abschiede“ hin, die wohl nicht nur auf das Ordensleben bezogen werden können: „Loslassen“ und „immer wieder von Neuem beginnen“ stellen vielmehr Phasen dar, denen sich jeder Mensch einmal stellen muss. Das Vertrauen darauf, dass alle Menschen letztlich nur auf der Durchreise sind und die wahre, ewige Heimat bei Gott liegt, hilft den Schwestern schließlich, den schwierigen Abschied von ihrem Kloster annehmen zu können. Die ruhige und intensive filmische Begleitung dieses Abschiedsprozesses sowie die erfrischende, herzliche Art der porträtierten Schwestern fügen sich so zu einem beeindruckenden Zeugnis von gelebtem Christsein zusammen.

Philip Struss

Der Film ist als DVD erhältlich


Schlagworte: #film #Rezession #glaube

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