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Nachruf: Nelson Mandela

(explizit.net) Es gibt Menschen, deren pure Präsenz spürbar ist, die eine Art von Auroa versprühen, die Menschenfreundlichkeit in einer Weise verkörpern, die greifbar ist. Nelson Rolihlahla Dalibhunga Mandela war ein solcher Mensch, wie der Autor dieses Nachrufes bezeugen kann, der immer noch nach Jahren beeindruckt ist von dieser Erfahrung.

(explizit.net) Es gibt Menschen, deren pure Präsenz spürbar ist, die eine Art von Auroa versprühen, die Menschenfreundlichkeit in einer Weise verkörpern, die greifbar ist. Nelson Rolihlahla Dalibhunga Mandela war ein solcher Mensch, wie der Autor dieses Nachrufes bezeugen kann, der immer noch nach Jahren beeindruckt ist von dieser Erfahrung.

Vielleicht gibt die Lebensgeschichte Nelson Mandela’s einen Hinweis darauf, wie man zu einem solchen Profil heranwächst, das es nicht nur in Personen nachhallt und sie beeindruckt, die die Ehre hatten, ihm persönlich zu begegnen, sondern auch eine ganze Nation, ja eine ganze Generation und nach seiner Wahl zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas einer Welt auf tiefste Weise zu beeindrucken. Und das, ohne je seine Schwächen oder Fehler zu verstecken – vielleicht war dies eines der Attribute, die ihn zu dem machten, dem wir heute nachtrauern.

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Nelson Rolihlahla Dalibhunga Mandela wurde am 18. Juli 1918 in der Nähe von Umtata in der Transkei im Eastern Cape in die königliche Familie der Thembu hineingeboren. Die Apartheidspolitik mit ihrer brutalen Trennung und Unterdrückung von Nicht-Weissen als Erfahrung in Kindheit und Jugend ließ in ihm den Wunsch aufkommen, Anwalt zu werden. Er begann seine Studien an der Universität von Fort Hare, die ein jähes Ende fanden, als er 1940 zusammen mit seinem Freund Oliver Tambo einen Streik anführte. Mandela zog nach Johannesburg und beendete seine Studien als Korrespondenz – Student der Universität von Südafrika. 1942 wurde er Mitglied des ANC und half 1944, zusammen mit Oliver Tambo, die ANC Jugendorganisation ANCYL aufzubauen. 1947 wurde er der Sekretär der Jugendorganisation und 1949 wurde er zu einem Mitglied des Nationalen Exekutivkomitees des ANC, des höchsten Entscheidungsgremiums der Bewegung gewählt.

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Während 1948 die Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung nach dem nationalen Wahlsieg der National Party in Gesetze gefaßt wurde, machte Mandela weiter seinen Weg durch die Hierarchie des ANC und wurde 1950 zum Präsidenten der Jugendorganisation gewaehlt. 1952 organisierte er die erste „Ungehorsamskampagne“ und wurde folglich verhaftet. Gefängnis, Bann, Verhaftungen wechselten sich in den nächsten Jahren ab. 1956 wegen Hochverrat vor Gericht gestellt und nach vielen Jahren 1961 freigesprochen ging Mandela in den Untergrund (der ANC war 1960 verboten worden) und gründete den militärischen Zweig des ANC Umkhonto we Sizwe (Der Speer der Nation). Er bekam konsequenterweise der erste Oberbefehlshaber dieses Zweiges.

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1962 wurde Mandela verhaftet (der amerikanische CIA hatte den südafrikanischen Behörden den Aufenthaltsort Mandelas verraten) und wegen illegalem Verlassen des Landes und Aufruf zum Streik zu 5 Jahren Haft mit Schwerstarbeit verurteilt; 1964 erfolgte dann eine weitere Verurteilung wegen des Versuches, die nationale Regierung Südafrikas stürzen zu wollen – diesmal lautete das Urteil lebenslang.

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In seinen Schlußworten machte Nelson Mandela deutlich, wofür er steht: „ Ich habe in meinem Leben mich dem Kampf der afrikanischen Menschen verschrieben. Ich habe gegen die weiße Vorherrschaft gekämpft und ich habe gegen die schwarze Vorherrschaft gekämpft. Ich habe immer eine demokratische und freie Gesellschaft hochgehalten wo alle Personen in Harmonie und mit gleichen Möglichkeiten zusammenleben. Dies ist ein Ideal, wofür ich lebe und was ich zu erreichen hoffe. Aber wenn es sein muß, dann bin ich auch bereit, für dieses Ideal zu sterben.“

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Nelson Mandela wurde nach Robben Island gebracht – wo er im Laufe der Zeit wegen seiner unbeugsamen Haltung gegenüber den Represalien der Apartheidsregierung zum Symbol des Widerstandes wurde. „Nur ein freier Mann kann verhandeln. Ein Gefangener kann keinen Vertrag eingehen“ – so sein Credo. 1982 wurde Mandela in das Gefängnis Pollsmoore auf dem Festland in der Nähe von Kapstadt verlegt, im Dezember 1988 in’s Viktor Vester Gefaengnis. Geheime Verhandlungen führten zu seiner Freilassung im Februar 1990 nach 27 Jahren Haft.

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Der ANC wurde wieder erlaubt – auf seinem ersten nationalen Kongreß auf südafrikanischem Boden wurde Mandela zum Präsidenten der Organisation gewaehlt, sein Freund Oliver Tambo zum nationalen Vorsitzenden.

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1993 erhielt Mandela zusammen mit dem südafrikanischen Präsidenten F.W. de Klerk den Friedensnobelpreis. Er akzeptierte den Preis im Namen aller Südafrikaner, die ihr Leben geopfert hatten, um Suüdafrika zu einem freien Land zu machen.

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Im Mai 1994 wurde der 75jährige zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas gewählt – in einer Wahl, in der jeder Erwachsene – egal welcher Rasse – eine Stimme hatte und die friedlich und fair verlief.

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Mit der Ratifizierung der neuen südafrikanischen Verfassung am 10.12.1996, die die Garantie der Menschenrechte und das Verbot der Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht oder sexueller Orientierung beinhaltet, hatte das Lebenswerk von Nelson Mandela einen weiteren Höhepunkt erreicht. 1999 trat er nach 5jähriger Amtszeit als Präsident des Landes zurück.

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Nach einer Zeit diplomatischer Aktivität als „elderly statesman“ gab er 2004 eine letzte größere Pressekonferenz und verkündete seinen endgültigen Rückzug aus dem öffentlichen Leben. „Ruft mich nicht mehr an – ich rufe euch an“, so Mandela.

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Mandela war sich Zeit seines Lebens nicht zu schade für seine Überzeugung einzustehen, sei es in Suedafrika während der Apartheidszeit, sei es danach im politischen Leben der Post-Apartheidszeit. Er sprach sich öffentlich und vehement gegen den Irak Krieg von Goerg W. Busch aus und nannte in diesem Zusammenhang Tony Blair den „Außenminister der USA“.

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Aber auch Mandela war nicht frei von Kritik – seine enge Bindung zu Harry Oppenheimer und „De Beer“ sowie seine positive Rückendeckung für die Diamantenindustrie führte im Zusammenhang mit dem Film „Blood Diamands“ zu einer Kontroverse, inwieweit er die Interessen dieser Industrie in Afrika zu sehr verteidigte.

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Seine weitgehende Ingnoranz für das Thema „HIV/AIDS“ während seiner Präsidentschaft wurde kritisiert und er gab sich im Laufe der Jahre nach dieser viel Mühe, dieses Thema prominent mit seinem Namen und der 46664 Fundraising Kampagne zu einem Hauptthema seines Engagements zu machen.

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Sein letzter großer Auftritt in der Öffentlichkeit war 2012 zum Abschluß der Fussballweltmeisterschaft; seitdem war es um den mit über 250 nationalen und internationalen Auszeichnungen geehrten Friendsnobelpreisträger still geworden.

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Aber die Öffentlichkeit, gerade auch in Südafrika, hatte ihn nicht vergessen. Jeder Krankenhausaufenthalt wurde sofort zu einem Staatsereignis – die jeweilige Aufregung zeigte, wie sehr er Teil auch eines jeden persönlichen Lebens der Südafrikaner geworden war.

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Nelson Mandela wurde schon zu Lebzeiten das lebendige Gewissen Südafrikas – auf ihn schauten Politker, Kirchenleute, aber auch der kleine Mann auf der Straße – seine Ethik, seiner Treue zu sich selbst und seinen Zielen wurde immer wieder zum Masssstab aktueller politischer und persönlicher Tagesereignisse.

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Nelson Mandela, dreimal verheiratet und Vater von 6 Kindern, starb in der Nacht zum 06.12.2013 im Kreis seiner Familie.

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Was bleibt ist nicht nur die Erinnerung an einen Großen der Weltgeschichte, es bleibt nicht nur der von der UN ausgerufene Nelson Mandela Tag am 18. Juni eines jeden Jahres – es bleibt für die, die zurückbleiben, ein Massstab fuer Menschlichkeit in all seinen Schattierungen, das Südafrika, aber auch diese Welt und seinen Realitäten braucht.

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Für Südafrika selber bleibt ein Anspruch zurück, den Auszufüllen große Anstrengung bedarf - Nelson Rolihlahla Dalibhunga Mandela, der „troublemaker“ (Rolihlalhla bedeutet „to pull a branch of a tree“ oder Störenfried) wird noch lange in den Herzen der Südafrikaner lebendig sein – als Erinnerung und Versprechen, das es möglich ist für einen kleinen Jungen aus dem ländlichen Eastern Cape, diese Welt zu verändern. Und Gegenden dieser Art gibt es viele auf dieser Welt.

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<emphasize>Stefan Hippler</emphasize>

Stefan Hippler war lange Pfarrer der deutschen Gemeinde in Kapstadt und leitet gegenwärtig die Stiftung "Hope", die Aidskranke in Kapstadt betreut.


Schlagworte: #Nelson #Mandela #Nachruf

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