(explizit.net) Hollywood erklärt das Böse und Angela Merkel hat Recht

Jede Nation hat ihre eigene Vorstellung von Bedrohung. Diese Vorstellung und weniger die Bedrohung selbst bauen das Abwehrsystem auf. Deutschland erklärt sich die Bedrohung anders als die Amerikaner. Erstaunlich ist nur, wie die deutschen Journalisten und Intellektuellen reagieren. Obwohl die US-Geheimdienste uns schon seit Jahren überwachen, scheint das für deutsche Journalisten und alle, die sich mal wieder entrüsten wollen, eine Neuigkeit. Denn seit der Aushebung der Sauerlandgruppe im Jahr 2007 kann jeder wissen, dass die NSA das BKA mit relevanten Informationen versorgt. Aber ein Amerikaner, Edward Snowden, musste die Deutschen auf die seit Jahrzehnten praktizierte Überwachung aufmerksam machen. Der Rückstand gegenüber den USA besteht also nicht nur darin, dass die USA an alle Daten kommen, sie haben auch Bürger, die etwas tun und sich nicht nur pflichtgemäß aufregen. Genauso hat Angela Merkel in einem doppelten Sinne Recht: Deutschland ist kein Überwachungsstaat. Er muss es nicht sein und er ist es zuletzt deshalb nicht, weil keine deutsche Regierung davon überzeugt ist, das Böse technisch in den Griff zu bekommen.

Deutschland ist kein Überwachungsstaat, weil die Amerikaner das machen

Das BKA und der Bundesnachrichtendienst arbeiten allein schon deshalb mit den USA zusammen, weil sie an die Daten von Google, Facebook u.a. nicht herankommen. Da die Amerikaner sowieso den Überblick haben, spart Deutschland viel Geld. Das hat nur den Nachteil, dass das know how für die Programmierung von Prism u.ä. Software den Deutschen fehlt und damit auch die Fähigkeit, deutsche Unternehmen vor Ausspähung zu schützen. Es stimmt also, dass Deutschland seine Bürger nicht überwacht. Das ist "outgesourced". Es gibt aber einen tieferliegenden Grund, warum Deutschland das nicht versucht. Es erwartet die Bedrohung nicht von außen.

Das Böse entsteht im Inneren

Für die Amerikaner kam die Bedrohung von außen. Fremde kaperten gute amerikanische Flugzeuge, um die Zentralen von Politik und Wirtschaft anzugreifen. Das entsprach genau den amerikanischen Katastrophenfilmen. Ein Hai taucht aus den Tiefen des Ozeans auf, um Menschen zu vernichten, Außerirdische bedrohen das Land. Viele Filme hatten dieses Muster in die Köpfe der Amerikaner gebrannt: Das Land wird von außen bedroht. Die Filme zeigen dann den aufrechten Helden, der mutig dem Eindringling entgegentritt. Diese Rolle hat sich George Bush genommen, die Amerikaner haben sie nicht demjenigen gegeben, der die Terroristen daran hinderte, die vierte Maschine auf das Weiße Haus niedergehen zu lassen.

Die Eindringliche technisch besiegen

Eine Folgerung haben die Amerikaner umgesetzt: Wenn man die Gefahren früh genug erkennt, ob durch Raketenabwehrsysteme oder die Analyse des weltweiten Email-Verkehrs, man kann ihrer Herr werden. Hilfreich sind die Fähigkeiten der Mathematiker, die schon seit dem Zweiten Weltkrieg wissen, dass man die Verbindungsdaten kennen muss, um Gefahren einzugrenzen. Der Engländer Alan Turing hatte, noch ohne die heutigen Computer, den deutschen Geheimcode

<p>, mit dem die Funksprüche verschlüsselt wurden, „geknackt“. Die Abwehr lässt sich durch Mathematik perfektionieren.</p> <p>Diese Zuversicht haben die Deutschen nicht. Der deutsche Krimi erzählt eine andere Geschichte vom Ursprung des Bösen, ob Derrick oder Tatort und bereits die Ufa-Filme der Vorkriegszeit lassen das Böse im Inneren aufsteigen. Der Verbrecher ist kein Fremder, sondern einer von uns lässt sich von seinen Neigungen beherrschen, geht ein Verhältnis ein und muss dann seine Frau umbringen, ein anderer macht Unterschlagungen und muss den töten, der ihn durch Zufall ertappt. Und ist nicht der große Verführer zum Bösen, Hitler sogar gewählt worden. Auch das DDR-System brauchte die Russen nicht, um seine STASI zu perfektionieren. Das wurde sofort deutlich, wenn man das kommunistische Deutschland mit dem kommunistischen Polen vergleichen konnte. Dort und in den meisten anderen kommunistischen Ländern war Kommunismus nicht Überwachungsstaat, sondern Korruption. Weil sie das Böse nicht für technisch besiegter halten kann, kann Angela Merkel nicht auf die Idee einer Totalüberwachung kommen.</p> <h2>Trotzdem: Deutschland wird total überwacht </h2> <p>So lange die Deutschen ihre Daten bei amerikanischen Firmen speichern, werden sie überwacht. Schließlich wurden ja der 11. September in Deutschland geplant. Über das Ausmaß der Überwachung hat Edward Snowden die Deutschen aufgeklärt. Daran wird sich nichts ändern und daran kann eine deutsche Regierung auch nichts ändern. Denn die Monopolisten Google, Facebook, Apple werden schon deshalb mit Regierung und Kongress zusammenarbeiten, um einem Anti-Trust-Verfahren zu entgehen. So lange die Geheimdienste Zugang zu deren Servern erhalten, wird es keine Mehrheit gegen die Datensammler geben. Google und die anderen sind damit zu Staatsbetrieben geworden. Nur wenn Ausländer genügend Aktien kaufen, um Einfluss auf die Firmenpolitik zu gewinnen, können sie etwas ändern. Aber was für ein Gezeter würde in Deutschland entfacht, wenn die Regierung ein Aktienpaket von Google gegen eine entsprechende Zahl von Bahnaktien tauschen würde. Das müsste sie machen oder 20 Jahre lang müssten deutsche Krimis den Amerikaner in der Hauptsendezeit präsentiert werden.</p> <p>Die Bundeskanzlerin ist mit ihrer Einschätzung des Menschen dem christlichen Menschenbild sehr viel näher als Barak Obama, auch wenn dieser frömmer sein mag.</p> <p>Eckhard Bieger S.J</p>