Der Konflikt besteht schon länger. Anlass für die Zuspitzung Anfang Dezember war ein Ermittlungsverfahren im staatlichen Migrationsdienst. Es geht um die Rolle des NABU im System der ukrainischen Staatsgewalt. Daher ist es zunächst notwendig, sich mit dem Status dieses Antikorruptionsorgans vertraut zu machen.
Neue Antikorruptionsinstitution im alten System
Entsprechend dem Gesetz „Über das nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine“ ist das NABU eine Strafverfolgungsbehörde, die sich mit den Korruptionsdelikten, ihrer Verhinderung und Ermittlung befasst. Die Entstehung des NABU im ukrainischen Rechtsfeld war eine der Etappen auf dem Weg zu einer effektiven Korruptionsbekämpfung. Die Ermittlung von Korruptionsverfahren gehörte seitdem zum Zuständigkeitsbereich dieser Einrichtung. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte keine Befugnisse mehr, bei Korruptionsdelikten tätig zu werden.
Die prozessuale Führung des NABU erfolgt durch die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP), deren Leiter der stellvertretende Generalstaatsanwalt ist. Die Staatsanwälte der spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft kontrollieren die Tätigkeit der NABU-Detektive bei Ermittlungen wie bei der Anklageerhebung.
Zur Einschätzung der Behörde gehört die starke finanzielle sowie politische Unterstützung seitens der westlichen Partner. Die Generalstaatsanwaltschaft steht dagegen im Ruf, „Organ des alten Systems“ zu sein, mit all seinen Vor- und Nachteilen. Das Auftreten solch einer Institution wie des NABU mit soliden Befugnissen und ausländischer Unterstützung musste zu einer Konfrontation führen.
NABU-Ermittlung mit Methoden des FBI
Das NABU begann, in einigen spektakuläre Kriminalfälle zu ermitteln, deren Akteure Abgeordneten sowie Top-Beamte waren. Diese Tätigkeit des Antikorruptionsgremiums hat „das alte System“ berührt, was zu einem Konflikt führte, der sich Anfang Dezember zuspitzte. Die Vorgeschichte war folgend: NABU ermittelte, um einen Korruptionsfall im staatlichen Migrationsdienst aufzudecken. Es wird gesagt, dass die stellv. Vorsitzende dieser Behörde bereit gewesen sein soll, gegen Bestechungsgeld einem iranischen Bürger einen Pass auszustellen. Zum einem bestimmten Zeitpunkt dieser Aktion hat diese sich an die Generalstaatsanwaltschaft gewandt und diese über den Bestechungsversuch informiert. Die Generalstaatsanwaltschaft verhaftete einen nicht festangestellten Mitarbeiter des NABU, der versucht haben soll, einen Mitarbeiter im Staatsmigrationsdienst zu bestechen. Diese Geschichte führte zu einer Konfrontation zwischen dem Nationalen Antikorruptionsbüro und der Generalstaatsanwaltschaft. Das Ganze zu bewerten, ist sehr schwierig, da die dafür notwendigen detaillierten Informationen fehlen, so dass ein Gericht eine Bewertung durchführen muss.
Der Kampf gegeneinander
Das Vorgehen der NABU kann als Provokation zu einer Bestechung gesehen werden. Diese ist durch die Gesetzgebung der Ukraine verboten und in der Tat ein Kriminalverbrechen. Die NABU-Agenten wurden allerdings nach den Richtlinien des FBI in den USA ausgebildet, wo ein solches Vorgehen zulässig ist. Vermutlich versuchten die ukrainischen Korruptionsbekämpfer, die amerikanische Praxis in der Ukraine einführen. Das sind aber nur Vermutungen, den realen Sachstand muss ein Gericht feststellen.
Die weitere Frage ist das Handeln der Mitarbeiter der Generalstaatsanwaltschaft. Zum Zeitpunkt der Festnahme des NABU-Mitarbeiters konnte die Generalstaatsanwaltschaft nichts von der ganzen Aktion wissen. Da das Korruptionsverfahren zum Zuständigkeitsbereich des NABU gehört, musste die Generalstaatsanwaltschaft ihre Schritte zumindest mit den NABU-Verantwortlichen koordinieren. Erst dann hätte sie die Informationen über die Aktion bekommen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat das nicht getan und höchstwahrscheinlich absichtlich. Daher konnte der Eindruck entstehen, dass das NABU daran gehindert wird, einen Korruptionsfall im Staatsmigrationsdienst aufzudecken..
Die Konfrontation geht weiter
Die Auseinandersetzungen waren damit aber nicht beendet. Die Abgeordneten der Präsidentenfraktion „Block Petro Poroschenko“ und der Partei „Volksfront“ haben einen Gesetzentwurf eingebracht, der dem Parlament die Vollmacht gibt, den Vorsitzenden des NABU und anderer Antikorruptionsbehörde ohne Aussprache abzusetzen. Auf Druck sich anbahnender Proteste und westlicher Länder haben die Abgeordneten diesen Gesetzentwurf zurückgezogen. Allerdings gelang es, den Vorsitzenden des Ausschusses zur Prävention und Bekämpfung der Korruption, Egor Sobolew, Abgeordneter der Selbsthilfe-Partei, abzusetzen. Die Autoren des Gesetzentwurfes haben ihre Entscheidung mit der ineffektiven Arbeit des Vorsitzenden begründet. Dieser Ausschuss prüft die Vorschläge für die Audit-Kandidaten des NABU. Diese Vorgänge führen zu mehr Fragen als Antworten. Die Folgen dieses Konflikts sind schwer abzuschätzen. Mit Sicherheit handelt es sich um einen Konflikt im Machtgefüge der Ukraine, nämlich zwischen einzelnen Strafverfolgungsbehörden und der Staatsanwaltschaft, der dem ukrainischen Staat mehr Schaden als Nutzen bringt.
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