Jesus - Annakriche Augsburg F: explizit, E.B.

Leben aus dem Tod geboren

Jeder kennt die Sternsinger. Sie versinnbildlichen die Weisen aus dem Morgenland, die nach Betlehem gekommen sind, um anzubeten. Dass die anderen Völker auch nach Jerusalem pilgern, war die Verheißung Israels. Nun kommen die Griechen. Sie stehen für die Völker, die am Ende der Zeiten nach Jerusalem kommen, um den einen Gott anzubeten. Sie erfahren Erstaunliches, nämlich dass durch den Tod hindurch wahres Leben wird.

An dieser Stelle des Evangeliums passiert das, was bei Matthäus am Anfang steht. Es kommen zwei Sachen zusammen: Nun wird geeint was getrennt war. Abraham hatte zwei Söhne Isaak und Ismael. Einer steht für das Volk Israel, einer steht für die Völker. Am Anfang der Bibel teilt sich die Geschichte in zwei verschiedene Gruppen. Volk Gottes und die anderen. Doch bereits Abraham erhält die Verheißung, dass die ganze Erde mit Kindern Gottes übersät werden soll. Die Propheten des Alten Testamentes haben das sehr gut erkannt. Israel, das Volk Gottes, ist dazu erwählt, ein Licht für die Völker zu sein. Israel soll für Ismael ein Licht sein. Beide Söhne Abrahams sollen Kinder Gottes werden. Der Prophet Jesaja und der Psalter reden von der Verheißung der Endzeit: Am Ende aller Tage werden alle Völker nach Jerusalem ziehen, um die Weisung des Herrn zu lernen und ihn anzubeten. Alle sollen dort Kinder Gottes werden. Das erfüllt sich nun.
Die Verbindung zu Matthäus sagt uns aber auch: Krippe und Kreuz gehören zusammen. Die Krippe ergibt nur Sinn mit dem Kreuz und das Kreuz ergibt nur Sinn mit der Krippe. Jesus sagt uns hier: «Das Weizenkorn muss sterben, sonst bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.» Ein totes Weizenkorn – das nennt man auch Stroh. Dieses tote Weizenkorn liegt in der Krippe. Jesus ist das Stroh, was Ochs und Esel nährt. Das Kreuz bedeutet: Werdet Stroh!

Griechen unter den Jüngern Jesu leiten die Griechen zu Jesus

Aber es gibt nicht nur zu Matthäus eine Verbindung: Die Griechen kommen. Sie kommen zu Philippus. Das ist ein Jünger mit griechischem Namen. Er führt sie zu Andreas. Wieder ein griechischer Name. Sie kommen zu diesen beiden. Das verweist uns auf den Anfang des Johannesevangeliums: Denn Andreas war der erste, der Jesus gefunden hat, Philippus der nächste Jünger nach Petrus. Die Griechen suchen Jesus und finden ihn durch diese beiden. Am Anfang fragte Andreas Jesus: «Wo wohnst du?» Dieser antwortete: «Kommt und seht!» Jetzt kann Philippus den Weg weisen. Die Völker kommen, um Jesus zu sehen. Hier schließt sich der Bogen, der am Anfang aufgespannt wurde.

Das Leben steht nicht an erster Stelle

Dann sagt Jesus noch dieses mysteriöse Wort: «Wer sein Leben liebt, der wird es verlieren, und wer sein Leben in dieser Welt hasst, der bewahrt es für das ewige Leben.» - Wie sehr haben die Menschen darum gerätselt! Es gab viele, die meinten, dass man seinen Leib gering achten sollte. Leibfeindlichkeit – das hat man den frühen Christen gerne unterstellt. Diese Stelle scheint ein Beleg dafür zu sein. Auch heute noch begegnet es einem: Die Christen, insbesondere die Katholiken, wollen es immer schwer haben. Sie nehmen ihren Leib «in Zucht» und wollen so viel Leid um sich haben. Sie machen Übungen, Fasten zum Beispiel, so sehr, dass man glauben könnte, es bliebe keine Zeit mehr für die freudigen Dinge des Lebens. Selbstkasteiung eben.
Doch so stimmt die Geschichte nicht. Jesus hat nichts gegen diese Freuden und auch nicht die Christenheit. Die Hochzeit zu Kana gehört auch dazu. Jesus kannte diese Freuden nur zu gut. Diese Stelle redet in Wahrheit von dem gleichen Thema. An der Hochzeit zu Kana wurde Wasser zu Wein gewandelt. Das Unedle wurde zur edlen Freude. Nun verrät er seinen «Trick»: Damit aus Wein Wasser wird, muss man sich hingeben. Denn das wahre Wasser des Lebens, der wahre Wein, ist Christus selbst: das Stroh in der Krippe. Er ist das Brot des Lebens. Das  ist die größte Freude, die man haben kann. Für andere Nahrung zu werden, für andere Brot zu werden.

Muttersein zeigt, worum es auch für Männer geht

Eine der größten Freuden, die ein Mensch erleben kann, ist den Männer verwehrt: Sein Kind an der Mutterbrust zu stillen. Eine Mama nährt ihr Neugeborenes mit ihrem eigenen Leben. Das lateinische Wort «Mama» heißt wörtlich «Brust». Und das sagt uns Jesus mit diesem mysteriösen Wort: Wer sich nicht hingibt, der wird nicht zur Mutter, die ihre Kinder stillt. Wer sein Leben bewahren will, der verweigert die Brust.
Das Wort ist hart. Jesus stellt uns vor diese zwei Wege. Nur es gibt keine anderen. Entweder ihr schätzt euer Leben gering, um eurer Kinder willen, um Nahrung für andere zu sein, oder ihr bleibt unfruchtbar; ihr seid ungeeignet für die große Hochzeit, die in Kana begonnen hat und am himmlischen Hochzeitsmahl endet.
Das ist der «Ernstfall» des Glaubens. Jesus ist in diese Welt gekommen, um Nahrung für die Welt zu sein. Er spricht hier ganz deutlich davon: «Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen.» Entweder er geht nun diesen Weg, um Brot und Wein für alle zu werden, oder er verfehlt seine Mission.
Wer ihm also nachfolgen will, der muss in die gleiche Mission eintreten. Er muss wie das Weizenkorn sich selbst sterben, um Nahrung für andere zu werden. Oft ist Christentum wie diese Kochshows mit Tim Mälzer: Irgendjemand steht vorne, zieht sein Show ab. Alle gucken zu, aber niemand kocht nach. Das Christentum ist nicht Kochshow, sondern Rezept, d.h. Weg. Das ist der Kreuzweg. Das Kreuz ist kein Weg für besonders fromme Menschen, sondern für alle. Es ist nicht optional, sondern notwendig. Wir sind aufgetragen «nachzukochen». Man könnte auch sagen: Werdet Chefköche!
Der Christ ist wie das Weizenkorn dieser Welt gestorben. Er ist, sagt Paulus, auf den Tod Jesu getauft. Er ist Nahrung geworden. Er lebt nicht mehr für sich selbst, sondern für Gott und damit für alle. Weil Gott Nahrung für alle geworden ist. Er ist zur Mutter geworden, die die Kinder stillt.

Wie oft rennen wir vor dem Kreuz weg? Wie oft sagen wir: Vater, rette mich aus dieser Stunde! Wie oft versagen wir in unseren Vorsätzen? Wie oft entziehen wir unsere Brust? – Gott sagt uns darauf: «Ich habe ihn verherrlicht und ich werde ihn wieder verherrlichen.» Christus sagt: «Diese Stimme ist nicht um meinetwillen, sondern um euretwillen gekommen.» Oft will in uns etwas nicht sterben. Wir halten es mit aller Macht fest und die Kraft, die im Weizenkorn liegt, verbleibt in der Scheune und kommt nicht zur Aussaat. Doch uns gilt die Verheißung, dass unsere Stunde kommt und dass wir in ihr verherrlicht werden. Wir werden den Kreuzweg schaffen und zum Weizenkorn für diese Welt werden.

 

Das Evangelium von den Griechen, denen Jesus rätselhafte Antworten gibt



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