Syonode mit Maria, Köln, Maria im Kapitol, F. explizit E.B.

Kommentar: Synodaler Prozess vs. Synodaler Weg?

Nach der Eröffnung durch Papst Franziskus hat der weltweite „Synodale Prozess“ in den Bistümern begonnen. Seit Dezember 2019 befindet sich die deutsche Kirche auf einem Synodalen Weg. Bringt die Initiative des Papstes neuen Wind für den „Synodalen Weg“ in Deutschland oder wird er ausgebremst? Ein Kommentar.

Am 9. Oktober hat Papst Franziskus in Rom den weltweiten „Synodalen Prozess“ eröffnet. Am Wochenende darauf wurde dieser Prozess nun in den einzelnen Bistümern durch Auftaktveranstaltungen begonnen. Diese Phase auf Ebene der Ortskirchen soll ein halbes Jahr dauern. Ab 2022 folgt dann eine Phase auf Ebene der verschiedenen Kontinente, bevor der Prozess im Oktober 2023 in die Bischofssynode in Rom mündet.

Gerade in Deutschland wird die Entwicklung dieses vom Papst ausdrücklich gewünschten Vorhabens spannend zu verfolgen sein. Interessierte Beobachter:innen dürften schon allein beim Namen „Synodaler Prozess“ hellhörig werden, denn hier hat man auf einem „Synodalen Weg“ bereits Erfahrungen gemacht. Auf diesem Weg sind 230 Männer und Frauen zusammen mit Bischöfen unterwegs.

Der Weg ist schwierig: es hakt im Getriebe

Der „Synodale Weg“ soll noch bis 2023 begangen werden und wenige Monate vor der Eröffnung der Bischofssynode in Rom enden. Doch das Vorhaben, dass straff durchorganisiert wirkt, hat zuletzt mit Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam gemacht. Geplant auch als ein Aufarbeitungsprozess für sexuellen Missbrauch an Schutzbefohlenen in der Kirche, um verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen, sind beim letzten Treffen Anfang Oktober die Emotionen hochgekocht. Betroffenenvertreter:innen von Missbrauchsopfern fühlten sich durch getroffene Äußerungen verletzt, eine Synodale berichtete von ihr widerfahrenem Machtmissbrauch ausgerechnet im Rahmen des „Synodalen Weges“ selber und schließlich musste das Treffen sogar vorzeitig beendet werden, weil so viele Teilnehmer:innen vorher abgereist waren, dass keine Beschlussfähigkeit mehr vorhanden war.

Über was kann der Synodale Weg beschließen:

Die Frage nach der Beschlussfähigkeit wirft ohnehin grundsätzliche Fragen auf. Einige zweifeln, nicht unbegründet, an, welche Entscheidungen in Deutschland überhaupt getroffen werden können. Kritiker:innen bemängeln daher, dass die katholische Kirche in Deutschland sich von Rom abspalten werde oder gar wolle. Die Beschlüsse des „Synodalen Weges“ sind für die Weltkirche schließlich nicht bindend. „Besser so“ denken sich eben jene kritischen Augen angesichts der Berichte über die auf dem Synodalem Weg geplante Grundsatzfrage, ob es das Priesteramt überhaupt notwendig brauche. Sie beanstanden, ob solch eine theologische Basisfrage nicht längst vor Zusammenkommen des Forums hätte geklärt sein müssen. Und tatsächlich scheint diese Frage doch geeigneter für theologische Seminare, Glaubens- oder Erwachsenenbildungskurse. Der Vorsitzende der Bishcofskonferenz, Georg Bätzing, interveniert: es handle sich um eine Fehldeutung! Der „Synodale Weg“ wolle das Priesteramt definitiv nicht abschaffen, sondern vielmehr erneuern und bestärken.

Rolle der Frauen

Auch die auf dem „Synodalen Weg“ behandelte Frage nach der Rolle von Frauen in der Kirche sorgt für ordentlich Zündstoff. Während Reformer:innen doch mindestens darauf hoffen, das Ergebnis könnte sein, dass die Deutschen Bischöfe, nicht zuletzt auch aufgrund des Priestermangels, in Rom die Bitte vorbringen, Frauen als Priesterinnen zuzulassen, zeigt sich die Gegenseite mehr als reserviert. Beteiligung von Frauen an Macht in der Kirche könne auch jenseits des Weiheamtes geschehen, zum Beispiel durch Leitungspositionen in der Verwaltung der Bistümer und geschieht bereits im großen Feld der Caritas. Sicher wird man zugestehen müssen, dass eine Zulassung von Frauen zur Weihe nicht von Deutschland aus entschieden werden kann. Lediglich der dringliche Wunsch oder Bedarf könnte in Rom geäußert werden. Doch wie sieht es mit dem Argument aus, Machtteilhabe gebe es auch auf dem Verwaltungsweg? Augenscheinlich sind hier die Grenzen dessen, was das Kirchenrecht ermöglicht, in vielen Diözesen noch längst nicht erreicht. Und eben jene Bischöfe, die auf dem „Synodalen Weg“ mitgehen und sich ziemlich einhellig für Frauen in höheren Verwaltungsaufgaben in der Kirche aussprechen, sind es letztlich selbst, die als Hirten ihrer Ortskirche für solch die Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von höheren Positionen. Das Sekretariat der Bischofskonferenz wird seit einigen Monaten von einer Frau geleitet.

Wege müssen gegangen werden, sonst verwildern sie

Egal ob „Synodaler Weg“ oder „Synodaler Prozess“: beide Vorgänge sind initiiert worden, weil es die Notwendigkeit zu Weiterentwicklung gibt. Das Bild eines Weges passt da natürlich gut und fügt sich in den größeren Rahmen der Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils ein: Die Kirche als das pilgernde Gottesvolk, das durch die Weltgeschichte hindurch unterwegs ist.
Beide Prozesse leben vom Dialog und können ohne Gespräche der Beteiligten nicht gelingen. Auf das Bild des Weges übertragen heißt das: der Weg muss genutzt und regelmäßig gegangen werden. Sonst wächst er zu, ist bald nicht mehr zu erkennen und schließlich nicht mehr nutzbar. Das Ziel rückt damit nicht nur aus dem Blick, sondern kann auch gar nicht mehr erreicht werden.

Nehmen die Mitglieder die Katholiken mit auf den Synodalen Weg?

Die Frage ist also: gehen Katholik:innen auch wirklich den „Synodalen Weg“ oder droht auch dieser eher zum Trampelpfad zu werden? In vielen Gemeinden sind der Informationsstatus und das Interesse eher marginal. Die Menschen bekommen zum Teil wenig bis gar nichts mit. Nur diejenigen Medien, die das Interesse für die Kirche immer noch nicht ganz verloren haben, liefern punktuell Informationen. Doch wenn die Menschen „an der Basis“ nichts mitbekommen, sich vielleicht auch nicht interessieren, wie relevant sind dann die Themen des „Synodalen Weges“? Oftmals wird in vielen Gemeinden, aber auch ganzen Diözesen der Blick hauptsächlich auf die lokale Entwicklung vor Ort gelegt. Pfarreifusionen und Vermögenszusammenlegung sind dann interessanter als eine Text über das „Leben in gelingenden Beziehungen“.

Andererseits: der Ist-Zustand, dass in vielen Gemeinden eher auf die Entwicklung vor Ort als auf grundsätzliche theologische Fragestellungen geschaut wird, ist noch nicht automatisch ein k.o.-Kriterium für einen groß angelegten synodalen Austausch – weder national, noch weltkirchlich. Ganz im Gegenteil: gerade weil die Kirche ja „katholisch“, also „allumfassend“, ist, reicht der Blick auf eine einzelne Pfarrei oder ein einzelnes Bistum nicht aus. Es braucht den größeren Rahmen, auch über nationale Grenzen hinaus.

Damit wird wiederum die grundsätzliche Frage aufgeworfen, welche Änderungen von Deutschland aus überhaupt zu erwarten sind. Spannend ist hier nochmal der Blick auf den weltweiten „Synodalen Prozess“, denn hier stehen die Themen, anders als beim „Synodalen Weg“ noch nicht fest.

Alle Wege führen nach Rom…

Das im Rahmen des „Synodalen Prozesses“ auch Themen auf den Tisch kommen werden, die den „Synodalen Weg“ in Deutschland oder die Kirche generell in Westeuropa umtreiben, ist nicht ausgeschlossen. Andererseits ist gerade Papst Franziskus dafür bekannt, einen in früheren Zeiten starken Eurozentrismus nahezu ins Gegenteil zu verkehren. Letzten Endes können Grundsatzfragen auch nicht in Deutschland, sondern nur gesamtkirchlich entschieden werden. Der Augsburger Bischof Bertram Meier warnte daher kürzlich in einer Predigt „Liebäugeln wir nicht mit nationalen Sonderwegen! Am deutschen Wesen wird die Weltkirche sicher nicht genesen.“ Ein für manche Ohren vielleicht hartes Urteil. Und doch steckt die Wahrheit darin, dass ein echter „Synodaler Weg“ (syn-odos griechisch = gemeinsamer Weg) eben nur dann wirklich „synodal“ ist, wenn es ein Weg der gesamten Kirche ist.
Andererseits darf auch nicht verkannt werden, dass es vor jedem gemeinsamen Beraten eben schon Aufbrüche und Impulse gibt, die an den verschiedenen Orten aufflammen. Diese zusammenzutragen, muss Aufgabe eines „Synodalen Prozesses“ sein, der alle Regionen gleichermaßen zu Wort kommen lässt, um ihre Probleme, Fragestellungen und individuellen Situationen darzustellen.

Synodaler Prozess: Bremse oder Gaspedal für den Synodalen Weg?

Vom Vorhaben des Papstes, einen weltweiten „Synodalen Prozess“ zu starten, können sich Reformer:innen und Bewahrer:innen in Deutschland gleichermaßen bestärkt fühlen. Erstere können denken, dass ihre Anliegen nun wirklich gehört und ihre Forderung nach einem Dialog nun auf weltkirchliche Ebene gerückt wird. Letztere können sich mehr oder weniger schadenfroh ins Fäustchen lachen, dass aus Rom dem deutschen Tun jetzt endlich ein Riegel vorgeschoben wird. Wie man es auch dreht und wendet: was der „Synodale Prozess“ bringen wird und was die weitere Dynamik für Auswirkungen auf den „Synodalen Weg“ haben wird, muss sich erst herausstellen. Es wird sich zeigen müssen, wessen Erwartungen und Hoffnungen in welchem Umfang erfüllt werden können. Und wenn die Weltkirche auch nicht am deutschen Wesen genesen wird, so ist es doch nicht ausgeschlossen, dass auch durch den „Synodalen Weg“ Themen und Schwerpunkte für den „Synodalen Prozess“ gesetzt werden können, die nicht nur Deutschland, sondern viele andere Regionen in ähnlicher Weise betreffen.


Kategorie: Kirche

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