(explizit.net) Den Theologen und Theologinnen fehlt es an Kommunikationspraxis
Das Fach Theologie führt unter den Studiengängen unserer Zeit ein Schattendasein. Im Trend liegen andere Fächer. Die wissenschaftliche Landschaft Deutschlands konzentriert sich auf die Optimierung von Abläufen, ob betriebswirtschaftlich oder durch Einsatz des Computers. Die Veränderung des Menschenbilds, das mit diesen Optimierungs-Studiengänge einhergeht, ist vorprogrammiert. Wer nimmt diese Veränderung heute wahr und wer bringt sie zu Wort?
Theologie außer Trend
Betriebswirtschaft, Informatik und ähnliche Fächer werden belegt, da sie Erfolg versprechen. Beruflicher Erfolg ist mit Geld, Stellung, Kontrolle und Einfluss verbunden. Weniger zur Sprache kommt Erfolg in Verbindung mit dem Gelingen menschlichen Lebens und der Beachtung bestimmter Grundsätze zum Wohle der anderen. Wie sonst ist echtes Zusammenleben möglich? Zu diesen Fragen müssen sich jene wissenschaftlichen Disziplinen zu Wort melden, die den Menschen und den Wert seines Lebens im Blick haben. Die Theologie könnte dabei eine wesentliche Rolle spielen, hat sie doch das Gelingen des Lebens, nicht nur den beruflichen Erfolg im Blick. Seitens der Theologen ist jedoch kaum Einfluss auf die Gesellschaft vorhanden, obwohl die philosophisch-theologische Reflexion eine für die Gesellschaft unabdingbare Wichtigkeit darstellt.
Theoretische und praktische Kompetenz
Um Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen und diese mit den Ideen der Theologie zu prägen, muss der zukünftige Theologe seine Ideen und Gedanken auf die jeweilige Gesellschaftsstruktur zu übertragen wissen. Es braucht Theologen aus der Praxis. Für die Vermittlung in die Praxis stellt die Kommunikation das entscheidende Werkzeug dar. Die Rhetorik verweist auf Struktur in Gedanken, Überzeugungskraft in der Rede und legt dem Redner nahe, Beziehung zum Publikum aufzubauen. Die theoretische Denkkompetenz lernen Theologiestudenten im Innenraum des Studiums. Die praktische Sprachkompetenz muss draußen angeeignet werden, in der Gesellschaft. Dabei stehen nicht gleich Reden vor großem Publikum an erster Stelle, sondern Anlässe im privaten Raum, wie Hochzeiten und Geburtstage. Oder man initiiert einfach selbst Gespräche, Diskussionen unter Freunden, Bekannten oder Verwandten. Außerdem hilft das gezielte Kreieren und Verfassen von Texten für Zeitungen, Internetseiten und den Social Media weiter, um das Gedachte nun abnehmerfreundlich weiterzugeben.
Kommunikative Kompetenz reift durch Erfahrung und Erprobung. Mit jeder Kommunikationserfahrung wächst die eigene Sicherheit im öffentlichen Gebrauch von Rede.
Eingang zum Erwerb praktischer Kompetenz – Medienstudium
In seiner praktischen Kompetenzentwicklung steht der Theologiestudent nicht alleine dar. Es gibt einige Möglichkeiten und Themenkontexte, als Theologiestudent dem Thema Kommunikation näher zu kommen. Das Medienstudium an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt ist eine mögliche Anlaufstelle, in der Studierende der Philosophie und Theologie die Möglichkeit haben, ihre Ideen in verschiedene Lebenswelten umzusetzen. Die Studierenden werden auf Basis von Eigenverantwortung angeleitet, ihre Gedanken dem Computer anzuvertrauen, um sich mit ihren individuellen Begabungen Eigenschaften in Projekte einzubringen und zu engagieren. Dabei kommen Studierende mit Kritik ihrer Gedankenfolgerungen in Berührung, wodurch die eigene Kritikfähigkeit und Flexibilität im Denken geschult werden. Sie lernen eigene Ideen zu entwickeln, zu strukturieren und sie schließlich zu produzieren, so dass sie von Nicht-Theologen auch verstanden werden können. Die Veröffentlichung ihrer textlichen Arbeit bestätigt ihr Können und lässt sie Sicherheit für eine praktische Anwendung ihrer Worte gewinnen.
Keine Zeit für Anderweitiges
Das klingt alles schön und gut, doch sieht sich der Student oftmals vor unüberwindlichen Hürden für eine weitere Entwicklung seiner praktischen Kompetenzen. Neben der Belastung, die Studierende bereits durch den enggeschnürten Studienverlauf des neuen Bachelor-Systems zu tragen haben, sehen sie sich kaum in der Lage, neben dem Studium noch weitere kompetenzerweiternde Aktivitäten vollziehen zu können. Er sieht sich dem System gewissermaßen ausgeliefert und argumentiert z.B. mit Worten wie „Ich habe bereits zu viel auf dem Kopf!“, „mehr zu machen wäre zu anstrengend!“, „ich würde ja gerne, habe jedoch einfach keine Zeit für andere Sachen!“.
Diese Perspektiven nehmen in förmlich gefangen und engen ihn noch mehr, als sie ihm tatsächlich ist. Die eben genannten Vorbehalte gründen werden nicht nur von den äußeren Bedingungen erzeugt. Es sind auch innere Gründe die Ursache, weiteres Engagement zu meiden. Das wären z.B. Hürden im Umgang mit Autoritätspersonen:
- Es braucht etwas Mut und Zutrauen zu den eigenen Gedanken, um diese in der Öffentlichkeit zu äußern.
- Hinzu kommt die Befürchtung, kritisiert zu werden.
- Noch tiefer sitzt der Vorbehalt Kommilitonen: Was nimmt sich der, was nimmt sich die heraus, einfach etwas in einer Zeitung zu schreiben.
Gegenüber dem Internet ist diese Schwelle niedriger, aber dafür kommt das schlechte Image des Internets hinzu,
- Autoritätspersonen könnten negativ auf das reagieren, was ich ins Netz gestellt habe.
Fazit:
Wenn Theologie und Philosophie ihre Stellung in der Gesellschaft stärken möchte, dann muss sie überzeugen. Überzeugen wird sie jedoch nur durch Menschen, die Theologisches in die jeweiligen Gesellschaftsbereiche hineintragen und dort ihren menschlichen aber auch intellektuellen Wert vorleben. Ein solches Vorleben des im Studium Gelernten speist sich aber nicht aus bloßer Auseinandersetzung mit Theorie. Im Begriff „Vorleben“ ist das „Leben“ inbegriffen. Das Leben ist nicht bloß Theorie, sondern bezeichnet eine große Vielfalt verschiedener Realitäten, mit denen sich der Mensch im Laufe seines Lebens im Umgang sieht. Theorie aber muss durch Auseinandersetzung mit dieser realen Vielfalt des Lebens ergänzt und angereichert werden, damit Wisser auch zu Weisen werden können.
<emphasize>Florian Wolny</emphasize>
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