Der Drache heißt Marxismus Foto: explizit.net E.B.

Katholische Kirche in D - zu viel Marx

Katholikentag und 200. Geburtstag von Karl Marx fallen 2018 zusammen. Dieser hätte sich nicht träumen lassen, so viel Einfluss gerade auf die römische Kirche zu bekommen. Katholisch in Deutschland heißt, ganz im Sinne von Marx, die Strukturen sind entscheidend und es braucht Funktionäre, die den Kurs bestimmen.

Trier wie auch Münster als Ort des Katholikentages sind nicht wie Marburg, Berlin und Frankfurt die Bühnen, auf denen die Achtundsechziger den Marxismus neu inszenieren könnten. Aber wie die Achtundsechziger den Marsch durch die Institutionen angelegt haben, ticken diese Bistümer inzwischen mehr marxistisch als den Akteuren bewusst ist. Zwei Grundannahmen haben sie von Marx übernommen: Der einzelne ist aus sich heraus gut, nur die Fehlkonstruktion der Institutionen entfremdet den Menschen von sich selbst. Man braucht also nur die Institutionen zu verändern und der einzelne landet im Glück.  Damit die Institutionen menschengerecht funktionieren, braucht es Funktionäre, die das Programm durchsetzt. Zwar wirkt die katholische Kirche ähnlich grau wie die späte DDR, aber sie hält immer noch an den marxistischen Grundannahmen fest. Wie kommt es bei Marx zu der Überzeugung, die Reform der Institutionen sei die entscheidende Maßnahme?

Überwindung der Entfremdung

Meist präsentiert sich der Marxismus mit der Forderung, die Produktionsmittel, konkret die Unternehmen, zu verstaatlichen. Die Kapitalisten sollen enteignet werden. Das ist aber nur das Mittel, um das eigentliche Übel zu beseitigen, nämlich den Zwiespalt, in den die kapitalistische Industrieproduktion den Arbeitenden hineintreibt. Denn der Arbeitende kann die Frucht seiner Arbeit nicht genießen, weil der Kapitalist diese ihm wegnimmt und ihn so zum Lohnsklaven macht. Es ist nämlich Arbeit und nicht die liebende Begegnung, über die der Mensch zu sich selbst findet. Man ist also von der schwierigen Aufgabe enthoben, die Liebesverhältnisse zu verbessern, es genügt die Änderung der Produktionsverhältnisse, damit der Mensch zu sich selbst findet. Er findet sich, indem er sich des Ergebnisses seiner Arbeit bewusst wird und dieses unmittelbar genießen kann.

Nicht der Gläubige muss sich bekehren, nur die Institution muss reformiert werden

Die katholische Kirche in Deutschland folgt immer noch der marxschen Überzeugung, in der Institution stecke das Übel. Das heißt aber, der Mensch an sich ist nicht erlösungsbedürftig. Wenn nur die Institutionen der Erlösung bedürfen, dann ist es sehr viel einfacher geworden. Man erwartet als Katholik eine funktionierende Institution, macht mit, braucht aber nicht mehr an sich zu arbeiten, nicht mehr nach bestimmten Regeln zu beten, sondern nur dann, wenn es ihm von selbst über die Lippen kommt. Die unangenehme Beichte ist nicht mehr notwendig. Damit die Konzeption Wirklichkeit wird, braucht es wie im Kommunismus nur noch Funktionäre, die das Ganze lenken und koordinieren.

Die Funktionärs-Elite

Wie der Kommunismus braucht die marxistisch gewordene Kirche eine Gruppe, die das Ganze lenkt. Denn wie in der DDR entsprechen die Menschen doch nicht der Erwartung, jeder würde auf das neue System umschwenken, weil er es als das optimale Umfeld sehen kann, in dem die Selbstverwirklichung wie von selbst gelingen. Deshalb muss das Leben der Mitglieder organisiert werden, damit sie mitmachen, "sich einbringend", endlich von dem Heilsversprechen überzeugt sind, die Selbstverwirklichung sei ohne harte Arbeit an sich selbst zu haben. Anders als die SED-Funktionäre haben die Hauptamtlichen der Kirche kein Überwachungssystem aufgebaut. Und anders als die DDR kann man die Institution Kirche problemlos verlassen. Wie im Kommunismus hängt jedoch das Funktionieren des Ganzen von einer Elite ab. Diese ist in der katholischen Kirche, das ist im Vergleich zur DDR positiv herauszustellen, von der Philosophie der Institution, nämlich von der Botschaft Jesu überzeugt ist. Von Jesus hatte Marx ja den Impuls übernommen, die Gesellschaft nicht von den Reichen her, sondern von den Verlierern aus neu zu denken.

Kirche funktioniert nicht auf der Basis eines Konzepts, sondern aus dem Geist

Marx hatte eine Idee. Nach dieser Idee sollte die Gesellschaft umgestaltet werden. Er hat dafür keine Partei gegründet. Wenn die kommunistischen Parteien dann diese Idee umzusetzen begannen, brauchten sie dafür Akteure, die von der Idee überzeugt sein mussten. Die katholische wie andere christlichen Kirchen kann sich, anders als die marxistischen Parteien, auf den Gründungswillen Jesu berufen. Dieser Gründungsauftrag unterscheidet sich in entscheidenden Punkten von der Gesellschaftsidee, wie sie Marx entwickelt hat:

  • Es gibt kein der Geschichte eingeschriebenes Gesetz, das das Handeln leitet, sondern der Geist leitet die Kirche. Die Funktionärselite der Kirche braucht als Basiskompetenz die Unterscheidung der Geister und dann das Hören auf den göttlichen Geist.
  • Erster Adressat der Botschaft ist nicht die Institution, sondern der einzelne, ja sogar das Schaf, das sich von der Herde getrennt hat. Die Institution ist nur dazu da, den einzelnen in die Gemeinschaft mit Gott und den Menschen zu führen.
  • Das Reich, das Jesus als beginnend verkündet hat, wird sich nicht unter den Bedingungen dieser Welt voll realisieren, vielmehr ist eine Umgestaltung zu erwarten, die von Gott herbeigeführt wird.  Jesus verkündete auch in Reich, versprach dessen endgültige Realisierung jedoch nicht durch eine Reform der jüdischen Religionsorganisation.

Kirche Gottes Werk sein lassen

Anders als die kommunistische Gesellschaft ist die Kirche nicht Menschenwerk. Wie sie vom Geist aufgebaut wurde, hat Lukas in der Apostelgeschichte beschrieben. Wird sie im Hören auf den Geist Gottes aufgebaut, begleitet Freude als Grundstimmung den Weg der Katholiken und ihrer Gemeinden. Dass das nicht der Fall ist, zeigen die Mitglieder der Funktionärselite schon mit ihrem Gesichtsausdruck. Wie der Kommunismus und ebenso die kapitalistische Konsumgesellschaft erzeugt auch die katholische Kirche eine Grundstimmung, mit der Marx nicht gerechnet hat: Unmut, Wutbürgertum, Sehnsucht nicht nach Erlösung, sondern nach fernen Zielen, die mit einem Kreuzfahrtschiff oder Flugzeug in Reichweite liegen müssen. Warum der Katholikentag nicht den Impuls des Papstes „Freude am Evangelium“  aufgreift, bleibt am Ende die Frage. 

zur Entfremdung bei Karl Marx



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