Foto: explizit.net-Ursula Paustian

Katholikentag - das Verdun-Gedenken hatte die bessere Liturgie

Kommentar zum 100. Katholikentag

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30 Sekunden Katholikentag in der Tagesschau nach dem Hauptgottesdienst - mehr war nicht drin. Die AfD bekam den ersten Platz. Dann Merkel und Hollande in Verdun. Den Katholiken fehlen die relevanten Themen, mit denen sie in den Medien auf vordere Plätze kommen. Dann werden sie von der Politik in Sachen Inszenierung, was von den Kirchen Liturgie genannt wird, auch noch überholt.

Kommentar zum 100. Katholikentag

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30 Sekunden Katholikentag in der Tagesschau nach dem Hauptgottesdienst - mehr war nicht drin. Die AfD bekam den ersten Platz. Dann Merkel und Hollande in Verdun. Den Katholiken fehlen die relevanten Themen, mit denen sie in den Medien auf vordere Plätze kommen. Dann werden sie von der Politik in Sachen Inszenierung, was von den Kirchen Liturgie genannt wird, auch noch überholt.

Beim Katholikentag eine Predigt mit der Botschaft, die Christen seien gegen Fremdenhass. Dies ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Doch wenn das ständig wiederholt werden muss, dann scheinen die Reihen nicht mehr so geschlossen. Auch wenn die Linke am gleichen Wochenende die Frage liegen gelassen hat, warum ihre Wähler vor allem im Osten zur AFD wechseln, die katholischen Laien hätten sich doch mit dem Wahlverhalten befassen können.

Misslungene Auseinandersetzung mit der AFD

Stolz ist man auch beim Dachverband der katholischen Jugend, sich mit den Berufslaien des Zentralkomitees so deutlich von der AFD abgesetzt zu haben. Indem man die Neue Rechte einfach auslädt, so scheint es, hat man das Problem wirkungsvoll angepackt. Ist den Organisatoren entgangen, dass die AFD die Ängste vieler, gerade älterer Katholiken vor dem Islam aufgegriffen hat? Zumindest ging die Ausladung durch die Medien, es gab ein Thema, über das man diskutieren konnte. Hörte man sich um, dann war die Ausladung der AFD bei Katholiken jenseits des Katholikentages kein großer Erfolg. Dabei wurde die Ausladung auch damit begründet, dass es menschenfeindliche Positionen in der AFD gebe. Die Warnung vor Parteien ist jedoch nicht neu. In den 80ern wurden die Grünen bereits ausgeladen und der Kölner Kardinal Höffner nannte die Grünen damals „nicht wählbar“, wegen ihrer Abtreibungs- und Ehepolitik. Diese haben die Grünen bis heute nicht der katholischen Lehre angepasst, doch dennoch gibt es ein harmonisches Zusammensein trotz massiver ideologischer Differenzen über die Fragen wann menschliches Leben beginnt und zu schützen ist, wie darüber was eine Ehe sei. Sind dies nicht auch grundlegende Differenzen? Wo ist die Grenze heute zwischen widersprüchlichen Positionen, die geduldet werden und solchen, die ausgeladen werden?

Unterlegenheitsgefühl gegenüber dem Islam

Offenbar scheint es vor allem darum zu gehen, möglichst keine Konflikte aufkommen zu lassen und stattdessen harmonische Einheit darzustellen. Dann kann aber vor allem die politische Agenda, die es in vielen Herrschaftsgebiete des Islam gibt, nicht beachtet werden. Diese Politik widerspricht in vielen Inhalten unseren westlichen Menschenrechtsvorstellungen. Auch kommt es zu Erfahrungen von Gewalt. Die Gewalt erleben viele Christen nicht nur als bedrohlich, sondern als Ausdruck der Entschlossenheit des Islam. Was hat ein Katholikentag, seinen verängstigten Glaubensgenossinnen und -genossen da mitzugeben? Liberalität beeindruckt die jungen Muslime und auch viele Wähler nicht mehr. Sie bietet gerade die Schwachstelle, die von Totalitarismen ausgenutzt wird. Donald Trump, der Front National und die AfD legen die Axt an die Wurzel der 68er und der daraus erwachsenen neuen Political Correctness. Der Anchorman bei Fox News, Bill O’Reilly beschrieb die Furcht seiner konservativen Anhänger als „we’re losing the cultural war“. Der AFD-Chef Meuthen bejahte auf dem Parteitag der AfD in Stuttgart 2016 die Bewertung des Justizministers Heiko Maas, dass das Programm der AfD ein „Fahrplan in ein anderes Deutschland“ sei. Meuthen machte deutlich, er wolle „weg von links-rot-grün verseuchten 68er Deutschland, von dem wir die Nase voll haben.“ Der Applaus war groß. Rechtsruck und Islamkritik hängen offenbar zusammen. Dabei wird verschwiegen, dass die Kirche selbst man die stärkste institutionelle Kritikerin der 68er war. Aber wie will man neuen politischen Extremisten begegnen, wenn man anscheinend der Diskussion ausweicht?

Warum nicht dem Papst folgen?

Warum folgen die Laien nicht dem Papst, wenn es die Bischöfe an Enthusiasmus fehlen lassen? Weniger Strukturen, an die Ränder gehen, nicht einen obersten Gesetzeswächter, sondern den barmherzigen Gott verkünden. Kein liberal weichgespülter, für die Konsumgesellschaft gefügig gemachter Katholizismus. Es braucht eine Abkehr von der Fixierung auf die Sexualität und ein Ende des Bauens auf Strukturen. Stattdessen sollten wir auf Gebet und Glaubenszeugnis setzen. Der Argentinier ist doch deshalb gewählt worden, weil man ihm zutraut, mit dem Verwaltungs- und Finanzapparat Vatikan endlich fertig zu werden, vor allem nachdem Kardinäle in der Lage waren Papst Benedikt Dokumente von dessen privatem Schreibtisch zu klauen und der Presse zuzuspielen.

Die Katholiken brauchen eine Agenda. Der Katholikentag zeigte die Schwächen: Eine erlahmte Liturgie, die Nichtdiskussion mit neuen politischen Strömungen, kein Konzept, den Unterschied des Christentums von der Scharia zu erklären. Dann gibt es natürlich noch weitere Themen, die ein Zentralkomitee früher aufgegriffen hätte. Die Gesundheitspolitik brennt einer alternden Gesellschaft auf den Nägeln. Eine Alternative zur Riester-Rente hätten frühere Generationen längst auf dem Tisch. Schule, ein Dauerthema, müsste bei dem größten Privatschulanbieter doch auf die Tagesordnung. Der Datenschutz, überhaupt die Gestaltung der digitalen Revolution, alles Fragen, um die sich aus der Sicht der Laien die Bischöfe kümmern müssen.

Nur 30.000 Teilnehmer zeigen: Die Fragen der Katholiken werden von ihrem Zentralkomitee nicht mehr verhandelt.

Ein Kommentar von Eckhard Bieger S.J.

 



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