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Journalist – ein Beruf im Zeitalter des Internets

(explizit.net)Nicht mehr Stahl, sondern Informationen sind der Rohstoff, der in den verschiedensten Berufen verarbeitet wird. Sogar für den Maschinenbau, sowohl für Entwicklung wie für die Produktion, ist der Computer inzwischen die Basistechnik geworden.

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Die alten Kommunikationsberufe, die immer schon Informationen verarbeitet haben, basierten bisher auf Papier. Schon lange ist der Computer dem Druck vorgeschaltet. Die qualifiziertesten Facharbeiter, die Setzer, wurden bereits in den achtziger Jahren überflüssig. Das Internet hat inzwischen nicht nur, wie der Computer, die Arbeitsbedingungen, sondern auch die Medienproduktion grundlegend verändert. Seitdem das Internet das Papier als Basismedium abgelöst hat und inzwischen Zeitungsartikel und Bücher auf kleine Bildschirme überträgt, ist der Journalismus nur noch digital möglich?

(explizit.net)Nicht mehr Stahl, sondern Informationen sind der Rohstoff, der in den verschiedensten Berufen verarbeitet wird. Sogar für den Maschinenbau, sowohl für Entwicklung wie für die Produktion, ist der Computer inzwischen die Basistechnik geworden.

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Die alten Kommunikationsberufe, die immer schon Informationen verarbeitet haben, basierten bisher auf Papier. Schon lange ist der Computer dem Druck vorgeschaltet. Die qualifiziertesten Facharbeiter, die Setzer, wurden bereits in den achtziger Jahren überflüssig. Das Internet hat inzwischen nicht nur, wie der Computer, die Arbeitsbedingungen, sondern auch die Medienproduktion grundlegend verändert. Seitdem das Internet das Papier als Basismedium abgelöst hat und inzwischen Zeitungsartikel und Bücher auf kleine Bildschirme überträgt, ist der Journalismus nur noch digital möglich?

Anders als bei den Ingenieurtätigkeiten verändert das Internet die Geisteswissenschaften. Als Gutenberg die beweglichen Lettern erfand, verwandelte sich das Setzen der Texte von einem Schnitzwerk, also einer Tafel, die als Ganze eine Seite darstellte, in die Aufreihung von einzelnen Buchstaben und ermöglichte damit eine viel größere Verbreitung sowohl von Flugblättern wie von Büchern. Das Internet, insbesondere die Social Media, geben jedem einzelnen die Chance, etwas mitzuteilen, zu veröffentlichen. Was früher durch den Druck der Zeitung erst möglich wurde, nämlich einen Beitrag bzw. einen Leserbrief zu publizieren, das kann heute jeder, indem er in entsprechende Kommentarspalten oder in den Communities etwas eintippt. Autorentätigkeit findet also weniger „abgehoben“, sondern im Zusammenspiel vieler Schreibender, die oft nur Kommentierende sind, statt. Dabei bleiben die Basiskompetenzen der Geisteswissenschaften die Grundpfeiler, lesend und schreibend mit Sprache umzugehen. Weil das Internet unter dem Kostenlos-Fahne angetreten ist, um möglichst schnell viele Nutzer einzubeziehen, werden viele, bisher bezahlte Arbeitsplätze verschwinden.

Das Gedruckte hat bisher die Erlöse erwirtschaftet

Wenn, wie prognostiziert, 50% des Buchhandels verschwunden, die gedruckten Zeitungen auf wenige Seiten geschrumpft und die Vielfalt durch Konzentrationsprozesse verloren gegangen ist, dann sind nicht nur viele Arbeitsplätze im Buchsektor wie bei den Regionalzeitungen verloren, sondern auch die Kommunikation, auf die Kulturinstitutionen wie Theater, Bibliotheken, Museen, Kirchengemeinden, Bildungseinrichtungen u.a. angewiesen sind. Sie müssen die Wege, die bisher über Buchhandlung und Lokalseiten zu ihren Zielgruppen geführt haben, neu bahnen. Und das ist die Chance, die sich jetzt für die Jungen bietet. Denn viele Zeitungsjournalisten, Verleger, Buchhändler, haben sich nicht auf die neue Kommunikationsmuster eingelassen, die die Onliner längst entwickelt haben und nutzen, bevor sie zu etwas Gedrucktem greifen. Print, ob als Periodikum oder als Buchtitel, wird nicht verschwinden, aber nur noch im Premiumsegment zu finden sein. Wer eine Information wertvoll machen will, wird sie weiterhin drucken. Alles, was nicht „behalten“ werden will, erreicht seine Zielgruppen über den Bildschirm. Die Zukunft der Zeitung ist digital, auch als Vorstufe für Print.

Aber digital heißt erst einmal, dass außer Google kaum jemand verdient. Wie organsiert sich Journalismus unter den neuen Produktionsbedingungen und wie bereitet man sich auf den Beruf vor?

Print reduziert sich erheblich

Kann die Zeitung einfach verschwinden? Ja, denn sie ist ohne Anzeigen nicht finanzierbar. Wegen der abnehmenden Qualität und der auch daraus resultierenden abnehmenden Leserschaft wird die Zeitung als Vermittler von Werbebotschaften immer weniger gefragt. Der Rückgang der Anzeigenaufträge ist größer als der der Auflage. Zudem verlagert sich das Marketing zu einem guten Teil in die Social Media. Da der sog. Mantel der Zeitung, d.h. überregionale Politik, Wirtschaft, Feuilleton, austauschbar ist, denn die Regionalzeitungen schöpfen aus den gleichen Agenturmeldungen, wird allenfalls der Lokalteil im Internet überleben. Inzwischen legen Verlage, die mehrere Regionalzeitungen herausgeben die Redaktionen für den Mantel der einzelnen Zeitung zusammen. Printausgaben werden sich wohl auf die Wochenenden konzentrieren, Indikator ist „Die Zeit“, die wohl als einzige Zeitung nicht vom Auflagenrückgang betroffen ist.

Wer heute eine journalistische Berufsperspektive ins Auge fasst, kann nicht mehr damit rechnen, von einem Verlag einen ausreichend bezahlten Arbeitsplatz in einer Redaktion zu erhalten. Das gilt für das Fernsehen schon lange. Die meisten Inhalte werden im Auftrag der Sender produziert, bei den Privaten noch strikter als bei den öffentlich-Rechtlichen Sendern. Radio ist zum größeren Teil ein Stream von Musiktiteln, die ja auch nicht von dem Sender produziert wurden. Das alles heißt aber nicht, dass journalistische Tätigkeiten überflüssig werden. Das zeigt sich daran, worum es im Journalismus geht:

Was wird aus dem Gespräch der Gesellschaft:

Jede menschliche Gemeinschaft braucht Kommunikationsplattformen. Im alten Orient war es das Tor, wo die Informationsströme zusammenflossen, wo Rat und Gericht gehalten wurde. Mit der hellenistischen Stadt wanderte der Informationsknoten auf den Platz in der Mitte, da finden sich mit der Städtegründung ab dem 11. Jahrhundert Rathaus, Kirche, Gasthaus und die Lokalredaktion der Zeitung. Die überregionalen Nachrichten kamen durch die Kaufleute auf den Marktplatz. Von den Kaufleuten ging dann auch die Entwicklung der Zeitung aus. Zuerst wurden die Marktpreise für Roggen, Salz u.a. nicht mehr angeschlagen, sondern gedruckt. Aber es dauerte noch bis ins 19. Jahrhundert, um zur Zeitung im heutigen Sinne zu gelangen. Denn die Zeitung, wie wir sie gewohnt sind, verlangte die Aufhebung der Zensur, so dass die Zeitung als Plattform politischer Meinungsbildung erst mit der Revolution 1848 entstand. Inzwischen hat sich die Situation wieder grundlegend geändert. Da die Werbung ins Internet gewandert ist, kann sich die Zeitung nicht mehr finanzieren, denn vor Jobpilot und Immowelt trugen die Rubrikanzeigen 70% zum Erlös bei. Das führt erst einmal dazu, dass für die Redaktion sehr viel weniger Geld zur Verfügung steht. Denn anders als Google und die anderen Plattformen hat der klassische Verleger einen guten Teil der Erlöse in die Informationsarbeit der Redaktionen investiert, teurer waren allerdings immer schon der Druck, das Papier und das Austragen der Zeitungen. Diese verschlingen 80% und mehr der Kosten. Diese wirtschaftliche Struktur hat das Internet zerschlagen, weil die Verlage Ende der neunziger Jahre sich von jungen Informatikern die Rubrikanzeigen wegnehmen ließen, anstatt selbst ihren Stellen-, Auto- oder Mietmarkt online zu stellen. Sind die Journalisten heute weitsichtiger?

Das Gespräch der Gesellschaft findet zeitnaher und unter Beteiligung von mehr Menschen im Internet statt, die Werbebotschaften haben sich weitgehend von den bisherigen Inhalten gelöst. Weil der Mantel der Regionalzeitungen im Internet nicht mehr gebraucht wird, muss der Journalismus die Zeitung neu erfinden.

Was bleibt: Die Gesellschaft muss sich über die anstehenden Fragen, die bisher unter Politik, Wirtschaft und Feuilleton verhandelt wurden, verständigen. Diese müssen zwar irgendwann bei Gremien und Parlamenten ankommen, die Entscheidungsbefugnis haben. Jedoch bis dahin soll jeder Bürger mitbekommen, welche Fragen auf der Tagesordnung stehen. Wenn „alle Macht vom Volke ausgeht“, dann muss der Bürger die Repräsentanten in kommunale u.a. Parlamente, Vorstände, Gremien wählen, die versprechen, die eigenen Vorstellungen umzusetzen. Medien und damit die Arbeit von Journalisten ist also nicht von der Gnade der Volksvertreter noch von Medienunternehmen abhängig, sondern eine von der Verfassung geforderte Leistung. Die Neuorganisation des Journalismus ist also eine Frage, die die Verfassungsorgane aufgreifen müssten. Doch das ist nicht so schnell zu erwarten und bis dahin muss sich auch abzeichnen, wie neue Zeitungsformen aussehen könnten. Sie werden auf jeden Fall mehr im Internet als im Briefkasten zu finden sein.

Die Auftraggeber journalistischer Leistungen

Bisher bezahlen die Medienhäuser journalistische Leistungen. Da den Medienhäusern durch den erheblichen Rückgang der Rubrikanzeigen die Einnahmen wegbrechen, kann der Journalist diesen nicht mehr sein berufliches Glück anvertrauen. Die Journalisten müssen ihre Arbeit selbst organisieren.

Medienhäuser werden weiterhin Auftraggeber für Inhalte sein, wollen sie überhaupt überleben. Jedoch können die Journalisten das Honorardiktat von manchmal 10 Cent pro Zeile nicht hinnehmen. Sie müssen sich zusammenschließen und andere Honorare aushandeln. Bisher haben das die Gewerkschaften übernommen. Da aber immer mehr Zeitungsverlage aus der Tarifgemeinschaft ausscheren und auch nicht absehbar ist, ob sie je wieder angemessene Honorare bzw. Gehälter zahlen können, müssen die Journalisten sich zusammenschließen. Denn alleine ist der Schreiber und Fotograf immer der schwächere.

Ein Weiteres kommt hinzu. Wenn die Zeitungsverlage journalistische Leistungen nicht mehr angemessen bezahlen können, müssen Journalisten ihre Informationsleistungen auch an andere Anbieter verkaufen. Diese finden sich z.B. bei den Betreibern von Homepages. Ob Volkshochschulen, Kirchengemeinden, Gesundheitszentren, Theater, Chöre, Verbände u.a., die bisher ihre Zielgruppen durch die Vermittlung vor allem der Lokalredaktionen erreichten, suchen sich ihre Zielgruppen immer mehr über das Internet.

Sich wie Rechtsanwaltskanzleien oder Werbeagenturen organisieren

Bis das Internet die jetzige Vorherrschaft erreichte, war die Zeitung deshalb als Werbeträger interessant, weil sie Zugang zu vielen Zielgruppen eröffnete. Die Werbung wird durch das redaktionelle Umfeld aufgewertet. Dieses besteht aber heute nicht mehr allein in der Qualität der Inhalte, sondern in der Resonanz, die ein Inhalt im Social Web erzielt. Facebook u.a. messen bereits diese Effektivität.

Es ist auch deutlich, warum die wirtschaftliche Basis der Zeitung wegschmilzt. Die Zeitung war vor allem für lokale Anbieter solange der optimale Werbeträger, wie die Regionalzeitung jeden Haushalt erreichte. Aber wie die Haushalte heute nicht mehr unbedingt ein Telefonbuch brauchen, verzichten immer mehr auf die Zeitung. Die Anzeigenblätter kommen weiter ungefragt. Das hat Konsequenzen, an die Journalisten anknüpfen können:

Denn an journalistischen Leistungen sind nicht nur Medienhäuser interessiert, sondern viele andere. Bisher haben die sog. Freien, d.h. faktisch meist entlassene Redakteure der Regionalpresse, diese neuen Auftraggeber noch nicht entdeckt. Wichtig für kalkulierbare Einnahmen sind Kunden, die regelmäßig Leistungen abrufen. Das kann eine Zeitung sein, die z.B. den Wirtschaftsteil oder eine ihrer Lokalausgaben nicht mehr mit eigenen Redakteuren erstellt, sondern damit ein Journalistenbüro beauftragt. Hinzu kommen die vielen lokalen Einrichtungen und Firmen wie auch überregional tätige Institutionen und Unternehmen, die Daueraufträge vergeben. Wenn die Journalisten, die für diese Institutionen, Unternehmen und Verbände Leistungen erbringen, Communities und andere Netze im Social Web aufgebaut haben, werden sie für Auftraggeber noch interessanter. Denn die Auftraggeber müssen ihre Zielgruppen zunehmend im Netz suchen. Kann der Journalist diese Wege zu den Zielgruppen durch eigene Netzwerke erschließen, steigt sein Marktwert.

Unabhängigkeit der Journalisten-Gruppen

Die Veränderungen, die das Internet herbeigeführt hat, geben den Journalisten-„Kanzleien“ mehr Unabhängigkeit, weil sie nicht mehr auf das Druckhaus angewiesen sind, das ihre Beiträge in Zeitungen verpackt und den Haushalten in den Briefkasten steckt. Die Journalisten können über die Social Media selbst Vertriebswege aufbauen und damit ihren Auftraggebern nicht nur journalistische Leistungen, sondern auch zusätzliche Reichweite „verkaufen“.

Für den Journalisten der Zukunft heißt das:

  1. <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Sich mit anderen in einem Büro zusammenschließen.</paragraph>
  2. <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Sich im Team auf bestimmte Themenfelder so spezialisieren, so dass man bei Aufträgen nicht vom „Punkt 0“ an recherchieren muss.</paragraph>
  3. <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Die Fachleute in seinen Themenfeldern kennen und diese bei Tagungen treffen, Interviews auf Vorrat machen.</paragraph>
  4. <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Im Social Web Communities aufbauen bzw. Mitglied werden. Entsprechende Fachtagungen besuchen.</paragraph>
  5. <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Sich einen Kundenstamm aufbauen, so lange intensiv akquirieren, bis man zwei und auch drei Daueraufträge hat.</paragraph>
  6. <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Zusammen einen Webauftritt, ob Homepage, Blog oder Facebook-Seite betreiben, zu einzelnen Fragen pointierte Beiträge online stellen und diese Beiträge mit viralem Marketing auf die Reise schicken.</paragraph>
  7. <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Im Team ein Qualitätsmanagement aufbauen, denn Qualität heißt: „Der Kunde kommt wieder.“</paragraph>
  8. <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Jährlich 5 Tage Fortbildung investieren und schon während des Studiums die Kurse absolvieren, die für die Volontärs-Ausbildung üblich sind. </paragraph>

Sich im Studium bereits so qualifizieren, dass man kein Volontariat braucht, sondern schon während des Studiums Mitglied eines Teams werden.

<emphasize>Eckhard Bieger S.J.</emphasize>

Die Phil.-Theol. Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt bietet ein Ausbildungsprogramm an, das auf die oben beschriebene neue Situation für journalistische Berufe abgestimmt ist:

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