Foto: Wikimedia CC

Ghazas fünf Nachbarn

(explizit.net) Waffenruhen mit Raketenschauer und Tunnelkrieg, so offenbarte sich das blutige Ringen zwischen Israel und der Hamas am Wochenende. Etwa 48 tote Israelis und 1.150 Tote in Ghaza sind am 20. Tag des Waffengangs zu beklagen. Bislang fruchtete keine Initiative, länger den Geschosshagel zu unterbinden. In Qatar zeigte sich Hamaschef Khalid Mashal nicht bereit oder fähig, die kürzeste Kriegspause einzuhalten, wobei grausige Bilder aus den Trümmerfeldern für ihn zu wirken scheinen. In Paris gab es Straßenkämpfe, in Bairut ein Protesttreffen der Hizballah und in Tel Aviv ein Friedensmeeting. In drei Ländern Europas schäumen Wellen des Judenhasses, laut Angela Merkel bei propalästinensischen und antiisraelischen Demonstrationen, was die Kanzlerin aufs Schärfste verurteilte. Kein Wunder, Israels Premier Benjamin Netanjahu erklärte am Sonntag in CNN, Israel mag etwas im Medienkrieg verlieren, doch dieser könne nicht dessen Sicherheit übertrumpfen.

(explizit.net) Waffenruhen mit Raketenschauer und Tunnelkrieg, so offenbarte sich das blutige Ringen zwischen Israel und der Hamas am Wochenende. Etwa 48 tote Israelis und 1.150 Tote in Ghaza sind am 20. Tag des Waffengangs zu beklagen. Bislang fruchtete keine Initiative, länger den Geschosshagel zu unterbinden. In Qatar zeigte sich Hamaschef Khalid Mashal nicht bereit oder fähig, die kürzeste Kriegspause einzuhalten, wobei grausige Bilder aus den Trümmerfeldern für ihn zu wirken scheinen. In Paris gab es Straßenkämpfe, in Bairut ein Protesttreffen der Hizballah und in Tel Aviv ein Friedensmeeting. In drei Ländern Europas schäumen Wellen des Judenhasses, laut Angela Merkel bei propalästinensischen und antiisraelischen Demonstrationen, was die Kanzlerin aufs Schärfste verurteilte. Kein Wunder, Israels Premier Benjamin Netanjahu erklärte am Sonntag in CNN, Israel mag etwas im Medienkrieg verlieren, doch dieser könne nicht dessen Sicherheit übertrumpfen.

Kairo-Jerusalem

Ghaza, das seit 2007 durch einen Coup der Hamas regiert wird, die sich dabei gewaltsam auch der Fatahmleute von Mahmud Abbas als Chef der Autonomiebehörde entledigte, hat zwei nahe, aber drei ferne Nachbarn mit Haupteinfluss. Doch anders als im Raketenkrieg der Hamas Ende 2012, regiert in Kairo nun der Antiislamist Abd al-Fattah as-Sisi. Kaum vorstellbar, wenn dort noch der Präsident der Muslimbrüder Muhammad Mursi am Hebel säße, der bereits in seinem Amtsjahr viel zugunsten des Muslimbruderzweigs Hamas tat.

Beim anderen Nachbarn lenkt weiterhin Benjamin Netanjahu das Staatsruder. Er und sein Kabinett sind nicht zu beneiden. Ihre Beschlüsse stellen Weichen für Jahre und Dekaden. Im genannten TV-Interview vom 27. Juli bestand er darauf, dass seine Armee nicht auf Zivilisten ziele. Jedoch agiere die Hamas aus deren Reihen, sowohl lokal als auch in der Bewegung. Hamas sehe es noch zynisch darauf ab, dass viele Bilder von toten Zivilisten aufkommen. Man müsse sie diskreditieren, entwaffnen. Ähnlich handelte die Regierung am Nil, um sich nach der Coupvolte Mitte 2013 vom Volk ein Mandat gegen Islamisten zu holen. Diese riefen Gläubige auf, besser Märtyrer zu werden als die Blockaden von Straßen, Plätzen und Moscheen aufzugeben, um mithin dabei verlorene Menschenleben den Machthabern anzulasten. Was mag das wohl für eine Ideologie sein, die das erreicht?

Im ägyptischen Fall kamen Extreme nicht durch. Wenn all dies sehr bedrückend geriet, so werden dort nunmehr Wahlen zum Parlament angeschoben. Ägypter bewiesen auch wie früher in auswärtigen Beziehungen Glück, auch wenn es zu keinem Abkommen der Waffenruhe um Ghaza kam. Israels Militärsprecher Peter Lerner zeigte sich noch am Samstag vom jüngst entdeckten Tunnelsystem überrascht. Er meinte, man habe von etwa 60 Tunneln die Hälfte gesprengt und brauche noch eine Woche, um diese, zuweilen drei Kilometer langen Netze samt Waffen, Munition und Raketen zu vernichten. Unglaublich, wie dies Israelis so lange verborgen blieb, gibt es doch eine Geschichte von Erfahrungen der Vietnamesen, Chinesen, Koreaner und Iraner damit, die Palästinenser studiert haben.

Teheran

Iran gedieh zur Vormacht in Syrien, Ghaza und Libanon. Das betonte der Parlamentarier Mike Rogers Sonntag: Amerika gebe Iran 2,8 Milliarden Dollar, damit es noch um Nukes verhandele. Das Regime zweige Geld für Raketen der Hamas ab. Auch Qatar bezahle den Verein. Ein Neuansatz sei in Mittelost nötig, aber ohne Amerikas Feinden zu helfen. Der Chef des Geheimdienstkomitees im Unterhaus hat recht, jedoch fehlt ein wirksamer Kurs.

Niemand wird sich wundern, dass Irans „Revolutionsführer“ Ali Khaminai am Mittwoch, den 23. Juli, aufrief, sich des „usurpierenden zionistischen Scheinregimes“ zu entledigen. Dies solle ein Votum der Araber und Juden erzielen. Bis dies zustande käme, erläuterte er Studenten an der Teheraner Universität, wäre der mächtige, bewaffnete Widerstand nötig. Israels Vernichtung sei der einzig reelle Weg, was nicht den Tod der Juden dort bedeute. Nun stößt er auf deutsche Widerstände, zumal Bundesinnenminister Thomas de Maizière betonte, die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit könne zwar auch eine Kritik an der Politik Israels bergen. Doch bei den jüngsten Kundgebungen gegen das militärische Vorgehen Israels im Ghazastreifen seien allerdings „rote Linien“ überschritten worden.

Brüssel

Gegenüber Ghaza steht die Europäische Union als Wirtschaftsriese mit weniger Einfluss da. Sicher reicht Brüssel einige Mittel aus. Aber ihre Verwendung ist nicht wirklich offen nachvollziehbar. Überdies halten Amerikaner das Heft straff in der Hand. Wenn John Kerry europäischen Kollegen vom Stand der Dinge erzählt wie vorige Woche, erscheint es als Runde des Meisters mit seinen Schülern. Vor allem der Berliner Außenminister hat an Profil gewonnen als er in Krisen klarere, hilfreiche Ansätze oder Kritiken formulierte.

Der Europäische Rat für Auswärtiges gab am Dienstag, den 22. Juli, einen beachtlichen Text zum Krieg der Hamas gegen Israel heraus. Deren rücksichtsloser Raketenkrieg wird verurteilt, der direkt die Zivilisten bedrohe. Alle terroristischen Gruppen Ghazas seien zu entwaffnen wie auch der Ruf hart kritisiert wird, Zivilisten als Schutzschilder zu nehmen. Jüngste Prozesse in Mittelost seien eine ernste Gefährdung der Europäischen Union, die ihrerseits auch ihre prinzipielle Verpflichtung gegenüber der Sicherheit Israels betont hat.

Washington

Indes erzielte Kerry wenig Erfolge. Ein Mechanismus des Meinungsstreits mit Europäern fehlt, obwohl es dafür Gremien gibt. Amerika ist auf einem Dauerrückzug, wie am 26. Juli, als es die Botschaft in Tripolis evakuierte. Nichts dagegen, Diplomaten zu schützen. Doch erzeugt Washington wieder ein Vakuum, das Islamisten gern füllen. Am Potomac geriet Benghazis Botschaftermord zum Trauma und zum Abbruch. Hernach tat man im Bürgerkrieg zu wenig, um sich von der mit erzeugten Misere überraschen zu lassen. Wie in Syroirakistan, wo „Kalif Ibrahim“ nicht nur ein Sunnitenreich ohne die Christen und Schiiten erbaut, sondern Baghdad bedroht, Öl ausbeutet und Obama direkt Jihad erklärt.

Seine Parteikollegin Nancy Pelosi sagte Sonntag, der Präsident zeige in der Außenpolitik sehr starke Führerschaft. Zudem meinte sie, dass man ihr in Qatar bedeutete, Hamas wäre eine „humanitäre Organisation“. Und Putin in der östlichen Ukraine? Der mache sowieso, was er wolle. Er sei nur unsicher wegen Russlands Zukunft und handele nicht so, weil er etwa eine Schwäche des Präsidenten Obama erkenne. Im Gegensatz dazu fiel Michele Bachmann auf, wie das Kairiner Blatt al-Ahram vermeldet. Sie brachte ein Gesetzentwurf am 24. Juli ein, der die Muslimbruderschaft in Amerika als Terrororganisation einstufen soll. Die 1956 geborene Republikanerin stellt sich vor: als eventuelle Präsidialkandidatin.

<emphasize>Wolfgang G. Schwanitz</emphasize>



Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Zum Seitenanfang