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Gegengelesen: Die Zukunft kostet 1000 Euro

(explizit.net)In den Niederlanden herrscht ein moderner und aufgeklärter Geist, die Drogenpolitik galt lange als fortschrittlich, auch in der Pflege und Sterbehilfe dienen die Holländer vielen als Vorbild. Jetzt haben die Nachbarn eine neue grandiose Idee, bei der man nicht genau weiß, ob dieses Vorhaben im Coffee-Shop geboren wurde oder einer besonderen Weitsicht entspringt. Um Arbeitslosen eine Perspektive zu geben, finanzieren die niederländischen Arbeitsämter für läppische 1000 Euro eine Umschulung zum „spirituellen Telefonratgeber“.

(explizit.net)In den Niederlanden herrscht ein moderner und aufgeklärter Geist, die Drogenpolitik galt lange als fortschrittlich, auch in der Pflege und Sterbehilfe dienen die Holländer vielen als Vorbild. Jetzt haben die Nachbarn eine neue grandiose Idee, bei der man nicht genau weiß, ob dieses Vorhaben im Coffee-Shop geboren wurde oder einer besonderen Weitsicht entspringt. Um Arbeitslosen eine Perspektive zu geben, finanzieren die niederländischen Arbeitsämter für läppische 1000 Euro eine Umschulung zum „spirituellen Telefonratgeber“.

Was kann das für eine seriöse Ausbildung sein, die 1000 Euro kostet? Angeblich ist der Job des Kristallkugelfachmanns krisensicher und bringt 29 Cent die Minute. Die Arbeitslosen lernen Tarotkarten lesen und in die Kristallkugel gucken. Dass hierfür keine besonderen Anforderungen nötig sind, lässt sich ja noch nachvollziehen. Dass man Arbeitslose ausbildet, damit sie anderen Hoffnungslosen irgendeinen Irrsinn erzählen und dies auch noch als staatliche Maßnahme deklariert, kann man als wirklich aufgeklärter Mensch nur als Bankrotterklärung verstehen. Demnächst wird es dann wohl weitere Ausbildungsgänge geben, die finanziell ähnlich attraktiv sind: Drogenkurier, Drogendealer oder auch Lesen aus dem Kaffeesatz, wenn schon der postschulische Analphabetismus das Lesen von Büchern oder Zeitungen überflüssig gemacht hat. Nicht uninteressant wäre auch die Schulung der Bettler, die oft nur ein falsches Marketing haben. Es wäre doch einträglicher, würden sich die Bettler z. B. für 29 Cent die Minute für Beschimpfungen zur Verfügung stellen.

Hauptsache das Formale stimmt

Hellseher sei ein anerkannter Beruf und nicht verboten, also darf das Arbeitsamt auch zu solchen Berufen ausbilden, da es ja eine Jobgarantie gäbe. Prostituierte wäre das auch, da das allerdings nicht so schön klingt, könnte man das Hormonmanager nennen und die Langzeitarbeitslosen hätten etwas Seriöses zu tun und verdienten auch noch gutes Geld. Man hätte allerdings ein gewisses Problem mit der Altersgrenze, beim Kristallkugelgucken müssen die Bewerber die 50 überschritten haben. Im bekifften Nachbarland hält sich allerdings bisher die Weitsicht noch in Grenzen, angeblich haben erst 7 Arbeitslose ihre Umschulung zum diplomierten Konfabulierer abgeschlossen. Man kann die holländische Maßnahme zur Rettung der Zukunft mit dem möglichen Konsum berauschender Mittel erklären, in Deutschland gibt es nun ein überparteiliches Engagement zur Rettung der Wahlen, nicht der Wale, das nicht nur Verwirrtheit andeutet, sondern die völlig Leere.

Demokratie in die Urne

CDU, CSU, SPD, Die Grünen, Die Linke und die FDP haben sich jetzt Gedanken zur Zunahme der Nichtwähler gemacht, wobei man von Gedanken eher nicht reden sollte. Die Bürger gehen einfach nicht wählen. Die Politiker wissen genau, woran das liegt. Die Wähler kommen nicht mehr zur Urne, daher muss die Urne zum Wähler kommen. Somit kommt die Demokratie in die Urne. Was ist das nur für ein Land, in dem man die Nichtwähler mit der Erreichbarkeit der Urne locken will? Könnte es nicht sein, dass die Wähler mit ihrem Nichtwählen bereits gewählt haben? Müssten sich Politiker nicht Gedanken darüber machen, wie die Bürger motiviert werden könnten und nicht darüber, wie den Bürgern die Urne hinterher getragen werden kann?

Inhalt? Nein Danke!

Das Beispiel Niederlande wie auch die parteiübergreifende Initiative zur Wahlmüdigkeit sind in ihrer Aussage klar: das Formale zählt. Ist alles nach den Regeln und Vorschriften durchgeführt, kann es gar nicht falsch sein. Wer zum Nachdenken angeregt, wird inzwischen gar nicht mehr verstanden. Früher gab es mal Diskussionen, weil jemand eine verquere Meinung vertrat, das ist inzwischen out. In kleinen Kreisen mag es noch eine Meinung geben, doch sobald sie in den Rachen der öffentlichen „Meinung“ tritt, wird sie platt getreten, bis die Meinung in das Formale passt. Dann steht Meinung drauf, ist aber nichts anderes als eine Anweisung zur Handhabung des Irrsinns. Inhalt regt zum Denken an, daher ist Leere politisch korrekter. Und mit leeren Worthülsen lassen sich 29 Cent in der Minute verdienen. Dagegen lässt sich nicht mehr argumentieren, außer man bringt all diesen Unsinn ins Krematorium, packt die Asche in eine Urne und trägt sie in einer würdigen Prozession nach Berlin: Nicht die Urne zum Wähler, sondern die Urne zum Politiker!

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<emphasize>Kommentar von Thomas Holtbernd</emphasize>



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