Entstehung des Fests
Der Entstehung des Fronleichnamsfests gehen theologische Auseinandersetzungen zur Bedeutung der Eucharistie voraus. Im sogenannten Abendmahlsstreit, der vom neunten bis ins elfte Jahrhundert dauerte, standen sich Vertreter zweier Positionen gegenüber: Während die Einen an eine physisch-reale Gegenwart Jesu in Brot und Wein als Leib und Blut Christi glaubten, nahmen ihre Gegner an, dass die Gegenwart Jesu im Sakrament der Eucharistie rein symbolisch zu verstehen sei. Erst mit Thomas von Aquins Transsubstantiationslehre konnte der Streit beigelegt werden.
Schaufrömmigkeit und Prozessionen
Diese Eucharistietheologie findet Ausdruck in der damaligen Frömmigkeit: In der Messfeier rückt die Elevation, also die Erhebung der Hostie, in den Mittelpunkt. Aus großer Ehrfurcht vor dem Sakrament entsteht eine regelrechte Schaufrömmigkeit, sodass die Gläubigen aufhören, die Kommunion zu empfangen. Sie nehmen nur noch durch Augenkommunion an der Messe teil, indem sie die Eucharistie durch anbetendes Schauen verehren und nicht mehr leiblich konsumieren. Aus der so gefeierten Messe entstehen nach und nach ganze Prozessionen, in denen die gewandelte Hostie in einer Monstranz, einem strahlenförmigen, meist goldenen Gefäß, durch die Straßen getragen wird.
Die Vision einer Ordensfrau
Eine Augustiner Nonne, Juliane von Lüttich, hatte im Jahr 1209 eine Vision, in der Christus sie um ein fehlendes Fest für das Altarsakrament bat. Daraufhin führte der Bischof von Lüttich 1246 das Fronleichnamsfest in seinem Bistum ein. Der Name stammt aus dem Mittelhochdeutschen „fron Lichnam“ und bezieht sich nicht auf den Leichnam Jesu, sondern auf seinen Leib, den er in der Eucharistie als Speise hingibt. Vron – den Herrn betreffend, Lichnam = Leib. Jakob von Lüttich, der später Papst Urban IV. wurde, setzte das Fronleichnamsfest, das er aus seiner Heimat kannte, 1264 für die Gesamtkirche ein. Da dieser Papst sehr früh verstarb, verbreitete sich das Fest nur langsam. Die Prozession wird als Segen verstanden, an vier Orten, also in die vier Himmelsrichtungen werden Menschen, ihre Häuser und die Äcker gesegnet.
Reformatorische Kritik
Während der Reformation ist das Fronleichnamsfest in Kritik geraten. Luther findet besonders drastische Worte, so schreibt er: „Ich bin keinem Fest mehr feind als diesem. Denn da tut man alle Schmach dem heiligen Sakrament, dass man's nur zum Schauspiel umträgt und eitel Abgötterei damit treibet.“ Ein wesentlicher Kritikpunkt bildet für ihn die entstandene Schaufrömmigkeit: Das Betrachten der Hostie sollte Gnadenfrüchte bringen, sodass Gläubige oft noch zur Elevation in den Gottesdienst kamen, also dem Teil, in dem der Priester die gewandelte Hostie nach oben hält. Danach gingen sie einen Seitenaltar weiter zur nächsten Elevation. In einer derartigen Vorstellung erkannte Luther Werkgerechtigkeit, die den Glauben an Gott verstellte. Das gängige Eucharistieverständnis und die daraus entstandene Schaufrömmigkeit widersprachen seinem Grundsatz „sola gratia“, gerechtfertigt allein durch Glauben, zutiefst.
Korrektur mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil
Auf katholischer Seite wurde die Praxis der Schaufrömmigkeit spätestens mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil korrigiert. Die an das Konzil anschließende Liturgiereform hatte das Ziel, die tätige Teilnahme aller Gläubigen zu fördern, wozu auch der Kommunionempfang für die Gläubigen innerhalb der Eucharistiefeier und liturgische Bildung nahelegt wurden.
Christus möchte die Mitte seiner Kirche sein
Die Liturgie sieht heute vor, dass sich die Gemeinde vor der Fronleichnamsprozession zur gemeinsamen Eucharistie versammelt. Sie begegnet dabei ihrem gekreuzigten und auferstanden Herrn, der sich ihnen als Speise gibt. Anschließend verehren sie die gewandelte Hostie und tragen ihn in der Monstranz durch die Straße, streuen Blumen. Bleibt der Fokus auf die Begegnung mit Christus gerichtet, dann erinnert das Fest Fronleichnam daran, dass Christus in seiner Kirche gegenwärtig bleiben möchte, in besonderer Weise in den Sakramenten, anschaulich in der Eucharistie. So wird an Fronleichnam das gefeiert, was in jeder Messe begangen wird: Christus möchte bei seiner Kirche bleiben und ihre Mitte sein.
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