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Flüssige Freundschaft

«Das Christentum hat kein Monopol auf Nächstenliebe.», so heißt es gerne. Stimmt das? Jesus richtet ein ganz eigenartiges Monopol der Liebe auf: die Liebe Gottes. Im Zentrum steht die göttliche Barmherzigkeit. Und wenn einer das Monopol der Nächstenliebe behaupten kann, dann Gott selbst. Was hat das mit uns zu tun?

«Am größten aber ist die Liebe.», so sagt der Heilige Apostel Paulus. Die Liebe ist des Pudels Kern, was die Welt im Innersten zusammenhält. Der Mensch ist nicht Produkt des Zufalls, sondern Produkt der Liebe. Auf der natürlichen Ebene ganz klar: die Liebe von zwei Menschen. Auf der größeren Ebene: die Liebe Gottes. So wie zwei Menschen einander gewollt und so auch das dritte, das Kind, gewollt haben, so ist der Mensch Folge des göttlichen Willens. Er hat die Welt so eingerichtet, dass der Mensch darin vorkommt. Sogar soweit, dass die Welt auf ihn hin eingerichtet ist. Der Mensch steht im Zentrum der Welt, sie dreht sich um ihn, weil er in Gottes Liebe im Zentrum steht.

Doch was ist nun diese Liebe? Jesus sagt: Wie der Vater mich geliebt hat, so liebe ich auch euch. Auf der einen Seite der Vater, d. h. Gott in seinem Ursprung. Alle Flüsse haben eine Quelle. Wenn man alle Quellen zurückverfolgt, gelangt man irgendwann beim Vater. Aus dem Vater geht der Sohn hervor, d.h. aus der ursprünglichen Quelle kommt etwas und hat ein Ende. Dieses Ende, der See, das Meer, der Ozean ist der Sohn. Alles, was der Sohn hat, hat er vom Vater. Alles Wasser, was der See hat, hat der See aus der Quelle. Das Wasser, was Quelle und See verbindet, haben Quelle und See gemeinsam. So ist es auch mit Vater und Sohn: Was sie verbindet ist die gemeinsame Liebe. Diese Liebe ist der Heilige Geist.

Dieser Gott ist Liebe in sich. Gott ist Quelle und See und Wasser; alles zugleich. Wir Menschen haben mit der Liebe ein Problem. Wir sagen: Ich bin die Quelle und wenn du nicht willst, wie ich will, dann bekommst du nichts von meinem Wasser. Oder wir sagen: Was, liebe Quelle, du willst mit deinem Wasser zu mir kommen? Ich soll dich aufnehmen? Okay, aber nach meinen Regeln.

Wenn wir uns mit der Liebe beschäftigen, stellen wir fest, dass wir nicht so ganz das Gleiche wollen. Mann und Frau haben oft unterschiedliche Vorstellungen: von einander, vom Leben, von Gemeinschaft, von Lebenszielen. Was sie verbindet, ist oft ungleich, mit Vorbehalten versehen und zielt auf Unterschiedliches. Sie teilen dann nicht das gleiche Wasser. Es ist ein bisschen wie Süßwasser und Salzwasser, die aufeinander treffen. Und am Ende ist das Wasser zwischen beiden weder Süßwasser noch Salzwasser, sondern eine Plörre, die keinem von beidem entspricht noch gefallen kann.

Jesus sagt nun: Wenn ihr wirklich lieben wollt, dann müsst ihr mit einer Liebe verbunden sein. Ihr müsst ein Wasser teilen und nicht zwei zusammenfließen lassen. So wie Gott die Liebe ist, so sollt auch ihr die Liebe sein: Quelle, Wasser und See.

Diese Aufgabe ist für uns unmöglich! Jesus sagt ja, dass Gott so ist. Um daher so lieben zu können, so miteinander verbunden zu sein, muss man Gott sein. Wir sind nicht Gott. – Es ist kaum verwunderlich, dass der Mensch an dieser Aufgabe zerbricht. Kein Wunder, warum so viele Ehen zerbrechen. Der Mensch kann es gar nicht aus sich heraus.
Doch Jesus verheißt seinen Jüngern ungeheuerliches: So wie er vom Vater geliebt wird, mir der göttlichen Liebe, so liebt auch er seine Jünger. Jesus ist mit seinen Jüngern wirklich verbunden in der Liebe, wo nicht Süß- und Salzwasser aufeinander treffen, sondern wo es nur ein gemeinsames Wasser gibt, was allen entspricht. Er sagt: Wenn wir das tun, was er uns sagt, dann können wir auch so lieben, wie er liebt.

Wenn wir über Gott und die Liebe nachdenken, dann denken wir oft «von unten» «nach oben». Wir sagen: Die Liebe ist wie die Liebe von Vater und Sohn und meinen damit, dass unsere menschliche Liebe eine gute Metapher abgibt, um die Liebe Gottes zu beschreiben. Die Liebe Gottes ist die Kopie der Liebe eines menschlichen  Vaters zu seinem Sohn. Jesus sagt uns. Es ist genau umgekehrt. Nicht Gottes Liebe ist die Kopie, sondern unsere Liebe ist Kopie. Wir sollen nicht Gott nach unseren Vorstellungen messen, sondern uns nach an ihm messen. Wir sollen Maß an der Liebe nehmen, die Jesus und seinen Vater miteinander verbinden. Indem wir daran Maß nehmen, wächst unsere Liebe zur göttlichen Liebe heran. Diese „Maßnahme“, das Messen an Gott, nennt Jesus Freundschaft.

Wenn wir Freundschaft mit Jesus halten, also ihn mit der Liebe lieben, mit der er uns geliebt hat, dann können wir in allen Beziehung so lieben, wie er liebt. Dann wird unsere menschliche Liebe, die nie vollkommen ist, sondern immer Süß- und Salzwasser, zur göttlichen Liebe und so ein Wasser. Dieses eine Wasser, was alle miteinander verbindet, das ist der Heilige Geist. Den Heiligen Geist gibt Jesus jedem, der mit ihm verbunden sein will, in der Heiligen Taufe. Das Wasser, was einen in der Taufe umfängt, ist der Heilige Geist, der alles in göttlicher Liebe verbindet. Er schenkt uns das Wasser und somit die göttliche Liebe.

Evangelium zum Sonntag



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