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Finanzämter unterbesetzt, ob in Deutschland oder Afrika,

Gelder werden an Steuerbehörden vorbeigeschleust und über Steuerparadiese gewaschen. Damit geht Staaten viel Geld verloren, welches sie für öffentliche Investitionen und Dienstleistungen benötigen würden. Das wurde für Kenia und Sambia mit Zahlen belegt. Warum geht man dagegen nicht energisch vor? s. Steuervermeidung in Afrika bewirkt Migration

In dem Beitrag "Steuervermeidung in Afrika bewirkt Migration" wurde gezeigt, dass Entwicklungshilfe für Kenia und Sambia nicht nötig wäre, wenn dort alle Steuern entrichtet würden. Fakt ist, dass selbst Steuerbehörden in reichen Ländern wie Deutschland oder gar Bayern sich als unzureichend ausgestattet erachten, wenn es darum geht, Umfang und Ausmaß großer privater, betrieblicher und krimineller Vermögen zu ermitteln, denn:  Bei privaten, betrieblichen und kriminellen Großvermögen sind die „Assets“ international gestreut und verteilt, hochspezialisierte Beratungsgesellschaften wie PriceWaterhouse, Ernst & Young und viele andere verdienen viel Geld, gesetzliche Grauzonen so auszureizen, dass ihre „Steuersparmodelle“ bei einer gerichtlichen Überprüfung eine 50:50 Prozent Chance haben, als gerade noch im Rahmen der geltenden Gesetze durchzugehen.

Beratungsfirmen setzen viel mehr Personal ein als die Finanzämter

Diese Gesellschaften gehen davon aus, dass die Behörden ohnehin keine Kapazitäten haben, diesem nachzugehen: weitestgehend zu Recht: Eine Anhörung des Britischen Unterhauses, die 2012 Vorstehendes ans Tageslicht holte, fand auch heraus, dass die größten vier Beratungsfirmen 250 Experten für Transfer Pricing beschäftigen, die Steuerbehörden lediglich 65. Die Situation ist in Deutschland nicht viel anders: Gesprächspartner bei den Steuerbehörden beklagten, dass sie natürlich jährliche Steuererklärungen der Reichen und Vermögenden vorgelegt bekommen. Sie seien aber kaum in der Lage, herauszufinden, ob die dort gemachten Angaben den Tatsachen entsprechen. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht bereits 1991 gefordert, dass in solchen Fällen angemessene „Verifikationsmöglichkeiten“ bereitstehen sollen, also für Betriebsprüfungen – viel getan hat sich aber nicht, oft von der Politik damit begründet, man sei in Zeiten knapper Kassen gezwungen, Personal einzusparen. Dem widerspricht wiederum selbst der oberste Kassenwart: Der Bayerische Oberste Rechnungshof stellte 2012 ausdrücklich fest, dass der Staat überall an Personal sparen solle, nicht aber bei den Steuerbehörden.

Entsprechend dürfte nicht überraschen, dass eine Forschungsgruppe um Gabriel Zucman im September 2017 herausgefunden hat, dass Inhaber großer Privatvermögen in Deutschland Beträge in Steuerparadiesen gebunkert haben, deren Umfang bis zu einem Äquivalent von 16% des Bruttoinlandsprodukts betragen kann! Über betriebliche und kriminelle Vermögen haben wir dabei noch nicht einmal gesprochen.

Wenn dies schon in Deutschland so ist, mit seinen vergleichsweisen starken Institutionen, kann man sich die Zustände für Kenia und Sambia vorstellen.Das verdeutlcihen folgende Zahlen:
Bayern hatte 2014 Steuereinnahmen von 114 Milliarden Dollar bei 14.633 Finanzbeamten, das sind 1,15 Beamte pro 1.000 Einwohner bei einer Bevölkerung von 12,6 Millionen.
Kenia hatte damals Steuereinnahmen von 9,87 Milliarden Dollar bei 4.629 Finanzbeamten, das sind 0,104 pro 1.000 Einwohner, bei einer Bevölkerung von 45 Millionen.
Für Sambia kommen 0,099 Beamte auf 1.000 Einwohner bei einer Bevölkerung von 14 Millionen. 

Steuerschlupflöcher haben starke Lobbyisten

Sicherlich haben Sie im Hinterkopf, dass diese Steuertricksereien eingedämmt werden, da seit 2017 Steuerbehörden von über 100 Länder Daten über ihre Bürger austauschen. Nun, zum einen machen da nicht alle Staaten mit, etwa die USA, aktuell nach der Schweiz Steueroase Nr. 1, andere Staaten haben Vorbehalte und Übergangsfristen ausgehandelt. Dann muss man Daten auch verarbeiten können. Dazu ist Deutschland aktuell nicht in der Lage, da die Daten zwar beim Bundeszentralamt für Steuern eingehen, aufgrund der Unterschiede in den Steuerverwaltungen der Länder dann aber nicht angemessen verarbeitet werden können. Ab 2019 vielleicht, aber nur vielleicht. Und Afrika? Entwicklungshilfeorganisationen haben berechnet, und EU Experten bestätigen dies, dass die Länder südlich der Sahara bis zu 650.000 zusätzliche Steuerbeamten bräuchten, um überhaupt auf den Weltdurchschnitt kommen zu können – geschweige denn komplexere Operationen bewältigen zu können. Übertrieben? Schauen Sie auf die Zahlen oben, v.a. die Relation von Beamten zu Einwohnern.

Jetzt mag der einfache Bürger erneut fragen, wieso sich die Staaten der Welt dies bieten lassen. Unser Forschungsprojekt kommt zu dem Ergebnis, dass der aktive (Lobby-)Einfluss privater und betrieblicher Großvermögen mitverantwortlich dafür ist, dass der Kampf gegen diese Missstände nicht entschiedener geführt werden kann: Es wird alles unternommen, bestehende Schlupflöcher zu verteidigen oder zu vergrößern, und internationale Kooperationen zu verhindern, indem man unter dem Schlagwort „Steuerwettbewerb“ Staaten unter Druck setzt und mit dem Abzug von Vermögen, Kapital und Arbeitsplätzen droht. Ob dieser Druck „nur“ durch Lobbyismus oder durch Korruption aufgebaut wird, ist ein gradueller, nicht aber kategorialer Unterschied, da in beiden Fällen das Gemeinwohl leidet.

Die komplizierten Zusammenhänge werden mit mehr Zahlenmaterial dargestellt in 
Tax Justice and Poverty 

s.a. Steuervermeidung in Afrika bewirkt Migration

  



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