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Erst lesen dann zahlen

(explizit.net/ hinsehen.net) Ein Gastbeitrag von hinsehen.net, der katholischen Wochenzeitung für den deutschen Sprachraum

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Erst lesen, dann zahlen: “newspryng” erprobt neues Zahlmodell für digitalen Journalismus

(explizit.net/ hinsehen.net) Ein Gastbeitrag von hinsehen.net, der katholischen Wochenzeitung für den deutschen Sprachraum

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Erst lesen, dann zahlen: “newspryng” erprobt neues Zahlmodell für digitalen Journalismus

Die Gesamtreichweite der Print- und Digitalangebote von Zeitungen verzeichnet weltweit eine positive Entwicklung. Allerdings halten die Einnahmen aus dem Digitalbereich mit der Entwicklung nicht Schritt, was eine Gefahr für die Zeitungsunternehmen selbst und deren gesellschaftliche Rolle darstellt, so die Erkenntnisse aus der im Juni 2014 vom Weltverband der Zeitungen und Nachrichtenmedien (WAN-IFRA) vorgestellten jährlichen Branchenerhebung World Press Trends. Vielleicht kann daran ein neues Finanzierungsmodell für digitalen Journalismus etwas ändern: Bei "newspryng" zahlen die Leser/innen erst nach dem Lesen und das freiwillig. Noch steckt das Modell in den "Kinderschuhen", aber vielleicht gelingt es Matthew Chapman und Ben Hall langfristig für das "totgesagte" Abo-Modell bei digitalen Medien eine Alternative zu finden. In New Zealand hat Keith NG mit diesem Modell Erfolg gehabt und das zehnfache des normalen Freelancertarifs eingenommen. Allerdings noch nicht langfristig. Es ist also noch ein weiter Weg bis die Leser/innen den Paradigmenwechsel "erst lesen, dann zahlen" mitmachen.

Die World Association of Newspapers and News Publishers (WAN-IFRA) hat im Juni 2014 folgende Trends für die Zeitungsbranche weltweit bekannt gegeben:

- Die Printauflagen sind 2013 weltweit im Vorjahresvergleich um 2 Prozent gestiegen, im Fünfjahreszeitraum hingegen um 2 Prozent zurückgegangen. Rund 2,5 Milliarden Menschen in aller Welt lesen Zeitungen in Printform und rund 800 Millionen auf digitalen Plattformen.

- Die Erlöse aus Printwerbung sind 2013 weltweit im Jahresvergleich um 6 Prozent und im Fünfjahreszeitraum um 13 Prozent gesunken. Zwar legten die Einnahmen der Zeitungen aus Digitalwerbung 2013 um 11 Prozent und im Fünfjahreszeitraum um 47 Prozent zu, doch insgesamt verzeichnen die Zeitungen nur einen relativ geringen Anteil am gesamten Online-Werbevolumen. Der größte Anteil an Internetwerbung geht an eine Handvoll Unternehmen, das meiste davon an Google.

- Zwar ist bei den Erlösen aus Digitalwerbung weiterhin eine steigende Entwicklung festzustellen, doch machen diese nach wie vor nur einen kleinen Teil der Gesamteinnahmen der Zeitungen aus. Weltweit betrachtet entfallen 93 Prozent der Zeitungseinnahmen weiterhin auf Print.

- Die Reichweite kostenpflichtiger Digitalangebote von Zeitungen ist im vergangenen Jahr um 60 Prozent und in den letzten fünf Jahren um mehr als 2000 Prozent gestiegen, allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau.

Deutschland hat Nachholbedarf

In Deutschland gibt es noch einen Nachholbedarf in der Entwicklung von Modellen zur Finanzierung von digitalen Journalismus. Auch große deutsche Verlage haben hier noch keinen Durchbruch erzielen können, setzen jetzt aber verstärkt auf Pilotprojekte, um den sinkenden Printauflagen eine Erhöhung der Digitalauflage entgegenzusetzen. Dabei gibt es zwei Knackpunkte, die die Entwicklung hemmen: Einerseits die Tatsache, dass viele Anbieter das klassische Abo-Modell der Printausgaben eins zu eins auf ihre digitalen Ableger übertragen. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass jüngere Nutzergenerationen starre und langfristige Abo-Modelle klar ablehnen und sich nicht mehr an ein Medium langfristig "binden" wollen. Finanziell wie inhaltlich. Eine Alternative könnte die Bezahlung einzelner Inhalte sein, allerdings gibt es hier das zweite Problem: Denn andererseits haben sich Verlage in Deutschland noch kein einheitliches Bezahlsystem entwickelt, welches Leser/innen ermöglicht, sich die digitale Zeitung individuell aus mehreren Medienangeboten zusammenzustellen und dann gemeinsam auf einer Plattform zu bezahlen (welche die Gelder an die einzelnen Verlage weiterverteilt). Davon würden sowohl die Leser/innen als auch die Verlage / Medienhäuser profitieren.

Aber vielleicht zeigt der "newspryng"-Modellversuch in London, dass es vielleicht auch ein ganz neues Bezahlmodell benötigt: Erst lesen, dann zahlen. Doch dafür brauchen die Verlage Mut und finanzielle Rücklagen. Denn können mit diesem neuen Modell nur dann Geld verdienen, wenn sie vorab in den digitalen Journalismus investieren und die Leser/innen durch qualitativ hochwertige Beiträge überzeugen. Das geht aber nicht durch eins zu eins Ableger der Printausgabe im Web oder dadurch dass Verlage reine PDF-Versionen der Printausgaben verkaufen oder diese in Apps "quetschen". "Online only"-Artikel, multimediale Geschichten und die Verknüpfung mit den Social Media bieten stattdessen Chancen, Leser/innen zu erreichen.

Lesen Sie auch den Hintergrundartikel "Digitales Lesen 2014" hier.

Weitere Informationen zu newspryng hier: www.newspryng.co.uk und www.facebook.com/newspryng.

Christian Schnaubelt

P.S.: Ein Gastbeitrag von hinsehen.net, der katholischen Wochenzeitung für den deutschen Sprachraum


Schlagworte: #Medien

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