(explizit.net) Ebola-Epidemie, „Islamstaat“ und oft nur ein Drittel Ja-Stimmen zu seinem Kurs dazu nun auch bei Wählerinnen - über Präsident Obama schlagen die Wellen zusammen. Er enthielt sich also kurz der Hobbies, Golfen und Fundraising, und berief 18 Tage vor den Wahlen sein Kabinett ein. Barack H. Obama war verärgert, zumal der Direktor des Zentrums für Krankheitskontrolle, Tom Frieden, so unfähig wirkte. Er konnte kaum etwas erklären und kannte noch weniger Details. Ein Politikchorus forderte, ihn zu feuern. Obama setzte ihm mit Ron Klain den „Ebola Zar“ vor, einen Parteimanager ohne Fachwissen. Umstritten ist zudem, ob Visaverbote aus den drei am meisten betroffenen Ländern Westafrikas nötig sind. Aber selbst im Punkt „Islamstaat“ fehlen im Weißen Haus klare Vorgaben und Aktionen.
Der Liberianer Thomas E. Duncan brachte Ebola Ende September mit, verstarb dann in einem Hospital in Dallas. In Texas steckten sich die ihn pflegenden Krankenschwestern Nina Pham und Amber Vinson an. Letzterer erlaubte jene Behörde gar, im Flugzeug zu fliegen und Passagiere zu gefährden. Dies, und die Suche nach diesen, schaukelte sich zur Panik auf. Viele beschuldigen das Weiße Haus, seit März wenig gegen Ebola getan zu haben. Am jüngsten Wochenende widmete sich Obama wieder dem Fundraising für seine Partei.
Kurden
Auch die Bilder über das Ringen gegen den „Islamstaat“ sind wenig überzeugend. Eine Umgruppierung der Jihadis im syrischen Kubani stellen manche als Riesenerfolg hin. Sie übersehen aber Gefahren in al-Anbar sowie Bagdad samt Flughafen. Im Lichte der Ebola-Epidemie vermischen Politiker beide Themen. Der Republikaner Tim Murphy meinte am Sonntag, den 19. Oktober, mit Ebola umzugehen sei wie den Terrorismus zu bekämpfen: man müsse es einhundert Prozent richtig tun, während Ebola nur einmal durchzukommen brauche. So werden viele Grundfragen politisch vor den Wahlen zum Punkten benutzt.
Unverständlich bleiben die Inaktivitäten der westlichen Koalition. Zwar gab es eine wohl verbesserte Kooperation zwischen den kurdischen Kämpfern vor Ort in Kubani. Dennoch sind die Jihadis unter den schwarzen Bannern weithin auf dem Vormarsch. Ihre Initiative scheint weder in Syrien noch in Irak wirklich gebrochen zu sein. Trotz einer gezähmten Kriegsführung dokumentierte das syrische Zentrum für Menschenrechte am Donnerstag, den 16. Oktober, in einem Monat 662 Tote seit dem islamistischen Anlauf gegen Kubani am 16. September, darunter 374 Jihadis, 268 Kurden und 20 Zivilisten. All dies läuft nun unter den Augen türkischer Armisten ab - als Beobachter. Was ist das für eine Koalition?
Das Weiße Haus erklärte ein Telefonat zwischen beiden Präsidenten am Samstag, Obama und Recep Tayyip Erdoğan. Demnach besprachen sie, wie der Vormarsch der Jihadisten zu zügeln sei. Obama verwies zudem auf über eine Million Flüchtlinge, die die Türkei aufnahm, darunter tausende aus Kubani, indes Erdogan am selben Tage betonte, nicht die Hauptgruppe der Kurden in Syrien zu bewaffnen, die als terroristische Organisation gelte und mit der illegalen Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, verknüpft sei, die seit 30 Jahren im Südosten der Türkei Krieg führe. Also - Erdoğan verwirft eine kurdische Armee. Aber zum anderen fühlt er sich sicher, den Islamisten „Syroirakistans“ zu widerstehen. Am Freitag twitterte Außenminister Frank-Walter Steinmeier, „keine Frage, die PKK zu bewaffnen“, solange diese die Türkei mit neuer Gewalt bedrohe. Kann er das nun auch kontrollieren?
Resolutheit?
Es fragt sich wieder, wie Berlin sichert, dass Waffen nicht in die falschen Hände geraten. Daher trifft die Kritik des türkischen Ministers für Eurofragen, Volkan Bozkir zu, der aber unterlegte, Berlin würde insgeheim gewisse Gruppen mit Waffen beliefern. Hier muss volle Klarheit hergestellt werden. Man kann die PKK in der Europäischen Union nicht als Terrorverein einstufen, um ihr, wenn auch über Umwege, Waffen zukommen zu lassen. Dies kann und sollte aufgehellt werden. Wie wäre es denn, wenn Steinmeier mit seinem Amtskollegen in Ankara einen Fahrplan entwickelt, diese Kurdenfrage zu befrieden? Sie wird nicht leichter im aktuellen Konflikt und beide Länder innenpolitisch hineinziehen. Der Punkt kommt im jüngsten Anlauf Ankaras auf, der Europäischen Union beizutreten.
In der Kurdenfrage wird es allseits wenig glatt gehen. Im Irak erfreuten sich Kurden ihrer Autonomie, die sie verteidigen. Niemand kann ihnen verwehren, ihr Kurdistan zum Staat zu erheben, der wohl mit anderen Landesteilen föderativ kooperiert. Zwar steht es anders um Kurden in Syrien, jedoch wird es auch dort für sie Schritte geben, zumal sie immerhin kämpfen und der Koalition zuarbeiten. Deren Aktionen gab das Pentagon am 15. Oktober den Titel „Operation Inherent Resolve“: Für die standhafte Entschlossenheit Amerikas und seiner Partner in Mittelost und der Welt, die Terrorgruppe „Islamstaat“ zu beseitigen samt der Bedrohung für den Irak, für die Region und die weitere globale Gemeinschaft.
Allerdings muss sich die Koalition diesen Namen erst noch verdienen. Die Worte ihres Kommandeurs des Zentralkommandos enthielten am Freitag zu viele Floskeln. Niemand denkt wohl, dass General Lloyd J. Austin seine Pläne aufrollt. Doch sollte er erklären, in welchen Phasen der Kern von 20 Staaten vorangeht. Dass der Konflikt noch weit weg sei, vorbei zu sein, kann jeder Laie verfolgen. Auch sind die Luftangriffe, gestützt durch die kurdischen Zieldaten zwar verstärkt worden, doch bleiben sie bei zehn Angriffen am Tag. Austin hingegen sprach von strategischer Geduld. Wie lange soll das denn weitergehen?
Plusminus
Dennoch schreiten die Jihadis des „Islamstaats“ in der al-Anbar Provinz, wo Anfang des vorigen Jahres zuerst al-Falluja fiel, und um Bagdad voran. Sie nähern sich in sehr langen Bögen den Grenzen zu Syrien, Jordanien und Saudi-Arabien. Iraks neuer Premier Haider al-Abadi bleibt indes stecken. Die Posten seiner Innen- und Verteidigungsminister sind noch zu besetzen, während Bagdad diverse Wellen der Suizidbomber sturmreif machen.
Amerikaner begrüßen den Verfall des Erdölpreises um ein Viertel. Ihr Land hat sich zum weltweit größten Produzenten entwickelt. Die Schattenseite bildet global ein Verfall der Kaufkraft von Europa über Russland bis China. Besonders hart betroffen sind Iran, Irak, Kuwait und Venezuela. Der US-Boom erlaubt eine bis 2015 anhaltende Preishalbierung.
Angela Merkel betonte in ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag am 16. Oktober 2014, die Terrororganisation „Islamstaat“ bedrohe Mittelost in völlig neuer Qualität, gar die gesamte freie Welt. Deshalb müsse sie als globale Herausforderung begriffen werden, „der wir uns gemeinsam zu stellen haben.“ So könnten etwa zwischen Europa und Asien Reisen möglicher Jihadisten eingedämmt werden. Man möge sich dazu austauschen, wie der Radikalisierung wirksam zu begegnen ist. In der Tat, dies wäre eine Dejihadisierung. Bis dahin ist es ein langer Weg, der sich um die Inaktivität westlicher Führer verlängert.
<emphasize>Wolfgang G. Schwanitz</emphasize>
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