Das Johannesevangelium stellt die schwierigste Frage überhaupt: «Wohin sollen wir gehen?» Das Wirken Jesu in der Öffentlichkeit beginnt schon damit. Die ersten Jünger fragen: «Herr, wo wohnst du?» Es gibt einen inneren Zusammenhang zwischen diesen beiden Fragen. Denn es geht hier nicht um einen einfachen Menschen, sondern um Gott selbst, um den Sinn des Lebens. Wo finden wir «Worte Ewigen Lebens»? Das ist die Frage.
Jeder Mensch steht in der Spannung dieser Fragen. Er sucht die Worte Ewigen Lebens. Einmal steht da das «noch nicht». Ich habe noch nicht die Worte Ewigen Lebens gefunden. Auf der anderen Seite steht das «dort». Ich habe dort die Worte Ewigen Lebens gefunden. Ich weiß, wohin ich gehen muss.
Jesus gibt eine klare, aber harte Antwort auf die Spannung. Er selbst ist das Wort Ewigen Lebens. Das Wort ist Fleisch geworden und wer an diesem Fleisch teilhat, der hat teil am Ewigen Leben. Jesus ist das «dort». Wir stehen im «noch nicht». Wer auf Jesus hört und das fleischgewordene Wort in sich aufnimmt, kommt vom «noch nicht» zum «dort».
Viele Jünger, nicht die Zwölf, sondern ein größerer Kreis, lehnen die Antwort auf die Spannung, Jesus, schließlich ab. Sie bleiben nicht, sondern sie gehen. Ihre Spannung zwischen «noch nicht» und «dort» bleibt. Bei den bleibenden Jüngern dagegen geht die Spannung. Und nun holt Petrus zum Gegenschlag aus: «Wenn ich nicht bleiben würde, sondern gehen, wohin sollte ich denn gehen?» Wenn Jesus keine Worte Ewigen Lebens hat, denn das ist die logische Konsequenz, dann hat niemand Worte Ewigen Lebens. Entweder Jesus ist die Antwort oder es gibt keine Antwort.
In einer anderen Rede sagt Jesus es ebenso deutlich: «Ich bin das Licht der Welt. Wer mir folgt, wird gewiss nicht in der Finsternis umhergehen, sondern das Licht des Lebens haben.» (Joh 8,12) Wenn Jesus nicht das Licht der Welt ist, dann gibt es kein Licht der Welt. Wer nicht mit Jesus umhergeht, der geht im Dunkeln umher.
Der Atheismus sagt zum Christentum, dass Jesus nicht Gott ist. Sie lehnen Jesus Christus ab. Wenn Jesus nicht Gott ist, aber die Christen ihn als Gott behandeln, dann ist Jesus ein Götze; ein Götterbild, das kein echtes Bild Gottes ist. Petrus gibt auf diesen Vorwurf den besten Einwurf: Wenn Jesus nicht das echte Bild Gottes ist, sondern nur ein Götze, dann zeigt mir das wahre Bild Gottes! Zeigt mir den Weg, wo ich Worte Ewigen Lebens finden kann! – Bisher gab es keinen einzigen Menschen, der auch nur den Hauch einer überzeugenden Antwort auf diese Gegenfrage hatte. Alle Einwände gegen Jesus wenden sich gegen den, der Jesus ablehnt. Denn alle Einwände funktionieren ebenso gegen seine eigene Antwort auf die Frage: «Wohin sollen wir gehen?»
Wenn der Atheist nun sagt: Das ist der Sinn des Lebens! Dann fragt Petrus dagegen: Woher weißt du das? Warum ist das, was du da gerade sagst, kein Götze? Spricht nicht der gleiche Grund, den du gegen Jesus hast, auch gegen dich?
Oder der Atheist sagt: Wenn ich Jesus nachfolgen würde, dann müsste ich meinen Verstand abgeben. Dann fragt Petrus zurück: Wenn du deinem Sinn des Lebens nachfolgst, dann musst du deinen Verstand abgeben. Denn, was du unter «Verstand abgeben» verstehst, gilt ebenso für deinen Sinn des Lebens!
Oder er sagt: Wenn ich Jesus nachfolgen würde, dann würde ich einsam werden wie seine Jünger. Alle würden mich verlassen, weil ich mich auf dieses verrückte Wort einlasse! Petrus könnte sagen: Wenn du deinem Sinn des Lebens folgst, dann würdest du viel einsamer sein, denn es gibt ja nur eine Person, die an diesen Sinn glaubt: Du selbst. Die Leute, die dich nicht verlassen, verlassen dich auch, sobald du nicht bloß ablehnst, sondern für etwas einstehst. Sie haben doch die gleichen Einwände gegen dich, wie sie Einwände gegen Jesus haben.
Das Bekenntnis des Petrus: «Wohin sonst?» ist das stärkste Argument für die Wahrheit Christi. Es teilt die Welt in zwei Reiche: die Dunkelgänger und die Lichtgänger. Entweder gesteht man sich ein, im Dunkeln zu laufen und hoffnungslos umher zu irren, oder man lässt sich auf Jesus ein und läuft zielgerichtet im Licht Gottes auf Gott zu. Das ist die wahre Grenze zwischen den Jüngern Jesu und denen, die Jesus ablehnen.
Wir leben heute in Tagen, in denen diese Grenze deutlich wird, wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Die psychologischen Praxen sind voll, die rhythmischen Wiederbelebungsversuche durch dröhnende Bässe in den Diskotheken und Clubs der «Weekend Warriors» ebenso. Und nach zwei Bier am Tresen hört man das geistliche Vakuum der Menschen sehr deutlich und erschreckend freimütig. Sie alle wissen nicht weiter, nicht ein noch aus und statt den wahren Weg zu suchen, torkeln sie durch die Gassen dunkler Stadtnächte. Dagegen leuchten die Jünger Jesu: Entschiedenheit, Festigkeit, Zielstrebigkeit, Güte, Freude, Bereitschaft.
Die einen irren umher, die anderen haben ihr Ziel gefunden: «Herr, du hast Worte Ewigen Lebens!»
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