(explizit.net) Viele sinnstiftende Angebote und Religionen, die verstärkt an Attraktivität gewinnen, werden die katholischen Gemeinden künftig zu einer noch energischeren Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt veranlassen. Das wird für die Kirche nichts Neues sein, denn schon die Johanneische Gemeinde hatte ähnliche Identifikationsanstrengungen hinter sich. Sie lebte in einer national gemischten, aber von Juden dominierten Umwelt. Andere Gemeinsamkeiten gibt es ebenfalls: Auch damals waren die Gemeinden gut vernetzt. Zwei Jahrtausende später ist es das Internet, welches diese Vernetzung beschleunigt und der Gemeinde der Zukunft das „Profil schärfen“ erleichtern wird.
Evolution der Gemeinde
Schaut man in die Städte, fällt ein kontinuierlicher Wandel der Gemeinden auf, der die ländlichen Regionen langsam beginnt abzuhängen. Dies ist unter anderem mit der zunehmenden Urbanisierung zu begründen. Dieser Kontrast in der Entwicklung zwischen Stadt und Land ist signifikant für den Wandel der Kirche in Deutschland. Die zunehmende Urbanisierung wird vermehrt dazu beitragen, die Praxeologie der Gemeinde neu zu definieren, so werden in 10 bis 20 Jahren viele Gemeinden nicht in der Form existieren, die sie heute noch nach Außen kennzeichnet. Die neuen Gemeindeformen werden sich topologisch und soziokulturell der demografischen Entwicklung anpassen müssen und sollten sich für ein stärkeres „Gemeindeprofil“ entscheiden. Mit Profil sind hier Züge gemeint, die eine Gemeinde nach Außen kennzeichnen wie: charismatische Personen, besondere spirituelle Formen, Inhalte oder Aktivitäten. In der künftigen Vielfalt der sinnstiftenden Angebote ist es unabdingbar ein „Gesicht“ zu besitzen, um die Menschen, die zunehmend die Gemeinden nach eigenen Interessen aussuchen, anzusprechen.
Konsum hat uns verändert – Menschen suchen sich zunehmend eine Gemeinde
Die Zeit ist zuerst einmal geprägt von Konsum, Marketing und Angebot. Es steht außer Frage, dass diese Mechanismen maßgeblich unsere Denkmuster beeinflussen und Auswirkung auf unser Verhalten bezüglich Auswahl und Wahrnehmung von Weltanschauungsangeboten haben. Die negativen Facetten hoher Produktvielfalt sorgen für einen Effekt, der in der Terminologie der Marketingforschung mit „Konsumentenverwirrtheit“ diskutiert wird. Durch die Vielfalt der Möglichkeiten im Leben und im Konsum werden wir zunehmend orientierungsloser. Das bleibt nicht ohne Folgen. Um erste Anhaltspunkte in dieser Orientierungslosigkeit zu gewinnen, wählen wir aus, was herausragt, auffällt, sich abhebt. Das führt dazu, dass der Mainstream in den städtischen Regionen ins Belanglose zu versinken droht. Für die katholischen Gemeinden bedeutet das, dass sie in den Städten mit vielen anderen Angeboten konkurrieren müssen. Sie müssen sich auf einzelne Zielgruppen einstellen, die dann auch mehr ihre Gemeinde selbst bestimmen wollen. Das rückt den missionarischen Aspekt wieder in den Vordergrund, denn zu lange schon rotierte das Gemeindeleben um sich selbst. So entsteht aber kein signifikantes Profil, welches Außenstrahlung entfaltet, um Suchende zu erreichen. Außerdem sieht man sich zunehmend in Konkurrenz zu anderen Religionen, spirituellen und esoterischen Angeboten und Gruppierungen.
Bekenntnis-Christentum in der Stadt
Um sich von der "Konkurrenz" überzeugend abzuheben, muss eine Gemeinde selbst ein Charisma nach Außen ausstrahlen. Sie muss ihre starken Eigenschaften kanalisieren und sich auf wenige, aber gute Qualitäten beschränken und diese hervorheben. Personen und spirituelle Angebote müssen in den Vordergrund gerückt werden. Gelingt dies, wird diese Gemeinde zu einem attraktiven Ort in der sich ein "urbanes Christentum" mit seiner Vielfalt neu wiederfinden wird. Diese "Stadtchristen" werden sich zur ihrer Religion bewusster bekennen und genauer wissen, was sie wollen und was nicht. Hier kann das Internet der Kirche ein hilfreiches Werkzeug für die Profilierung sein und als Medium der Information und Verkündigung dienen. Da in Zukunft alle online sein werden, ist die Möglichkeit der Erreichbarkeit um ein Vielfaches höher als es noch heute ist, denn nur wer „drin“ ist wird wahrgenommen, wer dazu noch ein Profil besitzt, umso mehr.
Zu den Chancen, die das Internet eröffnet, folgt ein weiterer Beitrag.
<emphasize>Thomas Porwol </emphasize>
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