Arnsteiner Bibel, Lukas, Foto H.Zimmermann

Die Arnsteiner Bibel – Kleinod von der Lahn

Das Kloster Arnstein hoch über der Lahn war ein Eldorado für Bücherschreiber im Mittelalter, im 19. Jahrhundert avancierte es zum Ziel von britischen Büchersammlern und Bibliotheken. Dadurch verlor der kleine Ort an der Lahn zahlreiche bibliophile Schätze, darunter die sogenannte "Arnsteiner Bibel". Zwei Faksimile-Blätter zeigen die hohe Kunst.

Die Mönche des Gründungskonventes von Kloster Arnstein kamen 1139 aus dem Kloster Gottesgnaden bei Calbe in Sachsen. Sie zogen aus dem östlichen Missionsgebiet nach Westen, weil ihr Ordensgründer, Norbert, aus Xanten stammend, Erzbischof von Magdeburg geworden war. Gemäß den Statuten des Ordens der Prämonstratenser brachten sie neben notwendigem Hausrat sieben Bücher mit: Psalter, Hymnar, Kollektor, Antiphonar, Graduale, Regel und Missale. Dieser Grundstock der Klosterbibliothek wurde durch Schenkungen und Kauf, aber vor allem durch die Einrichtung eines Scriptoriums vergrößert. Hier schrieben die Mönche liturgische und andere Bücher ab und illustrierten sie auch. Aus den ersten dreißig Jahren des Arnsteiner Scriptoriums ist das Gebetbuch der Stifterin Guda erhalten. In seiner Blütezeit in den siebziger Jahren des 12. Jahrhunderts entstanden die künstlerisch schönsten und wertvollsten Codices: ein dreibändiges Passionale, das Kreuzeslob von Hrabanus Maurus und insbesondere die beiden Bände der Arnsteiner Bibel. Mitte des 13. Jahrhunderts wurde das Scriptorium aufgegeben.

Paradestück der British Library – 850 Jahre alte Bibel aus Kloster Arnstein

Die berühmte „Arnsteiner Bibel“ hat der Mönch Lunandus von 1170 bis 1172 geschrieben. Viel weiß man nicht über ihn, wohl aber, dass er der erste namentlich bekannte Mönch des Klosters Arnstein war. Sein Original, das heute einen nicht mehr in Geld berechenbaren Wert darstellt, wird seit knapp dreihundert Jahren in London aufbewahrt. Wie kam es dazu? Der Agent eines Londoner Buchhändlers kaufte 1717 die „Arnsteiner Bibel“ zusammen mit zahlreichen anderen wertvollen Handschriften von Bibliotheken an Mosel und Rhein auf. In London erwarben die Büchersammler Lord Robert Harley (1661–1724) und sein Sohn Edward Harley (1689–1741) die Arnsteiner Bibel von ihrem Buchhändler Humfrey Wanley. Nach dem Tod der beiden Büchersammler übernahm die britische Regierung 1753 deren wertvolle Handschriftensammlung für zehntausend Pfund. Sie wurde so zum Grundstock der heutigen British Library. In deren Showroom wird die „Arnsteiner Bibel“ als einer ihrer größten Schätze von Zeit zu Zeit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die Arnsteiner Bibel zeigt in ihrer Sorgfalt und künstlerische Ausdruckskraft, welch tiefe Verehrung die Mönche der Bibel entgegenbrachten, Texte, mit denen sie sich täglich beschäftigen und die sie im Chorgebet rezitieren.

Eingangsseite von Lukas- und Johannesevangelium

Für eine Faksimileausstellung mittelalterlicher Handschriften im Kloster Arnstein 2009 wurden zwei der schönsten Blätter der Arnsteiner Bibel faksimiliert: der Anfang des Lukasevangeliums und die erste Seite des Johannesevangeliums. An ihnen ist sehr schön die besondere künstlerische Gestaltung der Arnsteiner Bibel zu erkennen: Sie orientiert sich in Motivik und Stil an der Kunst der Rhein-Maas-Region, speziell an der großen Bibel des Klosters Floreffe bei Namur in Belgien. Durch Vermittlung von dessen Filialkloster Rommerskirchen am Rhein wurde sie zur konkreten Vorlage für den Schreiber und die Buchmaler der Arnsteiner Bibel. Besonders bemerkenswert die die Ranken-Initialen, von denen einige figürlichen Schmuck haben. So zeigt die Initiale des Lukas-Evangeliums den Evangelisten mit Schreibpult und wie er seine Feder in ein Tintenfass eintaucht. Das große "Q" steht für den ersten Buchstaben des Anfangswortes "Quoniam" des Lukasevangeliums, "Obwohl schon viele vor mir die Ereignisse ....aufgeschrieben haben...will auch ich sie der Reihe nach für dich, Theophilus, aufschreiben..." Ein schönes ironisches Detail dabei ist, dass ein sich ringelnder Drache, Symbol des Bösen, das Schwänzchen des "Q" bildet.

Den Beginn des Johannes-Evangeliums markieren die Initialen "IN": "In principio erat verbum et verbum ....", so steht es auch auf dem Schriftstück, das der Evangelist Johannes in der figürlichen Darstellung der Buchmalerei in der Hand hält. "Im Anfang war das Wort..." Der Adler, das Tiersymbol des Evangelisten, scheint Johannes unter der segnenden Hand von Christus den Text seines Evangeliums einzuflüstern.


Kategorie: Orte

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