Papst Franziskus‘ Demut bringt ihn ins Time Magazine
(explizit.net/kath.de) Papst Franziskus ist vom Time Magazine zum Mann des Jahres 2013 gewählt worden. Dadurch wird deutlich, dass Jorge Mario Bergoglio, der Bischof vom „anderen Ende der Welt“ innerhalb weniger Monate das Paradigma von Berühmtheit, Öffentlichkeitsarbeit und Imagekampagnen radikal umgedreht hat. Franziskus wird gerade deswegen öffentlich geschätzt, anerkannt und respektiert, weil er bescheiden und demütig auftritt, unbequeme Dinge sagt und gerade nicht um die Aufmerksamkeit buhlt, die ihm geschenkt wird.
Er bringt seine Themen ein und ist den Menschen nahe. Deshalb hat sich nach seiner Wahl im März dieses Jahres die mediale Berichterstattung über Vatikan und Kirche gewandelt, das Image des Papstamts hat eine Kehrtwende gemacht.
Das Image-Paradigma
Das Paradigma von Berühmtheit in der medialen Öffentlichkeit funktioniert wie folgt: Berühmte Personen sind oder werden deshalb berühmt und gegebenenfalls beliebt, weil sie berühmt oder beliebt werden wollen oder sollen. Sie selbst oder ihre Manager sorgen dafür, dass sie durch gezielte Medienkampagnen eine mehr oder weniger große mediale Aufmerksamkeit erreichen. Dahinter steht oftmals auch ein finanzielles Interesse. Nicht selten gehen diese gewollte Berühmtheit und das Buhlen um Aufmerksamkeit, um mehr Twitter-Follower, um Facebook-Fans und Fotos auf roten Teppichen einher mit relativ großer Aufmerksamkeit. Unvorteilhafte Fotos, schlechte Schlagezeilen und üble Nachrede sind dabei nicht selten an der Tagesordnung. Um einer größeren Aufmerksamkeit willen wird dies jedoch nicht selten in Kauf genommen, nach dem Motto: „Bad press is good press.“ Auch abseits der Stars- und Sternchenwelt und der sogenannten „Promis“ aller möglichen Kategorien, gibt es ein Interesse an positiver Öffentlichkeitsarbeit. Auch Politiker wie der US-Präsident haben PR-Berater. In der Politik geht es häufig darum, sein Gesicht zu wahren, das „Image“ nicht zu gefährden.
Papst Franziskus will nicht auffallen, deshalb fällt er auf
Darum geht es Papst Franziskus nicht. Wenn er das Image der Kirche in den vergangenen neun Monaten seit dem 13. März verändert hat, dann nicht, weil er es verändern wollte. Als er am Gründonnerstag Strafgefangenen die Füße wusch, salbte und küsste, tat er dies nicht, um damit Aufmerksamkeit zu erregen, sondern weil er es für richtig hielt, zu denen zu gehen, die gedemütigt sind, am Rand der Gesellschaft. Schnell wurde ihm vorgeworfen, er täte dies nur, um Aufmerksamkeit zu erheischen. Er breche mit der Tradition, Priestern in der Lateranbasilika in der traditionellen päpstlichen Gründonnerstagsliturgie die Füße zu waschen.
Diesen Vorwurf muss der Papst aushalten. Das Argument der absichtlichen, zur Schau gestellten Demut, lässt sich folgendermaßen entkräften: Ich möchte etwas tun, weil ich es für richtig halte. Ich handle mir mit dieser Tat eventuell den Vorwurf ein, es
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zu tun,
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damit etwas anderes zu erreichen. Wenn ich es nun aber unterlasse,
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diesem Vorwurf zu entgehen, dann unterlasse ich es
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,
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dem Vorwurf zu entgehen und befinde mich in derselben Logik, als wenn ich es tue. Also kann ich es genauso gut tun. Diese Logik kann natürlich nicht verabsolutiert werden. Sie ist kein notwendiger Garant für die Korrektheit meiner Handlung. Ich kann damit aber meine Motivation überprüfen und solche Vorwürfe entkräften.
Demut zweier Päpste
Diese Demut beginnt aber nicht erst bei Papst Franziskus, vielmehr darf der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. auch in diesem Licht gedeutet werden. Er hat seine eigene (Alters-) Schwäche erkannt und anerkannt und deshalb seine Person in den Hintergrund gerückt. Dadurch hat er das Papstamt gestärkt und sich persönlich Respekt und Anerkennung eingehandelt. Er hat diesen Schritt aber nicht getan, um respektiert und anerkannt zu werden, sondern weil er den Rücktritt an sich für richtig und angemessen hielt. Indem er bekanntgab, sich zurückzuziehen und sein Amt aufzugeben, muss ihm zwar klar gewesen sein, dass dieser Schritt nicht medial unkommentiert bleiben konnte. Der Grund für seinen Rücktritt war aber nicht, das Image des Papstamtes oder der Kirche zu verbessern.
Die Logik der Demut
So funktioniert nämlich nicht die Logik der Demut. Wenn die Welt Papst Benedikt wegen seines Rücktritts respektiert oder bewundert, dann tut sie es nicht, weil er respektiert oder bewundert werden will. Das Motto ist nicht: “Meine größte Tugend, was ich am meisten an mir bewundere, ist meine Bescheidenheit.” Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus begannen ihr Pontifikat auf der Mittelloggia des Petersdoms beide mit Worten und Gesten der Demut. Papst Benedikt sagte dort im Jahr 2005: „Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn.“ Diese Demut hat er nicht nur mit seinem Rücktritt vom Papstamt bewiesen. Franziskus zeigte seine Demut, indem er sich zu Beginn seines Pontifikats vom Volk auf dem Platz segnen ließ bevor er selbst seinen ersten „Urbi et Orbi“-Segen sprach. Dies tat er nicht, um seine Demut zu zeigen, sondern um sich vom Volk segnen zu lassen, seinen Dienst unter den Segen des Volkes zu stellen. Kurz darauf sagte Papst Franziskus im Interview mit der Jesuiten-Zeitschrift „Civiltà Cattolica“ auf die Frage, wer er sei: „Ich bin ein Sünder.“
Das „Image“ der Armut
Der Papst hat – mit Christus – die Menschen in den Mittelpunkt gestellt; er geht zu denen, die am Rande stehen, die gerade nicht berühmt, anerkannt oder respektiert sind. Eine Kirche der Armen, die Papst Franziskus sich wünscht, ist gerade keine Kirche, die um jeden Preis ihr Image wahren will. Das kann sie auch gar nicht. Das Gesicht, also das „Image“ der Armut ist nämlich nicht schön anzusehen. Das geht nur mit den Augen Christi. Für diesen Blick, diese Öffentlichkeitsarbeit steht Papst Franziskus. An Weihnachten kann man diese Logik verstehen lernen: Gott kündigt die Geburt seines Sohnes nicht mit einer PR-Kampagne bei den ‚wichtigen‘ Leuten an, sondern er schickt seine Boten zu den Ausgestoßenen, den Outlaws der Zeit, den Hirten auf dem Feld. Sie sollen ihn empfangen, wenn er in ärmlichsten Verhältnissen in einem Stall geboren wird. Das gängige Paradigma von Imagekampagnen und PR ist damit durchbrochen.
<emphasize>Matthias Alexander Schmidt</emphasize>
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