Dem Untier in den Rachen fassen, Vezelay, F: explizit, E.B.

Der Missbrauchs-Bluff des Synodalen Weges - ein Kommentar

Der Synodale Weg ist unzufrieden mit den erzielten Ergebnissen. Mit Recht. Das ursprüngliche Ziel, ein entschiedener Ruck in der Missbrauchsfrage, ist nicht zu spüren. Mit Recht. Statt Aufarbeitung ein Präventionspapier von drei Seiten. Andere Themen haben Vorrang erhalten, das haben auch die Konservativen geschehen lassen, nicht ohne Grund. Ein Kommentar.

Wenn über das Gelingen der vierjährigen Beratungen gesprochen wird, kommt der eigentliche Anlass für das Unternehmen nicht mehr vor. Nicht der Sexuelle Missbrauch sondern die Segnung homosexueller Paare und Frauen auf der Kanzel waren die letzten Themen. Rom moniert das Steckenbleiben. Wer das selbstgesteckten Ziel aus dem Auge verliert, muss ein ungutes Gefühl haben. Das kirchlich-spirituelle Defizit besteht weiter:

Die neue Sexualmoral bleibt sprachlos gegenüber den langfristigen Schäden

Das Problem kann nicht mit ein paar Regeln zur Prävention und Verpflichtungen für Fortbildungen aufgearbeitet werden. Die Frage blieb liegen, wieso einer Institution, die Kindergärten betreibt, Kinder zur Erstkommunion begleitet, Schulen und Internate unterhält, Jugendverbände fördert, die Folgen des Missbrauchs jahrzehntelang verborgen bleiben konnten, so dass die Verantwortlichen erst darauf aufmerksam gemacht werden mussten.
Was hat der Synodale Weg unternommen, dass die Täter sich ihren Opfern stellen? Solange diese nicht umkehren, bleibt der Missbrauch wie eine Wolke über der Institution hängen. An kirchlichen Gerichten oder in anderen Zusammenhängen, in denen Täter auf den Missbrauch angesprochen werden, wurde immer wieder erlebt, dass die Täter leugnen oder ihre Übergriffe herunterspielen. Gibt es wenigstens eine Erwähnung dieses Problems, dass die Täter uneinsichtig bleiben? Ein Sportverband oder die Medienunternehmen können es bei dem bewenden lassen, was der Synodale Weg an seinem Ende hervorgebracht hat. Aber eine Kirche, eine " Heilsanstalt" steht unter einem anderen Anspruch. Früher wurde das Reue genannt. Wie will der Synodale Weg ohne Reue einen Kulturwandel herbeiführen? Das geht dann doch nur mit strengerer Kontrolle. Die lässt mit der Zeit nach und dann wird man in 10 Jahren den gleichen Aufschrei haben. Dass die Medienszene sich von den Übergriffen auf Frauen gänzlich befreit oder die Schwimm- und Turnverbände keine Übergriffe mehr zu verzeichnen haben werden, wird doch keiner erwarten, der sich um eine realistische Wahrnehmung bemüht. Warum dann von einer Kirche, die doch „Umkehr“ in ihren Gründungsdokumenten stehen hat. Also erst Mal keine Aufarbeitung, die Voraussetzung für einen Kulturwandel wäre. Das heißt auf Risiko fahren, indem man wartet, bis ein Kind Auffälligkeiten zeigt. Diese Warteposition, die immerhin ins zwölfte Jahr geht, erhält von Rom eine vernichtende Diagnose

Eine römische Stimme:

„wenn man ständig von neuen Gutachten und Studien mit denselben bestürzenden Erkenntnissen hört, die den Eindruck zementieren, dass die Kirche nichts dazu lernt! Aus psychologischer Sicht ist das so zu erklären. Wenn Sie sich mit einer Institution identifizieren, und es kommt ein Skandal nach dem anderen, dann entsteht die Empfindung: Es hört nicht auf! Es kommt Verantwortungsträgern wie Kirchgängern vor wie eine 13-jährige Sturmflut. Bischöfe, Provinziale, wir als Kirche sind ständig einem Nachrichten-Tsunami ausgesetzt, und das hinterlässt Spuren – an denen, die das Missbrauchsthema fernhalten wollen wie an denen, die sich für Aufklärung und Aufarbeitung engagieren. Dabei gibt es Instrumente, diesem Empfinden zu begegnen. Es fehlt bloß der Mut, sie zu ergreifen.“

Hans Zollner in der Augsburger Allgemeinen vom 7.3.23. Der Jesuit leitet das römische Child Protection Center, ist weltweit beratend unterwegs und kann sich ein Urteil erlauben.

Der Synodale Weg spiegelt die deutsche Kirche

Es sind ja dieselben Leute, die seit 12 Jahren Akten auswerten lassen und warten. Dafür haben sie eine interessante Strategie entwickelt, wie sie das Thema auf ein Abstellgleis schieben, ohne dass selbst die Journalisten das merken. Fragt man nach, was die vierjährigen Beratungen hinterlassen haben, dann kommt als erstes der Konflikt mit Rom. Dann etwas zu den Homosexuellen und Frauen in Leitungsämtern. Wie konnte der Synodale Weg es hinbekommen, auch das Missbrauchs-Problem weiter auf die lange Bank zu schieben. Die Ohnmacht des deutschen Katholizismus gegenüber sich selber zeigt sich auch an den Konservativen. Sie sind irgendwie dagegen, aber auch nicht dafür, mit dem Problem endlich aufzuräumen. Wie die Konservativen können auch die Anhänger der Sexuellen Revolution kein tiefgehendes Interesse an der Aufarbeitung haben. Sie haben den Missbrauch „missbraucht“, um lang gehegte Reformideen umzusetzen.  

Der Missbrauch stellt das Kirchenbild der Konservativen infrage

Von Beginn an stand der Synodale Weg unter dem Vorbehalt der als konservativ bezeichneten Bischöfe und auch von Frauen, die sich nicht den Forderungen ihrer Geschlechtsgenossen nach dem Umbau der Kirche anschließen wollten. Warum haben diese das Missbrauchsthema nicht auf dem Hauptgleis der Beratungen gehalten? Bestätigt sich hier fatal, dass die Konservativen nicht vorangehen konnten, weil ihr Kirchenverständnis die Vertuschung befördert hat. Die Heiligkeit des Priesteramtes hat dazu geführt, Missbrauch einem Priester überhaupt nicht zuzutrauen. In der Kirche mit vier Sonntagsmessen, Schlangen vor den Beichtstühlen, Marien- und Herz Jesu Verehrung kam der Missbrauch erst gar nicht zur Sprache. Allerdings auch die Protagonisten sexueller Freiheit konnten nicht auf das Thema einsteigen, es hätte ihrem Reformpapier, einer erneuerten Sexualmoral, die Plausibilität entzogen.

Der Höhepunkt der Übergriffe im Gefolge der Sexuellen Revolution

Die Progressiven, die in einer rigiden Sexualmoral das Problem sehen, waren ebenso an der Verschiebung auf ein Abstellgleis interessiert. Ihre neue Sexualmoral erwähnt den Sexuellen Missbrauch nur am Rande. Das Neue ihrer Sexualmoral liegt darin, sexuelle Beziehungen nicht nur den verschieden-geschlechtlichen Partnerschaften vorzubehalten. Es heißt ohne Einschränkung in Nr. 2 der Grundlinien:

„Unverzichtbares Gestaltungsprinzip von Sexualität ist die wechselseitige, liebende Achtung der Würde des Gegenübers wie der Würde der eigenen Person. Eine solche Achtung gilt es auch jeder Form geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung entgegenzubringen. Sowohl sexuelle Orientierung als auch geschlechtliche Identität sind das Ergebnis eines persönlichen Wachstumsprozesses. Deshalb verbieten sich alle Formen von Diskriminierung… „

Mit diesem Text können sich Menschen mit pädophiler Orientierung verstanden fühlen. In den siebziger Jahren haben sie das auch als Freibrief genommen, ihre sexuelle Orientierung zu praktizieren und ihre Position in das Parteiprogramm der Grünen zu lancieren. Kein Gedanke des Synodalen Weges, die als allumfassend propagierte sexuelle Freiheit auf die pädophil Orientierten hin weiterzudenken. Diese Menschen sind nicht aus freier Entscheidung so geworden, sondern finden sich in ihrer Orientierung vor. Die Abscheu, die ihnen auch aus dem kirchlichen Gremium entgegenschlägt, befreit sie nicht einfach von dieser Orientierung.

Der Gewaltaspekt wird ausgeklammert

Um das rosige Bild der Sexualität nicht zu trüben, werden die dunklen Seiten der menschlichen Triebstruktur im Sexualpapier erst gar nicht erwähnt. Neben Pädophilie gibt es ein erhebliches Gewaltpotential. Das ist strukturell im Gehirn verankert, weil die Zentren für Sexualität wie für Gewalt im Gehirn direkt benachbart sind. Dann klingt der Satz von der gegenseitigen Achtung zumindest realitätsfremd. Es ist deutlich: Die propagierte Neue Sexualmoral greift viel zu kurz.

Pädophilie ist ein Notstand bei den Klerikern

Eine weitere Strategie, sich des Problems zu entledigen, ist die Platzierung des Themas. Man würde erwarten, dass es in dem Dokument über Sexualität abgehandelt wird, weil ja hier doch eine neue Sexualmoral versprochen wird. Wie soll man sich der Frage nähern, wenn es in dem Sexualpapier heißt: „Deshalb verbieten sich alle Formen von Diskriminierung und Forderungen nach ihrer nicht medizinisch indizierten Manipulation, z.B. durch Konversionstherapien.“ Nr.2
Ist Pädophilie also nicht medizinisch zu behandeln und auch eine Konversionstherapie abzulehnen, dann bleibt immer noch die moralische Verpflichtung, mit Kindern keinen Sexualverkehr zu haben. Wer die Papiere ein zweites Mal liest, spürt, wie hier ein Denkverbot greift. Denn das Dokument müsste gegen seinen ganzen Duktus den Verzicht auf Sexualität fordern.
Mit der Platzierung im Dokument über die Priester wird der Sexuelle Missbrauch als gesellschaftliches Problem entschärft. Es ist ein Problem einer Berufsgruppe. Wenn dem so ist, warum sammelt sich diese Berufsgruppe gerade in Priesterseminaren? Das müsste doch wenigstens erklärt werden. Und geschieht sexueller Missbrauch allein durch Männer?
Die Argumentation bleibt auch deshalb nicht stringent, weil Verheiratete, nämlich die in der Seelsorge Tätige in die besonders anfällige Gruppe der Kleriker einbezogen werden. Die anderen Berufe, so Sozialpädagogen und Erzieherinnen, Psychologen und Therapeuten bleiben außerhalb dieser Gefahrenzone. In Nr. 2 heißt es entsprechend „Die Präventionsarbeit ist ein integrierter Bestandteil der Priesterausbildung und der Ausbildung aller pastoralen Berufe.“
Indem der Blick auf die Kleriker und noch teilweise auf die anderen Seelsorgsberufe eingeengt wird, verliert das Thema nicht einfach seine gesellschaftliche Relevanz, indem es zu einem Makel einer einzelnen Berufsgruppe gemacht wird. Nicht nur das, es wird zugleich die Kontrollfunktion dieser Berufsgruppe etabliert. Weil diese zugleich zu Experten für die Prävention gemacht wird, indem sie sich in der Ausbildung qualifizieren müssen, vollzieht sich eine weitere Dialektik. Indem die Haupt-Tätergruppe zu Experten gemacht wird, kommt ein Kulturwandel insgesamt nicht zustande. Das heißt aber in der Konsequenz, dass man auf Kontrolle setzt. Wer kontrolliert dann die anderen in der Kirche tätigen Berufe? Da die nächste Synode sich mit dem Thema sicher wieder beschäftigen muss, denn noch ist die Aktenanalyse nicht abgeschlossen, werden auch die anderen Seelsorgsberufe verantwortlich gemacht und damit wiederum in ihrer Aufsichtspflicht bestärkt. Seelsorger, Seelsorgerin zu sein, entwickelt sich damit zu einer Überwachungsaufgabe. Nicht das gesamte Volk Gottes wird in die Verantwortung genommen, sondern eine herausgehobene Klasse.  

Manipulation auf hohem Niveau

Ich habe mich von Anfang gewundert, warum der Missbrauch nicht immer an erster Stelle genannt wurde, wenn von den Beratungen des Synodale Weges die Rede war. Im Nachhinein staune ich, wie geschickt dieser Wagen aus dem Zug ausgehängt und auf ein Nebengleis geschoben wurde. So konnte er nicht zum entscheidenden Maßstab für die Leistung des Synodalen Weges gemacht werden. Jedoch zahlt der Synodale Weg dafür einen hohen Preis: Er wird nicht ernst genommen, muss sich in das alte Muster flüchten, Rom für die Misere des Deutschen Katholizismus verantwortlich zu machen. Der Missbrauch hätte, nicht in Form eines Spaziergangs, sondern als richtige Bergbesteigung ernst genommen, zu einem Durchbruch auch der Stimmung verholfen. Jetzt bleibt dieser stickige Nebel. Wer sich einem Problem nicht stellt, kann andere nicht motivieren. Das wird es Vielen erleichtern, die hohen Energiekosten mit Einbehaltung der Kirchensteuer zu kompensieren. Und was ist mit den Tätern und ihren Opfern? Das hat zwei Konsequenzen. Die Täter werden ihrer Neigung weiter nachgehen, bis sie auffallen, und die Opfer erhalten nicht die Entschuldigung, die sie dringender brauchen als eine Geldsumme. So lange die Täter nicht auf die Opfer zugehen, bleibt der seelische Schaden. Dafür braucht es keine Synode, die offensichtlich nicht das Format ist, um in dieser schwierigen Frage weiterzukommen. Eine Task Force, die nicht bloß zu Sitzungen zusammenkommt, mit Anbindung an das Child Protection Center in Rom, die übernimmt und für Deutschland umsetzbar macht, was weltweit schon erprobt ist. Früher hat das das Zentralkomitee der Katholiken solide und mit den Experten aus dem Katholizismus solche Bomben entschärft. Es geht um Experten, nicht dass alle möglichen Gremien vertreten sind. Auch sollten die Bischöfe erkennen, dass ihre Verwaltungen das Problem nur weiter auf die lange Bank schieben. Die Aufarbeitung geschieht nicht über die Akten, sondern über den schmerzhaften Prozess, dass die Täter den Opfern in die Augen sehen und das ganze Volk Gottes auch zugibt, dass es weggeschaut hat.  

Es hat sich schon früh gezeigt, dass der Synodale Weg vom Weg abgekommen ist. Hier zum Beitrag: Der Synodale Weg lässt den Missbrauch unerledigt liegen
Der Missbrauch, zum Phänomen bei Klerikern erklärt, nicht des gesamten Volkes Gottes
Priester – pädophil und überflüssig
Sexualität blumig, ohne ihre dunklen Seiten. Hier zum Beitrag Sexualpapier des Synodalen Weges – ein Verriss 

Ein Kommentar von Eckhard Bieger SJ.


Kategorie: Kirche

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