Der Islam in Zentral Asien tendiert zum Islamismus

Russische Medien berichten immer häufiger über die Festnahme von Islamisten. Allen gemeinsam ist ihre Herkunft. Sie stammen mehrheitlich aus Zentralasien, aus Usbekistan, Kirgisien, Tadschikistan. In Russland leben bis zu 8 Millionen Migranten aus diesen Staaten. Wie hat sich der Islam in der Zentralasien entwickelt?

Russische Medien berichten immer häufiger über die Festnahme von Islamisten. Allen gemeinsam ist ihre Herkunft. Sie stammen mehrheitlich aus Zentralasien, aus Usbekistan, Kirgisien, Tadschikistan. In Russland leben bis zu 8 Millionen Migranten aus diesen Staaten. Wie hat sich der Islam in der Zentralasien entwickelt?

Wer die Lage in den arabischen Ländern kennt, wird Ähnliches in den muslimischen Ländern Zentralasiens entdecken, auch wenn diese mehrheitlich von den türkisch-stämmigen Volksgruppen und nicht von den Arabern bevölkert sind – laizistische, aber korrupte Regierungen, Vetternwirtschaft, eine nicht gerade boomende Ökonomie. Dies unter ständig wachsendem Druck verschiedener islamistischer Bewegungen und Organisationen, die die Lösung der Probleme in der Errichtung eines nach den Gesetzen der Religion geordneten Staates sehen. Sie finden immer Unterstützung. Die Regierungen reagieren nicht nur mit Unterdrückung, sondern auch durch Übernahme der islamistischen Forderungen. Die Wurzeln dieser religiösen Renaissance reichen bis in die Sowjetzeit zurück.

Die Radikalisierung begann bereits unter dem Sowjetkommunismus

Früher war der Islam für meisten Bewohner der zentralasiatischen Republiken fast nur eine Volkskultur. In der Stalinzeit, auch wenn die Verfolgung der Religion nicht so stark wie in den nicht islamischen Gebieten war, gab es nur die Möglichkeit, islamische Theologie geheim zu studieren, auch die Religion konnte nicht offen praktiziert werden. In der “Tauperiode” der sechziger Jahre wurde in Buchara eine Medrese gegründet. Später, in den siebziger Jahren haben seine Studenten mehrere illegale Madrasa, also Islamschulen, gegründet – in Usbekistan, Tadschikistan, im Süden Kirgisiens. Dort begannen sie, über den “Wahren Islam” zu diskutieren. 1973 wurde “Partei des Islamischen Wiedergeburt der Sowjetunion” gegründet. Mit der Perestroika wurden sie zu einer der „Demokratischen Bewegungen“ in diesen Ländern erklärt. Im Juni 1990 wurde die „Islamische Partei der Wiedergeburt des Sowjetorients“ gegründet, mit Ablegungen in allen Ländern Zentralasiens.

Die neunziger Jahren führen zu eigenständigen Programmen

In Usbekistan, Herzland Zentralasien, wurde schon in den neunziger Jahre eine Idee von “Musulmandabad” als Programm radikaler Islamischer Gruppierungen angenommen. Sie hat als Grundlage drei Ideen:

1. Zentral Asien gehört zur Islamischen Welt und ist ein ungeteilter Gebiet, in dem der Islam herrscht;

2. Grundlage der Gesetzgebung ist Scharia;

3. Alle, die dort leben, sind Muslime. Deshalb sollen sie von den islamischen Gelehrten regiert werden.

Noch radikaler und konkreter war das Programm der Islamischen Befreiungspartei - Hizbu Tahrir al-Islami. Sie wurde in den sechziger Jahren in den Palästina und Jordanien gegründet. Später von dort vertrieben, hat sie ihr neues Zentrum in Fergana Tal – einem Gebiet in Usbekistan und Kirgisien- gefunden. Ihr Ziel ist die Errichtung eines Kalifates.

1996 wurde die erste Terror Organisation “Islamischen Bewegung Uzbekistans” gegründet. Als der Präsident von Usbekistan gegen sie vorging, ist sie nach Kandahar in Afganistan umgesiedelt und nennt sich “Islamische Partei von Turkestan”. Schließlich hat sie dem IS Treueid geleistet. Das hing auch damit zusammen, dass die Mehrzahl der Jihadisten aus Zentral Asien nicht mehr nach Afghanistan, sondern nach Syrien gegangen ist. Jetzt ist ihre Zahl größer als die der Kämpfer aus dem Kaukasus.

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slamismus zur Rechtfertigung von Willkür

Auch wenn der islamistische Extremismus eine Gefahr darstellt, so wird dieser von der politischen Klasse auch überzeichnet, um die eigene Machtausübung und Willkür zu rechtfertigen. Ein fast schon skurriler Fall ist die Festnahme eines Unternehmers in Usbekistan. Dieser Mann hat eine erfolgreiche Fischzucht aufgebaut. Er wurde festgenommen und des islamistischen Extremismus beschuldigt. Allerdings ist der Mann Armenier und damit Christ. Der wahre Grund für seine Festnahme, wie man vermutet, war, dass er sich weigerte, sein Unternehmen abzugeben.

Allein dieses Beispiel zeigt, dass die religiöse und politische Entwicklung in Zentralasien viel verwickelter ist und nicht alles auf das Anwachsen des Islamismus zurückgeführt werden kann. In der allgemeinen Tendenz der Islamisierung der Gesellschaft nimmt diese unterschiedliche Wege – von dem bewaffneten Kampf für Kalifat bis zum das, was man eine “islamische Demokratie” nennen kann. Die Islamisierung wird in Zentralasien weiter gehen. Ob sie sich zu der Form eines extremen Islamismus entwickelt, hängt von mehreren Faktoren ab, von denen die Politik der letzten noch bleibenden laizistischen Regierung in der islamischen Welt eine besonders wichtige Rolle spielt.

Vladmir Pachkov



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