Schweißtuch der Veronika, F: H. Zimmermann

Dehrn an der Lahn - die ausgemalte Nikolauskapelle

Nikolaus, so berichtet es eine Legende, ist Schiffsleuten, die mit ihrem Boot in Seenot geratenen waren, zu Hilfe gekommen. Von daher stammt auch der Brauch der mittelalterlichen Schiffsleute, an den Flüssen in Europa im Abstand einer Schiffs-Tagestour Nikolauskapellen und Nikolauskirchen zu errichten.

Nikolaus sollte sie beschützen, in seinen Kirchen übernachteten sie bis zur Weiterfahrt übernachteten. Wenn wir ihre Kapelle in Dehrn betreten, werden wir von der Ausmahlung überrascht. Der Ort liegt unweit Limburg lahnaufwärts am rechen Ufer und hat heute eine Brücke. Neben der dem hl. Nikolaus geweihten Pfarrkirche
In der Nikolauskapelle Dehrn fallen zunächst vor allem die Wandmalereien auf, gemalte Schlußsteine im Rippengewölbe und dekorative Elemente, wie zum Beispiel züngelnde Flammen an den Zwischenflächen. Was wir sehen, ist eine Architekturmalerei mit Betonung von Graten und Rippen beziehungsweise von Scheinarchitektur in den Stichkappen. Sinn und Zweck dieser Malerei ist es, ein komplexeres Gewölbe zu imitieren, als es de facto in der gebauten Architektur auch verwirklich ist.
Malerische Kleinode aber sind die beiden frei gelegten Kalkmalereien mit dem Motiv des Schweißtuchs der Veronika in der Apsis und eine Pietá an der Westwand des Chores. Kalkmalerei ist der Terminus Technicus für ein bestimmtes Malverfahren: Auf ein bruchsteinernes Mauerwerk, wie es in der Nikolauskapelle vorliegt, wird Unterputz aufgeworfen, auf den zwei bis drei Millimeter Feinputz aufgetragen werden. Auf diesen wiederum wird Kalkschlämme aufgebracht, und so lange dieser feucht ist, werden Farbpigmente, die mit Wasser vermengt sind, darin eingebracht, also gemalt.

Das Schweißtuch der Veronika

Das Schweißtuch der Veronika, das im Zwischenraum über einem Chorfenster in Rötelfarbe zu sehen ist, bezieht sich auf das Evangelium nach Lukas, der bei der Schilderung der Passion in Kapitel 23, Vers 27 sagt: „Es folgten ihm (Jesus) aber eine große Menge des Volkes und Frauen, die ihn beweinten und beklagten.“ Eine dieser Frauen, so will es eine seit dem 4. Jahrhundert erzählte Legende, war Veronika. Sie reichte Jesus ein Schweißtuch, damit er sich abtrocknen kann – dabei hat sich sein Antlitz  auf dem Tuch abgezeichnet. Noch heute ist diese gute Tat Veronikas zentraler Bestandteil der sechsten Station des Kreuzweges. In dieser Begebenheit offenbart sich aber tiefere Bedeutung. Der Name Veronika kommt vom Lateinischen „vera ikon“, das heißt „wahres Bild“. Veronika zeigt also das wahre Antlitz Gottes. Damit ist gemäß dem Jesuswort  „Was ihr dem geringsten meiner Brüder angetan habt, das habt ihr mir getan“ gemeint, dass in jedem leidenden Menschen das Gesicht Gottes zu sehen ist.

Die Pietà

Die Pietà, die Muttergottes mit dem toten Christus auf den Knien, ist das Gegenbild zu Maria mit dem Jesuskind, der häufigsten und bekanntesten Darstellung Marias. Die schmerzhafte Muttergottes dient als Vorbild für die Bewältigung des Leides die theologische Bedeutung der Pietà („Frömmigkeit“). In der Nikolauskapelle wird sie vor dem Kreuz im Hintergrund gezeigt. Dabei gibt es eine Besonderheit, die sonst nirgendwo zu finden ist. Über dem rechten Kreuzesarm hängt die Geißel, mit der Jesus gepeinigt worden ist.

Der deißigjährige Krieg inspirierte wohl das Bildprogramm

Dass das Leiden Christi das theologische Bildprogramm der Nikolauskirche prägt, hat vermutlich einen historischen Grund. Im Dreißigjährigen Krieg fand 1646/47 bei Niedertiefenbach eine heftige Schlacht statt, die viel Leid über die Menschen brachte. Beim später erfolgten Abriss der alten und dem vergrößerten Neubau der jetzigen Kapelle 1652 wurden dann die beiden Gemälde angebracht.

Restaurierung stellt ursprünglichen Zustand wieder her.

Bei der Restaurierung der Nikolauskapelle Anfang der 2000er Jahre stellte man beim Putzabtragen fest, dass da drunter „etwas ist“, nämlich Wandmalereien: das Schweißtuch der Veronika und die Pietà. Weiterhin gehörten Grabungen dazu, bei denen entdeckt wurde, dass der jetzige Chor 1650 bis 1652 an das Kirchenschiff aus dem 13. Jahrhundert angebaut worden ist und nicht umgekehrt, wie zuvor angenommen wurde. Der Fußboden wurde 2002 mit mittelalterlichen Fliesen ausgelegt, die aus einem Kloster aus dem belgisch-französischen Raum stammen. So kann jetzt die Nikolauskapelle Dehrn wieder in ihrem ursprünglichen Zustand bewundert werden.



Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Zum Seitenanfang