Turm 1 für die Glocken, Turm 2 füs Digitale F: violetta.pixabay

Corona hat die Kirchen digitaler gemacht

Ohne die digitalen Medien wären die Kirchengemeinden noch mehr auseinandergefallen. Was hat funktioniert und was sollte für die Zukunft übernommen werden? Die Digitalisierung wird lange nicht so teuer wie eine Kirchenrenovierung. Deshalb werden die Finanzabteilungen besonders angesprochen. Im Folgenden aufgelesene Beiträge von dem jährlichen Treffen der Digitalarbeiter beider Kirchen ("Kirche im Web").

Die digitalen Medien konnten von beiden Kirchen deshalb eingesetzt werden, weil es bereits digital zugeht. Durch die Initiativen vor Ort und die Digitalarbeiter in kirchlichen Einrichtungen und Verbänden gab es digitale Angebote auf lokaler und regionaler Ebene. Also nicht nur Ankündigungen, sondern Gottesdienste live, Bildungsangebote und nicht zuletzt mit den Videotools Treffen von Vorständen, Teams und Gremien. Das wurde von den älteren Jahrgängen genauso genutzt. Bei der jährlichen Tagung "Kirche im Web" wurden Erfahrungen sowie eine Umfrage vorgestellt, die Digitalisierung der Kultur und die Anschlussfähigkeit der Kirchen reflektiert und Konturen einer digital gestützten Seelsorge und Gottesdienstkultur absehbar.


Gestreamte Gottesdienste, Bildung, Konferenzen

  • Der lokale Bezug, mit den eigenen Leuten medial in Kontakt zu bleiben, macht die gestreamten Gottesdienste für den Zusammenhalt der Gemeinde unentbehrlich. Auch wenn das Fernsehen eine meist qualitativ besser gestaltete Liturgie und technisch aufwendigere Übertragung bietet, ist es für die Gemeinde sinnvoll, mit den "eigenen Leuten" auf dem Bildschirm präsent zu sein, um durch bekannte Gesichter den Bezug zur Gemeinde nicht abreißen zu lassen.   
    Es wurden auch von den katholischen Gemeinden mehr Wortgottesdienste als Eucharistiefeiern per Internet übertragen.
  • Für Bildung und sogar Gruppenarbeit bieten Zoom, WebEx u.a. Videotools auch für die Zeit nach Corona, die Möglichkeit, nicht nur von Ferne wie bei einer Liveübertragung teilzunehmen, sondern seinen Beitrag einzubringen und in Gruppenarbeit mitzumachen.
  • Auch viele Vorstände, Teams und Arbeitsgruppen haben sich diese Form gemeinsamer Beratung, Diskussion und sogar Kleingruppearbeit angeeignet
  • Die zweitägige Tagung "Kirche im Web" hat erfolgreich die Teilnahme im Tagungshaus in Stuttgart und über Video gemanagt. Das funktionierte nicht nur für Plenumsveranstaltungen, sondern auch für Gruppenarbeit in 5 Räumen, die jeweils die Teilnahme über Internet ermöglichten. Das ist technisch anspruchsvoller als Gruppenarbeit nur mit der Zoom- oder WebEx-Software. Denn da hat jeder ein eigenes Mikrofon, Kamera und Lautsprecher ins einem Raum, am Notebook sogar eingebaut. Da besteht keine Gefahr einer Rückkopplung. Wenn jedoch die Gruppenarbeit aus einem Raum übertragen wird, müssen die dort anwesenden Teilnehmer mit Kamera und Mikro aufgenommen werden, damit die Teilnehmer an ihrem Bildschirm sehen hören, was gesprochen wird und selbst über einen großen Bildschirm und Lautsprecher in die Gruppe und das Plenum hineinsprechen können.
  • Die Pandemie war eine Einübung ins Digitale und wird in der Bildungsarbeit wie im Leben der Gemeinde ein Faktor bleiben. Bei zurückgehenden Finanzierungsmöglichkeiten wird das Digitale die Reisekosten für viele Sitzungen einsparen. Akademieveranstaltungen können sehr viel mehr Teilnehmer einbeziehen. Denn bei einer Teilnahme über den Bildschirm entfallen Zeitaufwand und Kosten für die Anreise, die Verfügbarkeit eines Parkplatzes, für die Unterbringung. Alle, deren Teilnahme bisher an diesen Bedingungen scheiterte, können digital dabeisein und sind auch bereit, für den technischen Aufwand wie für das technische Personal zu zahlen.


Digitale Medien zerstören nicht, sondern bilden Gemeinde

Für die größeren Einheiten, vor allem für die Pfarrverbände, die sich in den katholischen Diözesen bilden, werden die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten unentbehrlich, damit Gemeindestrukturen noch funktionieren. Denn wenn die Kommunikation weiterhin vor allem durch die Hauptamtlichen in Gang gehalten werden soll, reichen E-MAIL und Telefon nicht mehr. Um ein Zugehörigkeitsgefühl aufrecht zu erhalten, kann man analog einzelne Gottesdienste, eine Prozession, die Kar-Liturgie und vorher den Karneval so gestalten, dass die Gläubigen sich in einer großen Kirche oder in einer Halle versammeln. Eine solche Großveranstaltung wird aber nicht jede Woche und wahrscheinlich auch nicht jeden Monat zu stemmen sein. Dann ist es aber zu wenig. Deshalb sind die digitalen Formate, wie in der Pandemie, unentbehrlich, damit eine Glaubensgemeinschaft sich versammeln, über wichtige Fragen austauschen kann. Wenn früher für die kirchlichen Gruppen, die Verbände und Nachbarschaften die inneren Bindungskräfte über den Sonntagsgottesdienst und wöchentliche Treffen gepflegt wurden, organsiert sich das in den Zeiten des Handys anders. Ich muss nicht wie früher „hingehen“ und kann sogar mehr als einmal die Woche in Kontakt treten. Zumal die Sozialen Medien, anders als Zeitung und Fernsehen, die Möglichkeit bieten, sich als zusammengehörig zu erleben und sogar in direkter Kommunikation mit anderen als Gruppe zu lernen, zu planen, etwas gemeinsam auf den Weg zu bringen.
Die Prognose, dass Kirche in Zukunft zu 30% digital stattfinden wird, ist nach der Pandemie keine Prognose, gegen die man deshalb mit dem Argument sein muss, christliche Gemeinde funktioniere nur face-to-face. Sie funktionieren auch digital, auch wegen der Affinität nicht mehr nur der Jüngeren zu den Sozialen Medien. Das Vorfeld für Gottesdienste, Gruppen-und Gremientreffen, Bildungsangebote wird digitalsehr vielpreisgünstiger als durch Print beackert.  

Die Sakramente bleiben an körperlich Gegenwart gebunden, sollten aber digital eingebettet werden 

Für die katholische Form des Christseins sind die Sakramente essentiell. Wie die unausweichliche Digitalisierung so aufgegriffen werden kann, dass sie das Sakramentale stützt und nicht auflöst, ist eine Frage, deren Bearbeitung nicht länger aufgeschoben werden kann. Sie wird nicht nur im Synodalen Prozess liegen gelassen, auch eine neue Handreichung der Pastoral-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz realisiert nicht, dass die Kommunikationsräume der Jüngeren nicht mehr nur der Gruppenraum im Pfarrzentrum, die Kneipe oder der Sportplatz sind, sondern diese Räume in den Social Media längst gebaut wurden, wesentlich preisgünstiger als die Projekte der Bauabteilung. Bischöfe Fürst konnte diesem desaströsen Herausfallen aus der Gegenwart das Versprechen entgegensetzen, die Bischofskollegen auf den Stand der Dinge, nämlich der kommunikativen Verfasstheit nach zwei Jahren Pandemie, zu bringen. Seine Aussage, dass ohne die digitalen Medien das Auseinanderfallen der Gemeinden noch schlimmer ausgefallen wäre, war eine Anerkennung für die vielen Überstunden der Digitalarbeiter in der Pandemie.

Kosten durch digitale Medien senken

Die Finanzabteilungen beider Kirchen haben bisher die Planstellen und das Equipment für das Digitale als Zusatzkosten gebucht. Jeder, der vor Ort in der Seelsorge tätig ist, weiß, dass es immer aufwändiger wird, Gläubige zu versammeln. Das wird per Print und Telefon immer teurer. Der Vorhof und oft auch der Gottesdienst, das Bildungsangebot können finanziell nur aufrecht erhalten werden, wenn man die digitalen Räume baut und nutzt. Die Verbände könnten ohne digitale Räume kaum noch Jugendliche in ein Pfarrzentrum locken. Die Finanzleute der Kirchen sollten sich bei Firmen und Handelsunternehmen umhören, um damit erhebliche Kosten einzusparen. Wenn die "Umschulung", die Corona bewirkt hat, aufgegriffen wird, dann können die zurückgehenden Kirchensteuereinnahmen wenigstens teilweise verkraftet werden.
1. Die Tendenz zu immer geringeren Teilnehmerzahl kann gestoppt und umgedreht werden.
Gedrucktes kann weitgehend digital ersetzt werden
2. Die Außendarstellung von Liturgie und Bildung in den digitalen Medien verbessert die Erreichbarkeit der Mehrzahl der Bevölkerung, die nicht regelmäßig am kirchlichen Leben teilnehmen bzw. sich distanziert haben. Diese werden bisher nur durch Plakate, Flyer, die Kirchen im Stadtbild und einige wenige Sendungen bzw. Zeitungsartikel erreicht. Eine größere Präsenz in den digitalen Medien verbessert die Erreichbarkeit kirchlicher Angebote erheblich.

Mehr Hauptamtlichen können nicht finanziert werden, mehr digitale Präsenz - nicht nur der Hauptamtlichen - ist daher zwingend. Oder wie soll die frühere Pfarrei mit ihrer hohen Bindungskraft in einer digital umgeformten Gesellschaft wieder erreicht werden. Der Pfarrbrief, der das bis zur Jahrtausendwende noch leistete, muss durch einen kontinuierlichen spirituellen und theologischen Input digital ergänzt werden.

Die Hinweise zur finanziellen Entlastung durch Streamen, Videokonferenz und mehr spirituelle und theologische Inhalte im Netz wird mit weiteren Beiträgen fortgesetzt.


Kategorie: Kirche

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