Foto: Wikimedia Commons

Als Student den Vatikan vertreten: "Das Ziel ist Frieden"

Als Student den Vatikan vertreten / Teilnehmer von "Model United Nations" im Gespräch

(explizit.net) Als Delegierter für die „National Model United Nations Conference“ (MUN), die im Frühjahr 2014 in New York stattfindet, vertritt Nikolas Schmidt mit seiner Delegation die Interessen des Heiligen Stuhls. Die Rheinische Friedrich Wilhelms Universität zu Bonn nimmt seit 1998 an diesen studentischen Simulationskonferenzen der Vereinten Nationen teil. Im Gespräch mit explizit.net berichtet der Student, wie diese Konferenzen funktionieren und was er dabei lernen kann: Argumentieren, gemeinsam Lösungen erarbeiten und sich Berufsperspektiven eröffnen. Als Christ ist Nikolas Schmidt überzeugt: "Das Interesse des Heiligen Stuhls ist ein genuines UN-Interesse: Frieden herzustellen."

Als Student den Vatikan vertreten / Teilnehmer von "Model United Nations" im Gespräch

(explizit.net) Als Delegierter für die „National Model United Nations Conference“ (MUN), die im Frühjahr 2014 in New York stattfindet, vertritt Nikolas Schmidt mit seiner Delegation die Interessen des Heiligen Stuhls. Die Rheinische Friedrich Wilhelms Universität zu Bonn nimmt seit 1998 an diesen studentischen Simulationskonferenzen der Vereinten Nationen teil. Im Gespräch mit explizit.net berichtet der Student, wie diese Konferenzen funktionieren und was er dabei lernen kann: Argumentieren, gemeinsam Lösungen erarbeiten und sich Berufsperspektiven eröffnen. Als Christ ist Nikolas Schmidt überzeugt: "Das Interesse des Heiligen Stuhls ist ein genuines UN-Interesse: Frieden herzustellen."

explizit.net: Was hat die katholische Kirche in den Vereinten Nationen verloren?

Nikolas Schmidt: Die Kirche hat eine lange diplomatische Tradition, sie ist der älteste diplomatische Akteur, denn es gibt sie schon seit fast 2000 Jahren. Deswegen hat sie seit je her einen großen Einfluss auf die internationale Politik. Bei deren Gründung war der Heilige Stuhl zunächst kein Mitglied der Vereinten Nationen. Weil die Katholische Kirche aber so viele verschiedene Menschen aus verschiedenen Nationen vertritt, wurde dem Heiligen Stuhl der Status eines permanenten Beobachters bei den Vereinten Nationen zugesprochen, um die Interessen der Katholiken weltweit zu vertreten.

Was ist der Unterschied zwischen dem Vatikan und dem Heiligen Stuhl?

Der Heilige Stuhl ist die völkerrechtliche Vertretung der katholischen Kirche und ist in der Person des Papstes zusammengefasst. Eigentlich ist genaugenommen der Papst der Heilige Stuhl, indem er die Katholische Kirche vertritt. Der Vatikan hingegen ist ein Stadtstaat und umfasst ein Territorium innerhalb Roms, das der Katholischen Kirche im Rahmen der Lateranverträge zugesprochen wurde. Man merkt den Unterschied auch daran, dass der Heilige Stuhl in sehr vielen internationalen Organisationen vertreten ist, der Vatikan nur in wenigen, in denen es eher um den Staat und „technische“ Dinge geht, etwa in der Internationalen Telekommunikationsunion. Der Heilige Stuhl vertritt die Katholische Kirche in allen politischen und anderen internationalen Organisationen.

Was macht den Heiligen Stuhl für die Simulationskonferenz interessant?

Der Heilige Stuhl ist kein traditioneller Staat. Es ist schwierig zu sagen, was eigentlich die Interessen des Heiligen Stuhls sind, denn es gibt keine territorialen oder geopolitischen Interessen. Es gilt zu überlegen: wen vertrete ich da eigentlich? Die grundsätzliche Überlegung lautet: was ist der Heilige Stuhl – und: ich vertrete hier die Katholische Kirche. Welche Interessen habe ich damit zu vertreten? Andererseits ist es spannend, dass der Heilige Stuhl in den meisten Organisationen gar kein Stimmrecht hat. Die Delegierten müssen also umso mehr auf Taktik und Überzeugungskraft setzen, um die Interessen – die wir ja irgendwie doch haben – durchzusetzen. Gleichzeitig kann auch der Heilige Stuhl eine Vermittler-Rolle spielen, um gegenläufige Interessen anderer Staaten – etwa den USA und dem Iran – zu überbrücken und Lösungen zu finden. Das funktioniert deshalb besonders gut, weil der Heilige Stuhl als neutral angesehen wird und in den meisten Staaten eine Vertretung hat. Man weiß, wie die jeweilige „Lage vor Ort“ ist.

Welche Interessen vertritt der Heilige Stuhl aktuell, welche Themen sind wichtig?

Aktuell geht es um die Themen, die auf der internationalen Bühne wichtig sind: In Syrien geht es um die Garantie humanitärer Hilfe, den Schutz christlicher Minderheiten. Gleichzeitig gibt es auch Interessen, die auf religiösen Überzeugungen basieren. Die spielen immer eine Rolle. Da geht es zum Beispiel um die Rechte ungeborener Kinder – also die Themen Abtreibung oder Embryonenforschung. Diese Themen sind immer aktuell, auch wenn sie nicht im Fokus der Medien sind. Öffentlich debattiert wird auch nicht die momentane Liberalisierung auf Kuba. Den Christen dort soll eine freie Religionsausübung garantiert werden.

Wie geht der Heilige Stuhl konkret vor, um solche Interessen zu vertreten und Fortschritte zu erzielen?

Auf internationaler Ebene hat der Heilige Stuhl dadurch Einfluss, dass er mit verschiedenen Parteien verhandelt – sei es in Konflikten oder vor Ort in den Staaten, in denen es zum Beispiel Schwierigkeiten mit der Religionsfreiheit gibt. Der Heilige Stuhl führt diese Verhandlungen oder agiert als Vermittler zwischen Konfliktparteien. Konkret kann das etwa der Nuntius in dem entsprechen Land tun oder der Vertreter in der UN vor Ort. Der Heilige Stuhl hat den Vorteil, dass er sehr viel Personal vor Ort hat in den Diözesen: die „Sachlage“ ist in der Regel gut bekannt. In den Pfarreien bekommen die Priester mit, welche Probleme aktuell bei den Menschen dran sind. Dementsprechend kann der Heilige Stuhl auch – sowohl für sich selbst, aber auch für andere Staaten – Informationen liefern. Deswegen ist der Nuntius, der diplomatische Vertreter der Katholischen Kirche, im diplomatischen Corps auch sehr hoch angesehen. Er hat wertvolle Informationen und kann gut damit umgehen.

Wie sind die MUN-Konferenzen organisiert und was kommt auf Sie als Delegierte zu?

MUN-Konferenzen gibt es auf der ganzen Welt. Sie werden von gemeinnützigen Vereinen vor Ort organisiert. Wir, die Delegierten, fahren zu den Konferenzen, in diesem Fall nach New York. Dort werden wir in verschiedenen Komitees die Interessen unseres jeweiligen Staates vertreten. In New York wird das in einem großen Hotel stattfinden, wie bei einer echten internationalen Konferenz. Die abschließende Generalversammlung wird sogar im UN-Gebäude stattfinden. Fast 2.000 Studenten vertreten bei der Konferenz in New York unterschiedliche Länder, die ihnen zugewiesen wurden. Unsere Delegation von der Uni Bonn wird im Vorfeld noch eine Woche in Washington D.C. verbringen, um uns noch mehr inhaltlichen „Input“ zu holen . Deshalb werden wir dort mit mehreren Think-Tanks sprechen und außerdem mit Vertretern des Heiligen Stuhls in den Vereinigten Staaten diskutieren. Unsere Delegation wird zwar von der Uni Bonn unterstützt, den Großteil der Kosten müssen wir Studierende aber selbst tragen, daher sind wir für jede Unterstützung dankbar.

Was erhoffen Sie sich persönlich von Ihrer Teilnahme an dem Programm? Was können Sie dabei lernen?

Einerseits ist mir die Fähigkeit wichtig, mich in die Probleme und Ansichten eines bestimmten Landes oder von Personen hineinzuversetzen. Wir vertreten Staaten bzw. ein Völkerrechtssubjekt, deren Überzeugungen und Interessen uns zunächst einmal nicht gut bekannt sind bzw. die wir nicht notwendig vertreten würden. Da zählt die Fähigkeit, auch für den Standpunkt zu argumentieren, den ich vielleicht nicht selber vertrete. Zweitens wäre wichtig, auf einer diplomatischen Ebene Verhandlungen zu führen; also meine Interessen so zu vertreten, dass die anderen Delegierten auch davon überzeugt sind, dass es sich um gemeinsame Interessen handelt. Man muss gemeinsam Lösungen finden. Ich persönlich möchte in diesem internationalen Kontext eine bereichernde Erfahrung machen, eventuell mit der Perspektive, dass ich selbst gerne später einmal in der internationalen Politik arbeiten möchte. So kann ich hoffentlich erste Erfahrungen mit einer solchen Tätigkeit und mit den UN-Strukturen machen.

Welche Bedeutung hat es für Sie als katholischer Christ, nun den Heiligen Stuhl zu vertreten?

Ich finde es sehr spannend, den Heiligen Stuhl vertreten zu dürfen. In der inhaltlichen Vorbereitung habe ich vieles über den Heiligen Stuhl und die Interessen der Katholischen Kirche gelernt. Wir haben mit einigen Experten sprechen können und ein semesterbegleitendes Seminar besucht. Es ist faszinierend zu sehen, wie viel der Heilige Stuhl vor Ort bewirken kann und wie sehr er als internationaler Akteur angesehen ist. Als Katholik finde es nicht schwierig, die Interessen zu vertreten. Das fiele anderen womöglich schwerer. Letztendlich ist es aber entscheidend, diplomatisch vorzugehen und sich auch zu Interessen Gehör zu verschaffen, die nicht unbedingt für jeden Staat relevant sind.

Was hat Diplomatie mit Christentum zu tun?

Ich glaube, die diplomatischen Verhandlungen, die wir in der Welt führen, sind letztlich alle darauf begründet, dass wir Frieden wollen. Das Ziel der UN war und ist internationaler Frieden. Das ist ein zutiefst christliches Anliegen. Friedliche Beziehungen und friedliche Zusammenarbeit sollen garantiert werden. Also ist das Interesse des Heiligen Stuhls auch ein genuines UN-Interesse: Frieden herzustellen. Die Diplomatie hilft auf diesem Weg.



Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Zum Seitenanfang