Advent für die katholische Kirche in Deutschland

(explizit.net) Die bisherigen Strukturen kirchlichen Lebens sind in Auflösung begriffen. Nicht nur werden mehrere Pfarreien in größere Verbünde zusammengeführt, es zerfällt auch das, was in siebziger und achtziger Jahren als Idealbild christlicher Gemeinde angerstrebt und aufgebaut wurde. Es kommt nicht nur eine Lebensform des Katholischen, die sich vom Kulturkampf über den Nationalsozialismus und in Mitteldeutschland dem Kommunismus erfolgreich standgehalten hat, zu ihrem geschichtlichen Ende. Es zeigen sich Konturen einer neuen Kultur, für die neue religiöse Ausdruckformen entdeckt werden müssen. Dieser Wandel geschieht fast lautlos, aber er hat nachhaltige Folgen. Zwischen den Älteren und Jüngeren. Ist ein tiefer Graben entstanden. Dieser Graben wird äußerlich durch das Internet markiert. Es ist zu zeigen, dass er nicht nur ein durch die Technologie erzeugtes Phänomen ist, sondern die Kommunikationsmuster erheblich verändert. Er hat auch zur Folge, dass die bisherigen religiösen Muster ihre Selbstverständlichkeit verloren haben. Die Kirchen müssen sich der neuen Kultur, die in ihren Konturen noch sehr vage ist, stellen. Einige Anhaltspunkte seien kurz beschrieben

(explizit.net) Die bisherigen Strukturen kirchlichen Lebens sind in Auflösung begriffen. Nicht nur werden mehrere Pfarreien in größere Verbünde zusammengeführt, es zerfällt auch das, was in siebziger und achtziger Jahren als Idealbild christlicher Gemeinde angerstrebt und aufgebaut wurde. Es kommt nicht nur eine Lebensform des Katholischen, die sich vom Kulturkampf über den Nationalsozialismus und in Mitteldeutschland dem Kommunismus erfolgreich standgehalten hat, zu ihrem geschichtlichen Ende. Es zeigen sich Konturen einer neuen Kultur, für die neue religiöse Ausdruckformen entdeckt werden müssen. Dieser Wandel geschieht fast lautlos, aber er hat nachhaltige Folgen. Zwischen den Älteren und Jüngeren. Ist ein tiefer Graben entstanden. Dieser Graben wird äußerlich durch das Internet markiert. Es ist zu zeigen, dass er nicht nur ein durch die Technologie erzeugtes Phänomen ist, sondern die Kommunikationsmuster erheblich verändert. Er hat auch zur Folge, dass die bisherigen religiösen Muster ihre Selbstverständlichkeit verloren haben. Die Kirchen müssen sich der neuen Kultur, die in ihren Konturen noch sehr vage ist, stellen. Einige Anhaltspunkte seien kurz beschrieben

Indizien für den Wandel der Kultur

Das sich die neue Kultur medial artikuliert, liegen hier die größten Veränderungen. Die Zeitung, die täglich einen Überblick über die Lebensbereiche nah und fern gibt, wird von den jüngeren Altersgruppen kaum genutzt. Man orientiert sich, oft mehrmals täglich, auf den Nachrichtenseiten im Internet und liest hin und wieder Hintergrundbeiträge. Diese werden aber meist erst gelesen, wenn in der eigenen Community jemand einen Beitrag als lesenswert herausstellt und gleich auf diesen verlinkt.

Das Fernsehen wird sich zu einem Abrufmedium entwickeln, denn YouTube hat die jüngeren Jahrgänge daran gewöhnt, Videos abzurufen, die auch wiederum dann angesteuert werden, wenn andere einen darauf hingewiesen haben.

Das Internet mit seinen Wissensbeständen ist nicht mehr nur über den PC am Schreibtisch zugänglich, sondern über das Handydisplay. Deshalb werden Informationen nicht mehr in dem Maße im Gedächtnis gespeichert und damit behalten“, weil man sie ja in Sekundenschnelle abrufen kann. Wenn aber das Internet und nicht mehr die Bibliothek oder gar das eigene Gedächtnis die Wissensinhalte speichert, wird das die bisherigen Bildungswelten, vor allem in der Weiterbildung, erheblich verändern.

Gesundheit wird nicht mehr allein von den Ärzten „verwaltet“ sondern wie bisher schon die Zeitschriften wird das Internet zum Gesundheitsberater.

Der Handel erreicht seine Kunden nicht nur über Onlineshops, sondern auch durch den ständigen Preisvergleich, den man nicht erst am heimischen PC konsultiert, sondern auf dem Handy im Einkaufscenter.

Der Zeitrhythmus ist kürzer getaktet. Nicht nur werden Nachrichten häufiger über den Tag hinweg abgerufen, auch die Informationsinhalte werden je Einheit kürzer angeboten.

Die Beziehungen können ständig neu gestaltet werden. Vorgesehene Treffen, gemeinsame Aktivitäten können durch Handy, SMS oder Whatsapp ständig nachjustiert werden. Selbs die ständigen Verspätungen durch die Bahn werden über das Handy aufgefangen.

Es ist deutlich: Diese sich herausbildende Kommunikationsmuster korrespondieren immer weniger mit dem Modell „Gemeinde“, das Menschen örtlich und nicht im Netz versammelt, sich in einem festen Wochenrhythmus abspielt und als Kommunikationsmittel mit wöchentlichen Pfarrmitteilungen auskommt. Die katholische Kirche kann die ihr durch den kulturellen Wandel aufgezwungene Entwicklung mit dem Potential ihrer Kerngemeinde kaum bewältigen, denn die Träger des Gemeindelebens fühlen sich mit dem Erhalt des Bestehenden schon überfordert:

Die Kirche in Deutschland wird von den Älteren getragen

Neues ist gefordert, für den deutschsprachigen Raum sogar eine neue Gebetskultur. Denn der Strom des Gebetes, der früher das kirchliche Leben getragen hat, fließt nur noch in dünnen Rinnsalen. Dass mit der Beziehung zu Gott für die Gemeinde wie für den einzelnen Gläubigen „Kirche“ beginnen muss, ist nicht mehr selbstverständlich. Gremien wie Hauptamtliche sind in der Mehrzahl der Überzeugung, dass die religiöse Praxis im Vorlauf funktionierende kirchliche Strukturen und seelsorglicher Aktivitäten der Hauptamtlichen braucht, um in Gang zu kommen. Man beginnt mit einer Beratung, die dann zum Gebet führen soll. Das hat zur Folge, dass die Kirche erst einmal als etwas gesehen wird, was Haupt- und Ehrenamtliche zu gestalten haben. Das führt zu einer Überforderung des kirchlichen Leitungspersonals wie auch der weniger werdenden aktiven der Kerngemeinde. Denn wenn das religiöse Leben immer weniger vital ist, scheint das auf mangelnde Planung und Organisationsarbeit zurückführen zu sein. Auch wenn Burn-out immer mehr um sich greift, die Konsequenz wird weder von Bischöfen noch von leitenden Pfarrern noch von dem obersten Laiengremium gezogen, nämlich die Gläubigen dazu hinzuführen, die Kirche aus der Hand Gottes zu erbitten. Die öffentlichen Angriffe auf die Kirche, sei es wegen der verschleppten Missbrauchsfälle oder den Bauten auf dem Limburger Domberg, sind ein Symptom dafür, dass das Netz, auf das sich die Kirche zurückfallen lassen kann, faktisch nicht mehr existiert. Denn anders als bei Angriffen im Kulturkampf oder durch den Nazi-Staat verliert die katholische Kirche die Unterstützung ihrer Gläubigen. Es fehlen offensichtlich die Ressourcen, um Konflikte aufzuarbeiten und bei aller Verurteilung ist das Prinzip „Barmherzigkeit“ kaum noch zu erkennen. Kirchliches Leitungspersonal wird nicht anders als Minister behandelt. Wenn etwas nicht funktioniert, sind die Leitungspersonen die Schuldigen. Ein Neuanfang muss aus der Mitte kommen, nämlich aus der Beziehung zu Gott und inspiriert durch seinen Geist.

Den kulturellen Wandel bewältigen

Die Neuentdeckung des Gebets ist für die Kirche in Deutschland auch aus einem anderen Grund eine große Chance, weil auch anderweitig ein Neuanfang unausweichlich ist: Nach der Beobachtung vieler Pfarrer lösen sich die Gemeindestrukturen auf, die im 19. Jahrhundert nach den napoleonischen Kriegen wieder aufgebaut und entsprechend den Leitlinien des II. Vatikanischen Konzils umgeformt wurde. Es ist nicht allein die äußere Zusammenlegung der bisherigen Gemeinden in größere Seelsorgsverbünde, sondern die innere Auflösung der Kommunikations-, Verbands wie auch Gottesdienststrukturen. Das Modell „Gemeinde“ beinhaltet eigentlich, dass Christen gemeinsam Gottesdienst feiern und ihr Leben darüber hinaus teilen. Aber der Gottesdienst strukturiert nicht mehr das Wochenende, die Verbände gewinnen kaum Nachwuchs, die Räume der Pfarrheime werden immer weniger genutzt. Das ist durch die totale Umwandlung der Lebensverhältnisse verursacht, die Auflösung der Wohnviertel, wo die Geschäfte verschwinden und deren Bewohner mobil unterwegs sind-. Ebenso führen die Einkaufszentren, die Kurzurlaube und vieles andere dazu, dass der Kirchturm nicht mehr der Mittelpunkt ist, um den sich das Leben organsiert. Weil die örtlich bestimmende Mitte nicht nur für die Gemeindemitglieder kaum noch Gestaltungskraft entfaltet, müssen die mobilen Bewohner der Postmoderne immer wieder auf ihr Handydisplay schauen, um nicht aus dem Netz herauszufallen. Auch wenn die katholische Kirche in Deutschland um ihre Strukturen ringt, sie erreicht damit die jüngeren Jahrgänge fast überhaupt nicht mehr und von den Älteren verabschieden sich immer mehr. Auf diese neue Lebenswelt passen die bisherigen Kommunikationsmuster der Gemeinden nicht mehr, der Kirchturm steht zwar am alten Platz, aber man fährt an ihm vorbei oder steht allenfalls mit der auf dem Turm installierte Antenne des Handyproviders in Kontakt, die auf dem Kirchturm installiert ist. Auf diesen tiefgreifenden Wandel wird eine neue religiöse Kultur antworten. Diese neue Religiosität ist noch sehr vage, Konturen sind kaum auszumachen. Auf jeden Fall wollen die postmodern Mobilen eine Kirche, in deren Zentrum Spiritualität steht, nämlich dass die Kirche ihr Eigentliches neu deutlich macht, die Menschen in die Beziehung zu Gott mitzunehmen. Wer wird diese neue religiöse Kultur entdecken und ihr Ausdruck geben?

Der theologische Nachwuchs

Eigentlich könnte man erwarten, dass die nachwachsende Generation eine andere Konzeption von Kirche entwickelt und, wie die Achtundsechziger, gegen das Überkommene ihr neues Konzept setzt. Jedoch ist der theologische Nachwuchs auch von der Postmoderne geprägt und zeigt daher eine große Unentschiedenheit. Es gibt für diese Generation zu wenig verlässliche Orientierungspunkte. Das einzige, was Sicherheit verspricht, scheint eine feste Stelle zu sein. Diese gibt es noch im pastoralen Dienst der Kirchen, wegen der geringen Kinderzahl immer weniger in dem Lehrerberuf, in den Printmedien auf absehbare Zeit überhaupt nicht mehr. Das in einer Zeit, in der das Internet und die Social Media, also vor allem Communities in Facebook und nicht mehr der Gruppenraum im Pfarrheim den Kommunikationsraum auch für die religiös Suchenden bildet. Das Internet und die Social Media werden nicht nur deshalb genutzt, weil sich die Geräte so nahe am Körper bedienen lassen, sondern weil man Orientierung gewinnen will. Die erhofft man sich meist nicht direkt von den anderen Mitgliedern der eigenen Community, aber von diesen erwartet man, dass sie den Link gefunden haben, der auf eine Seite führt, die entscheidend weiterhilft. Es geht um mehr als die gerade aktuelle Nachricht, nämlich um Orientierung und Leitlinien, das eigene Leben zu gestalten und vielleicht sogar etwas zu finden, das spirituell weiter trägt. Wenn Internet und noch mehr Communities, Blogs und Twitter zum zentralen Kommunikationsraum geworden sind, wo die Jüngeren auch Orientierung erwarten, dann muss es gerade hier um die Beziehung zu Gott gehen, wie sie zu finden ist, wie sie erlebt wird. Es braucht eine neue Form des gemeinsamen Suchens, die in Medienbeiträge einfließt.



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