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Absage der Sklaverei in Mauretanien

Mauretanien macht wieder Schlagzeilen wegen der Sklaverei. Am nordwestafrikanischen Atlantik zwischen Senegal, Marokko und Algerien gelegen, erheben sich dort Stimmen gegen diese unhumane Praxis. Verbreitet sind Haussklaverei, besonders an Frauen und Kindern. Doch nicht nur aus dem eigenen Land, sondern auch aus Mali wie Mittelafrika. Zudem ist Mauretanien, dreimal so groß wie Deutschland, ein Transitweg in das übrige Afrika und in anderen Kontinente. Mit ihrer neuen Kampagne offenbaren Aktivisten und Offizielle in Nuakshut, was für ein Problem diese übliche Haushaltung von Unfreien ist.

Mauretanien macht wieder Schlagzeilen wegen der Sklaverei. Am nordwestafrikanischen Atlantik zwischen Senegal, Marokko und Algerien gelegen, erheben sich dort Stimmen gegen diese unhumane Praxis. Verbreitet sind Haussklaverei, besonders an Frauen und Kindern. Doch nicht nur aus dem eigenen Land, sondern auch aus Mali wie Mittelafrika. Zudem ist Mauretanien, dreimal so groß wie Deutschland, ein Transitweg in das übrige Afrika und in anderen Kontinente. Mit ihrer neuen Kampagne offenbaren Aktivisten und Offizielle in Nuakshut, was für ein Problem diese übliche Haushaltung von Unfreien ist.

Da am vorletzten Sonntag im November Wahlen anstehen, behandeln Medien wie die „Erste Unabhängige Agentur al-Akhbar“ damit verknüpfte Punkte. Es gibt eine gedämpfte Berichterstattung, aber keinen freien Meinungsstreit. Reports sind zurückhaltend, zumal zum Beispiel Jungens als „Tullab“, also Studenten, im Lande unter Klerikern verschoben werden, die mit ihnen schalten und walten wie sie wünschen, darunter auch für Bettelei.

Meister-Diener

Was Wunder, das Wochenblatt al-Akhbar bringt die Forderung eines nationalen Vereins zum Schutz von Familie und Kind, dass das mauretanische Gesetz die Todesstrafe gegen Vergewaltiger aufnehmen sollte. Die Polizei möge ein spezielles Sicherheitsorgan gegen diese Straftäter sowie gegen Prostitution und Unzucht bilden. Islam ist die Staatsreligion. Fast alle Gläubigen sind Sunniten, von wenigen Katholiken im Lande einmal abgesehen. Alle nicht traditionellen Lebensgemeinschaften werden da sehr hart verfolgt. Fortschritte, die es fraglos in den jüngsten Zeiten gab, sind indessen viel zu wenig realisiert worden.

Vieles steht in dieser Stammesgesellschaft nur auf dem Papier. Die Opfer sind oft nicht des Lesens und Schreibens kundig. Sie finden kaum eine legale Vertretung, die ihnen bei den Klagen beistünde. Freilich wurzelt ihre Mentalität oftmals in den althergebrachten Vorstellungen; angeblich auch die, dass es der Islam verbiete, derartige Bande zu lösen. Nachdem das Land 1960 von Frankreich unabhängig wurde, erlebte es eine lange Kette von Militärputschen und „familiären“ Machtübernahmen, in denen Beamte wie in ihren Großstämmen regierten: wer nicht direkt zum Clan gehört, bleibt außen vor. Keine Rede vom Konzept einer Bürgerschaft, deren Loyalität nicht mehr Blutsbeziehungen, sondern einem Nationalstaat gehört. Obwohl dieses Land voriges Jahr auf dem Welthumanindex unten zwischen Pakistan und Jemen auf Platz 155 (von 186) rangierte, gab es seit dem Millennium doch einen Fortschritt. In Zeitungen schreiben manche Mauretanier für eine Demokratie. Aber was mag das eigenartige Wort den Wählern sagen – erfahren sie dies?

Die New York Times berichtete von den mauretanischen Aktivisten, die sich vor einer Polizeistation versammelt und dort „Keine Sklaverei“ sowie „Freiheit“ skandiert haben. Immerhin gibt es in Nuakshut seit April eine Regierungsagentur. Der Direktor dieser Nationalagentur zum Kampf gegen Sklaverei und Armut sowie für Integration, Hamdi Ould Mahjub meinte, die Regierung habe sich seit der Unabhängigkeit wenig engagiert. Geschätzt werden unter 3,8 Millionen Einwohnern 140.000 Versklavte, in allen Varianten solcher Herr-Diener-Beziehungen. Laut Index der Weltsklaverei übten sie Eigentumsrechte an Unterworfenen aus. Rassendünkel gegen dunkelhäutigere „Mohren“ kommt hinzu.

Rückblicke

Der deutsche Afrikahistoriker Peter Sebald, der selbst Dekaden in Sansibar und Togo forschte, berichtete von einer deutschen Karte mit einem „Grundriss der Statt Tripolis sampt dessen See-Haven“, die 1770 in die Anfänge von Konflikten um die Sklaverei in Mittelost hinführt. Franzosen bekämpften Korsaren, die oft Passagiere in die Sklaverei verkauften. Das Osmanenreich verbot zwar 1830 den Sklavenhandel mit Christen und 1857 mit Afrikanern. Jedoch tangierte dies jene Räuber auf dem Mittelmeer noch wenig.

Laut Karte bombardierten die Franzosen „Tripoli, Regnus Tripolitanum, Königreich in der Barberey in Africa zwischen dem Mittelländischen Meer und der Landschafft Biledulgerid [Dattelpalmenländer, Algier bis Tunis], also das es gegen Osten an das Königreich Bargan und gegen Westen an das Königreich Tunis grenzet. Vormals war es ein Königreich, jezo aber ist es eine freye Republic, welche aber unter dem Schutz des Türkischen Kaisers [Osmanensultan] stehet, der allhier seinen Bassa hält. Die Regierung bestehet aus dem Day [Herrscher in Algier, Tunnis, Tripolis], welcher gleichsam Doge ist... Das Land ist sehr unfruchtbar, aber die Lufft temperirt und findet man Löwen, Tieger, Straussen und ungemein große Hammel. Die Hauptstadt Tripoli liegt am Mittelländischen Meer, ist ziemlich gross und hat einen guten Hafen, nebst fester Citadelle. Sie wird von Mohren [Mauren: auch dunkelhäutige Mauretaniens], Juden und Türken bewohnet, und ist mit hohen und starcken Mauern, wie Thürme und Bollwercken wohl verwahret. Einwohner treiben starcke Seeräuberei auf dem Mittelländischen Meer, und 1665 wurde der Ort von den Franzosen hefftig bombartieret, und sehr beschädiget.“

Mit der Aufklärung griffen Europäer aus, darunter Russen und Amerikaner in Ländern der Muslime. Um 1800 bekämpften Amerikaner den Pascha von Tripolis. Yusuf Ibn Ali Qaramanlis Piraten führten Jihad gegen christliche Seefahrer. Sie störten den Verkehr und verkauften Gefangene in die Sklaverei. Präsident John Adams Matrosen besiegten die Seerräuber. Er schloss den Tripolisvertrag mit dem Pascha, der acht Jahre hielt. Darin stand die „ewige Freundschaftserklärung“, wonach Amerikas Regierung, die nicht auf christlichen Prinzipien beruhe[!], kein Problem mit dem Islam habe. Religionen mögen keinen Grund für Konflikte liefern. Nach Libyens Revolte, also 215 Jahre später, ehrte Pentagonchef Leon Panetta ein Grabmal von 13 Amerikanern im Hafen von Tripolis, die 1804 gegen die Piraten fielen. Napoleon Bonaparte untersagte 1815 den Sklavenhandel.

Abolitionisten

Amerikaner und Europäer benutzten Sklaverei. Sie führten darum Bürgerkriege, gingen Sklavenhändler an, etwa aus Sudan. In der Schlacht bei Umm Durman 1898 erschoss der junge Winston S. Churchill mit der Mauser drei Jihadis. Er fragte, was könne ehrenvoller sein, als Stämme der Barbarei samt Sklaverei zu entreißen? Imperialismus sei kostspielig und „humane Invasoren“ träfen auf erbitterten Widerstand. Die Menschenrechtserklärung

1948 ist lange noch ein Ideal. Günther Pawelke, Bonner Botschafter in Kairo, beschrieb 1953 auf seinen Reisen durch Arabien noch Sklaverei. Nachdem Saudi-Arabien sie 1963 verbot, folgte Mauretanien 1976, abermals 2007. Dazwischen trugen Frauen auf Bagdads Befreiungsplatz laut irakischer Feministin Yanar Muhammad am „Tage der Wut“ Plakate wie „Frauen haben nichts zu verlieren außer ihrer Sklaverei.“ Es sind steinige Wege auch für Kinder, die wie in Mauretanien mit Rückschlägen zu sozial komplexen Zielen führen.

<emphasize>Wolfgang G. Schwanitz</emphasize>



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