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100. Katholikentag 2016 in Leipzig – ein Schritt zur Reform?

Der 100. Katholikentag in Leipzig vermittelt sehr viele unterschiedliche Eindrücke: gewohnte und neue Bilder, überraschende Begegnungen, positive Gespräche, Orientierung und vor allem ein Gefühl von Verbundenheit in einer Gemeinschaft. Es ist schön, Mensch unter Menschen zu sein.

Der 100. Katholikentag in Leipzig vermittelt sehr viele unterschiedliche Eindrücke: gewohnte und neue Bilder, überraschende Begegnungen, positive Gespräche, Orientierung und vor allem ein Gefühl von Verbundenheit in einer Gemeinschaft. Es ist schön, Mensch unter Menschen zu sein.

„Seht, da ist der Mensch“

Schon das Thema des Katholikentages, „Seht, da ist der Mensch“, bringt zum Ausdruck, dass der Mensch im Mittelpunkt eines überzeugend gelebten katholischen Christ-Seins stehen muss. Oder stehen sollte? Oder noch ganz anders?

„Seht, da ist der Mensch“ – Es klingt gut, eben genau so, wie man sich nicht nur katholische christliche Lebensweise vorstellt, nämlich den anderen sehen und auf ihn achten.

Doch Menschen gibt es viele. Und jeder ist auf seine ganz eigene Weise einzigartig. Lässt sich diese hohe christliche Anregung umsetzen? Wo hat sie Grenzen? Wo Ausnahmen – berechtigte oder schlicht gewollte?

Unwidersprochen als widersprüchlich anzuführen sind hier nicht nur die unterschiedlichen und teilweise krass negativen Haltungen gegenüber Migranten, seien es nun Flüchtlinge oder aufgrund anderer Umstände in unserem Land lebende Mitmenschen. Ein weiterer Widerspruch insoweit besteht beispielsweise in der Tatsache, Gespräche mit der AfD grundsätzlich abzulehnen. Dieses Thema beschäftigt auch die Leipziger Bevölkerung.

Ebenso gelagert ist unser Verhältnis zu gestrauchelten Menschen, Wohnungslosen, Drogen- und Alkoholabhängigen, straffällig gewordenen. Schon Arbeitslose und Hartz-IV‑Empfänger gehören in vielen Situationen nicht zu der Klientel, die man als „Mensch“ zu akzeptieren wünscht.

Und doch gehören gerade diese Menschen zu denen, die gesehen werden sollen. So ist es in der Bergpredigt nachzulesen.

 

Neue Akzeptanz der Frau?

Hinlänglich bekannt ist die durchaus widersprüchliche Einstellung der katholischen Kirche zur Rolle der Frau. Als ehrenamtliche Mitarbeiterinnen hoch gelobt, werden Frauen nur begrenzt kirchliche Ämter zugestanden.

Zwar hat sich in dieser Hinsicht in den letzten Jahren einiges gewandelt, doch von Weihe-Ämtern jeglicher Art ist sind Frauen nach wie vor ausgeschlossen.

Im Hinblick auf das Leitwort des 100. Katholikentages stellt sich die Frage: Sind Frauen eine andere Art von Mensch?

Umso überraschender war daher die Aussage der ZdK-Vizepräsidentin KarinKortmann, nach der das Diakonat für Frauen verstärkt und gezielt in Angriff genommen wird. Die Deutsche Bischofskonferenz will gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) Papst Franziskus eine Position zum Diakonat der Frau vorlegen. Dieser ist bereit, eine Kommission einzusetzen, um die Zulassung von Frauen zum Diakonat zu prüfen.

Hierüber sind nicht nur die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ und das ZdK erfreut, sondern ganz sicher auch etliche katholische Frauen.

Laut Frau Kortmann strebt man eine zeitnahe Erledigung an. Man wird sehen, wie nah die Zeit der positiven Beschluss-Verkündigung sein wird.

 

 

Einbeziehen der Leipziger

In den Ansprachen anlässlich der Eröffungsparty Mittwochabend kam zum Ausdruck, dass ein Ziel des Katholikentages darin besteht, die Leipziger Bevölkerung in den Katholikentag einzubeziehen, vor allem indem man mit den Menschen spricht. Eine Erwartung, die im Grunde eine Selbstverständlichkeit ist, denn der Katholikentag ist zu Gast in Leipzig. Was wäre normaler, als die Gastgeber in die Feier und deren Veranstaltungen einzubeziehen.

Auch dies ist leichter gesagt als getan. Wo trifft man nicht religiös gebundene Leipziger? Im Taxi, in der Straßenbahn, in der Fußgängerzone – eigentlich überall in Leipzig, mit Ausnahme der Kirchenmeile. Zumindest die Bereiche der Bistümer und – auf der gegenüberliegenden Straßenseite, aber beide auf der anderen Seite einer Hauptverkehrsstraße gelegen – die Bereiche der Orden und anderer katholischer Initiativen werden kaum von Leipzigern besucht, es sei denn, sie sind sowieso religiös gebunden. Bedauerlich ist, dass aufgrund der räumlichen Begrenzung – und damit auch Begrenztheit – von diesen Arealen aus kaum eine Möglichkeit besteht, mit der Leipziger Bevölkerung in Kontakt und zu einem Gespräch zu kommen. Eine Ansiedlung vor allem der Orden und katholischen Laien-Initiativen auf den Markt oder in die Fußgängerzone hätte wahrscheinlich mehr Möglichkeiten eröffnet.

 

Doch der Katholikentag ist noch nicht zu Ende. Auch am Samstag bestehen noch viele Möglichkeiten der Kontaktaufnahme, des Gespräches, der Gelegenheit, den Menschen zu sehen.

Ursula Paustian



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