Mir wurde das an einem Geschenk im Advent deutlich, das mich über die Post von einer guten Freundin erreichte. Ein Päckchen mit Selbstgebackenem. Nicht nur schmecken diese Plätzchen anders und sogar besser als die Gekauften, sondern mit jedem Genuss habe ich die Bäckerin vor Augen. Corona lässt mich neu darüber nachdenken, was ich mit dem Schenken eigentlich bewirken will:
Ich möchte dem anderen zum Ausdruck bringen, dass ich an ihn denke,
ihm nahe bin, ihn erfreue, oder überrasche.
Gesteuert werde ich aber oft von den Angeboten der Werbung oder auch der Verpflichtung, dass das Geschenk etwas kosten muss. Ich bin jetzt soweit, dass ich mich für meine Art zu schenken umstelle. Das zumindest hat Corona bei mir bewirkt. Es gibt viele Ideen, womit ich denen eine Freude bereiten kann, die mir nahestehen.
Ich kann Selbstgebackenes verschenken, etwas schnitzen oder basteln, fotografieren oder auch etwas als Gutschein für die Zukunft schenken. Da fallen mir einige Möglichkeiten ein.
Für die Zukunft etwas schenken
- Ich kann mich zu Wanderungen verabreden, die anschließend in einem gemeinsamen Essen enden,
- ich kann auch 12 Überraschungsgutscheine verschenken, die jeden Monat im kommenden Jahr eingelöst werden. Als Überraschungen können sein:
- eine Fahrt ins Blaue,
- ein Museumsbesuch,
- eine Theateraufführung,
- Kaffeeklatsch, ein Grillabend,
- eine gemeinsame Blumen- oder Baumpflanzaktion im Frühjahr,
- im nächsten Advent gemeinsam Plätzchen backen,
- wenn die Saunen wieder offen sind, ein Saunabesuch,
- eine Besichtigung von interessanten Kirchen, Denkmälern etc..
- eine Fahrradtour mit Picknick,
- eine Einladung zum Martinsfeuer mit Glühwein im nächsten November,
- eine Weinprobe, vielleicht sogar aus dem eigenen Weinkeller;
- eine Schiffstour auf dem Rhein, der Mosel oder einem anderen Fluss, gemeinsamer Tag am See oder in den Bergen, etc.
- Ich kann mich kundig machen, was sich in meinem Umfeld zur Besichtigung lohnt.
Die Geschenke kann ich in schön verpackten Briefchen an einem bunten Band mit kleinen Klammern befestigen, die mit Datum versehen sind, so dass erst zu diesem Zeitpunkt das Geschenk geöffnet werden darf. Damit bleibt auch die Spannung erhalten. Jede dieser Ideen lässt sich noch bis Weihnachten umsetzen.
Zeit für den anderen haben
Corona hat mir gezeigt, wie wenig ich brauche. Das, was ich jedoch vermisst habe, waren die Kontakte. Das Zusammensein in der Familie wie mit Freunden. Die Schulen und Kitas wurden deshalb wieder aufgemacht, weil die Begegnungen mit anderen Kindern zur seelischen Gesundheit beitragen. Auch für Erwachsene, insbesondere für Alleinlebende, sind Kontakte überlebensnotwenig, um nicht zu vereinsamen. Nun ist Corona noch nicht vorbei. Viele Kontakte sind wieder nicht möglich, ein zweiter Shutdown geht sogar über die Weihnachtstage bis ins neue Jahr. Mit unseren Zeit - Geschenken können wir die Sehnsucht nach Nähe aufgreifen, eine Perspektive eröffnen, Hoffnung für Begegnungen verschenken. Noch können sie nicht eingelöst werden, aber ich kann sie in Aussicht stellen, das tut schon gut. Mit dem Wissen um Zeitgeschenke im nächsten Jahr, die wir später einlösen können, lassen sich die Weihnachtstage und der Jahreswechsel vielleicht ein wenig besser durchhalten. Ich kann mich jetzt schon darauf freuen, dass es bald wieder anders werden wird.
Schenken hat sich sowieso geändert
Aus den Weihnachtsprospekten der Kaufhäuser springen uns jede Menge Schmuck, Parfüm, Haushaltswaren, Spielzeug und vieles Andere entgegen. Sie wollen uns zum Kauf animieren. Aber brauchen wir diese Produkte, die sowieso das ganze Jahr im Angebot sind, eigentlich zu Weihnachten, als wären sie Voraussetzung, dass wir Weihnachten feiern können? Die Zeiten sind vorbei, dass wir lange darauf gespart, heute kaufen wir uns die Dinge, wenn wir sie brauchen. Früher war es in Familien so, dass man wichtige Anschaffungen, einen neuen Mantel, ein neues Kleid, ein teures Küchengerät bis Weihnachten aufhob und vom 13. Monatsgehalt bezahlte. Als ich noch Kind war, wurden Wünsche das Jahr über gesammelt, um sie an Weihnachten oder Geburtstagen zu erfüllen.
Wenn wir heute etwas brauchen, dann warten wir nicht mehr bis Weihnachten so wie früher. Wenn ich mir an Sperrmülltagen, vor allem jetzt während der Pandemie, in der jeder Zeit zum Ausmisten hat, die Berge von ausrangierten, aber noch funktionierenden Möbeln, Spielsachen, Haushaltsgeräten anschaue, beschriftet mit: „zum Verschenken“, „funktioniert noch – Anleitung liegt bei“, dann wird mir immer deutlicher, wie wir uns von den vielen Angeboten der Werbung leiten lassen. Wir müssen zuerst einiges wegwerfen, um das Neue überhaupt nutzen zu können. Weil unsere Industrie so viel Neues nicht erfindet, sondern Altes in einem neuen Design auf den Markt bringt, ist der Drang groß, das Alte, obwohl es noch funktioniert, nicht zu bewahren, sondern sich mit dem neuen Design auszustatten.
Wir sind zu einer Konsumgesellschaft geworden, in der zwangsläufig das Wegwerfen dazu gehört. Unser Wohlstand ermöglicht uns diesen „Luxus“, sich immer wieder mit den neuesten Trends auszustatten. Aber was ist eigentlich so toll daran, wenn das Spiel „Mensch ärgere dich nicht“ nur in einer neuen Verpackung, oder aus neuem Material daherkommt, wenn das Parfüm einen besonderen Flacon erhält, aber der Inhalt gleichbleibt, oder die Uhr mit einem neuen Design ja auch nicht mehr kann, als uns die Zeit zu anzeigen. Auch auf dem digitalen Sektor gibt es ständig neue Entwicklungen, die wir aber gar nicht alle nutzen können. Unter dem Weihnachtsbaum werden immer noch viele solcher Geschenke liegen. Sind sie es, die für uns Weihnachten ausmachen? Nähren sie unsere Seele? Stillen sie unsere Sehnsucht?
Corona hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich meine Geschenke nicht mehr ausschließlich an das Materielle delegieren will, sondern von mir etwas verschenke.
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