Ob vier-, dreilagig oder recycelt, Hauptsache genug Rollen für das ganze Jahr. Wer zu spät an die heiße Ware kommt, muss schauen mit was er sich den Allerwertesten abwischt. Die Verzweifelten unter ihnen greifen bereits zum Putzlappen.

Die deutsche Zweiklassengesellschaft bemisst sich dieser Tage nicht an unterschiedlichen Einkommensklassen, sondern an der Anzahl der
Klopapier-Rollen, die zu Hause lagern. Die einen können sich mit ihnen mumifizieren, die anderen rennen durch die ganze Stadt, um das goldene Weich doch noch zu ergattern. Im Safe der Besitzenden lagern nicht mehr Goldbarren oder Scheine, sondern Türme von Klopapier. Die Ungerechtigkeit macht sich auf dem stillen Örtchen breit.

Wer auf der Suche nach dem weißen, sanften Stoff ist, der wünscht sich inzwischen eine geordnete Ausgabe der wertvollen Rollen. Sei es wie in der Planwirtschaft, dass pro Haushalt ein Paket Klopapier für die ganze Familie beantragt werden muss. Immerhin würden sich die einen dann nicht aus ihren Rollen ein Bett bauen können und die anderen müssten nicht zum Lappen greifen, den sie gestern noch zum Putzen benutzt haben.

Manche legen sich schon auf die Lauer und warten vor dem Supermarkt, was da aus dem Lieferwagen rollt. Andere klammern sich verzweifelt an ihren Rollen und fürchten einem Klopapier-Raub zum Opfer zu fallen. Dreht sich sonst alles ums liebe Geld, ist inzwischen das Klopapier das Objekt der Begierde. Auf dem Schwarzmarkt wird eine Rolle schon für fünf Euro das Stück gehandelt.

Jeder geht mit Krisen anders um. Es ist aber schon bemerkenswert, dass die Mehrheit der Gesellschaft sich nicht um einen wirtschaftlichen Kollaps sorgt, sondern um einen sauberen Popo. Scheinbar verbringen die Leute nicht ihr halbes Leben auf der Arbeit, sondern auf der Toilette.