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Mein eigenes Buch – im Selbstverlag

Das Internet wird nicht nur den Weg zum Buchhändler, sondern auch die Verlage überflüssig machen. So lautet eine Verheißung. Autor Thomas Holtbernd hat das Angebot getestet und kommentiert dieses.

Schon vor Jahrzehnten hat ein Versuch über einen Selbstkostenverlage ergeben: Es ist die Eitelkeit, die solche Verlage ausnutzen. Inzwischen hat sich die Welt der Verlage verändert, es ist recht leicht, ein Buch als eBook oder als Book on demand zu veröffentlichen. Und doch sind die Verhältnisse immer noch dieselben. Verlage machen Geld mit der Eitelkeit von Autoren. Als Autor machte ich einen Selbstversuch und musste dabei erkennen: Es ist eher noch dreister geworden.

Weniger Chancen bei den etablierten Verlagen

Der Weg zum eigenen Buch ist sogar mühsamer geworden, das gilt auch, wenn man schon einige Bücher veröffentlicht hat, die in einem bestimmten Segment sogar erfolgreich waren. Die Verlage sind vorsichtiger geworden, Literaturagenten haben den Markt unter sich aufgeteilt und suchen Manuskripte, die relativ sicher eine Auflage von über 3000 schaffen, denn darunter lohnt es sich für einen Literaturagenten nicht. Ein Autor, der überzeugt ist, ein gutes Buch geschrieben zu haben, verzweifelt, wenn seine eingesandten Manuskripte immer wieder zurückkommen. Bei der Suche nach einem Verlag stößt er automatisch auf Angebote, die mit der Anzeige werben: Manuskript gesucht. Da kann man es ja mal versuchen.

Selbstverlage – sie drucken, was sie bekommen

Dieser Versuch wird auch sofort belohnt, denn endlich einmal erhält man fast postwendend eine positive Antwort. Es steht da schwarz auf weiß: Wir haben Ihr Manuskript geprüft und wollen es veröffentlichen. Der Autor freut sich, liest den Rest des Briefes nicht so genau und geht einen Vertrag ein. Das bedeutet dann etwa dies: Man zahlt für eine Auflage von 3000 Exemplaren knapp 9.000 Euro, dafür aber bekommt man ein Autorenhonorar von 25%. Schnell überschlagen kommt man auf einen Gewinn, der sehr klein ist, aber immerhin hätte man endlich eine Veröffentlichung. Verlage legen auch gleich einen Marketingplan dabei, der die Frage, ob denn auch 3.000 Bücher verkauft werden, gleich hinwegfegt. Außerdem wird ein seriöser Eindruck erweckt, weil alles sehr edel aussieht. Der Marketingplan allerdings sagt gar nichts aus. Da stehen Selbstverständlichkeiten oder Floskeln, wie dass das Buch auch bei Amazon zu finden sei. Wer allerdings einmal nachschaut, ob eines der Bücher aus dem Katalog des Verlages bekannt ist, ob ein Autor mal das Licht einer größeren Öffentlichkeit gesehen hat, wird feststellen, da ist nichts. Diese kritische Reflexion stellt der Autor, dem gerade mitgeteilt wurde, dass er ein tolles Manuskript hat, jedoch nicht an. Er überlegt eher, wie er die 9.000 Euro aufbringen kann, die er zunächst investieren muss und die er sicherlich bald durch das Autorenhonorar wieder eingespielt hat. Der Verlag weiß natürlich um die Not und bietet einen günstigen Kredit an. Ich dachte mir, ich nehme weder einen Kredit noch veröffentliche ich in diesem Verlag mein Buch. Genauso gut könnte ich auch zu einer Druckerei gehen und selber einige Exemplare meines Manuskripts als Buch drucken lassen.

Die neueste Variante: Zuzahlen für einen niedrigeren Verkaufspreis

Nach diesem Selbstversuch war mir also klar: Es hat sich nichts verändert. Die Selbstverlage haben ihre Angebote mit ein wenig Gold angemalt, die Masche ist dieselbe geblieben. Nun kam vor einigen Tagen eine verheißungsvolle E-Mail von einem Absender, der mitteilte, dass man ihn angeschrieben und um Manuskripte gebeten habe. Ich dachte, da es eine vertrauenswürdige Person ist, schreibe ich diesen Verlag an, der sich bei meinem Vertrauensmann gemeldet hatte. Gesagt getan. Ich schickte ein Manuskript los, sofort kam die Antwort, man bräuchte ein wenig Zeit, um die Sache zu prüfen. Verdächtigt war schon, dass die Antwort keine persönliche Antwort mehr, sondern automatisiert war. Am nächsten Tag kam bereits der positive Bescheid: Das Manuskript passt in unseren Verlag, gerne werden wir Ihr Buch veröffentlichen. Die E-Mail war automatisiert. Ich hatte den Haken bis dahin noch nicht entdeckt. Der Verlag pries seine Dienstleistung kostenlos an und ich ging keine Verpflichtungen ein, jederzeit könnte ich dasselbe Buch auch in einem anderen Verlag veröffentlichen. Ich wollte es wissen. Auf einer Plattform des Verlags hatte ich nun ein Cover zu gestalten, ich durfte ein Bild auswählen, etwas zu mir als Autor und für die Rückseite einen kurzen Text zum Inhalt schreiben. Schon einen Tag später wurde mir gemeldet, dass das Buch in Kürze erscheinen würde. Und der Email war noch etwas beigefügt, wodurch ich jetzt endlich wusste, was der Haken an der Sache ist. Der Preis für das Buch war auf 35,80 Euro festgesetzt. Es ist klar, für den Preis wird das Buch keine Käufer finden. Aber ich habe eine Woche Zeit, den Preis zu verändern, wenn ich einige Exemplare im Vorhinein bestelle. Und würde ich einen Preis von 16,80 Euro erreichen wollen, mit dem die Verkaufsaussichten realistischer wären, müsste ich 1000 Exemplare für Stück 14,28 Euro kaufen. Will ich ein größeres Verkaufsrisiko eingehen und der Ladenpreis würde bei 21,80 Euro liegen, dann müsste ich 500 Exemplare á 18,53 Euro kaufen. Damit hätte ich 9.265 Euro zu investieren und 500 Bücher zu Hause, die ich irgendwie gegen Geld loswerden müsste.

Eitelkeit ist kein guter Berater

Wenn man als Autor seine Werke nicht nur für sich schreiben will, braucht man schon einen gewissen Narzissmus. Man muss sich verkaufen, man muss auch Kompromisse eingehen, man ärgert sich über die Einschränkungen durch einen Lektor und hat das Gefühl, sein Werk verraten zu haben. Doch Eitelkeit hilft sicherlich nicht weiter, dadurch ist man verführbar. Und die Selbstverlage wissen, wie man mich ködern kann, wie ich dem Wunsch nachgebe, endlich mein Buch in den Händen halten zu können. Und schon aus Prinzip, das sehe ich heute so wie ich es schon vor vielen Jahren gesehen habe, sollte jeder Autor Selbstverlage meiden. Einen weiteren Selbstversuch brauche ich nicht. Wie allerdings mein Manuskript zu einem Bestseller wird, das weiß ich auch nicht. Ich arbeite weiter daran.

Ein Kommentar von Thomas Holtbernd


Kategorie: Medien

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